BGH verbietet Werbung in Autoreply-Mails an Verbraucher

In einem von uns in erster und zweiter Instanz vertretenen Fall, hat der BGH in einem heute veröffentlichten Urteil ein Machtwort gesprochen (VI ZR 134/15): Unerwünschte Werbung – auch in sogenannten Autoreply-Mails – an Verbraucher, muss nicht hingenommen werden und löst Unterlassungs- sowie Schadenersatzansprüche aus. Auch dann, wenn es sich dabei im Kern um Eingangsbestätigungen handelt. Der BGH hat damit das Berufungsurteil des LG Stuttgart aufgehoben und die Meinung des Amtsgerichts Bad Cannstatt vertreten. Interessant dabei: Geklagt hat unser Mandant als Verbraucher, weshalb der BGH nach den Normen des BGB zu prüfen und entscheiden hatte.

Bisher liegt nur der Tenor der Entscheidung vor, dieser lautet:

VI ZR 134/15 – Antwortwerbemails:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Stuttgart vom 4. Februar 2015 aufgehoben.
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts Stuttgart-Bad Cannstatt vom 25. April 2014 wird mit der klarstellenden Maßgabe zurückgewiesen, dass Ziffer 1. des Tenors wie folgt lautet:
"1. Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes von bis zu 250.000 €, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu vollziehen an einem der Vorstandsmitglieder der Beklagten, zu unterlassen, zum Zwecke der Werbung mit dem Kläger ohne dessen Einverständnis per E-Mail unter der Adresse XXX.de Kontakt aufzunehmen oder aufnehmen zu lassen, wenn dies geschieht wie im Falle der E-Mail Sendungen vom 10., 11. und 19. Dezember 2013."
Die Beklagte trägt die Kosten der Rechtsmittelverfahren.

In der mündlichen Verhandlung am 15. Dezember stellte der Senat nach Einführung in den Sachstand klar, dass E-Mail-Werbung an Verbraucher einen Eingriff in das Persönlichkeitsrecht begründen kann. Jedenfalls dann, wenn ein Verbraucher klar oder indirekt zu verstehen gibt, dass er derartige E-Mails nicht empfangen wolle, hat er Werbung – auch nur als Bestandteil von E-Mails – nicht zu dulden.

Die Beklagte hat demnach auch die vollen Kosten des Verfahrens zu tragen, ebenso auch die außergerichtlichen Kosten für die Abmahnung.

Mit Spannung darf der Volltext der Entscheidung erwartet werden.

Der Streitwert für das Revisionsverfahren wurde im Übrigen per Beschluss, wie seinerzeit auch von uns angeregt auf EUR 1.000 festgesetzt. Das Amstgericht hatte noch 5.000 EUR angenommen.

LG Stuttgart: Werbung in automatischer Antwortmail ist erlaubt – Revision zugelassen

Das LG Stuttgart hat in einem von uns vertretenen Fall (wir vertreten den Kläger/Berufungsbeklagten) entschieden, dass Werbung innerhalb einer automatischen Antwort per E-Mail (Eingangsbestätigung) an einen Verbraucher zulässig ist, weil sie den Empfänger nicht erheblich belästigt (LG Stuttgart, Urteil v. 4. Februar 2015, Az.: 4 S 165/14).

Dies auch, wenn:

  • diesbezüglich keine Einwilligung vorliegt in den Erhalt von Werbung per E-Mail
  • die Werbung vom Umfang her den Hauptteil (der Zeichen nach beurteilt) der E-Mail ausmacht
  • der Empfänger/Verbraucher ausdrücklich der Werbung via E-Mail widersprochen hat
  • die Ausnahmeregelung nach § 7 Abs. 3 UWG nicht greift
  • es sich um ein zusätzliches, nicht angefordertes und nicht notwendiges Schreiben handelt
  • die E-Mails nicht auf die Anfrage des Empfängers eingehen und die Beklagte nicht verpflichtet ist, solche E-Mails zu versenden (wie z.B. bei manchen Transaktionsmails, bei denen man eine E-Mail also ohnehin erhalten müsste)
  • es sich nicht um eine Antwort auf die Anfrage handelt, und eine tatsächliche Antwort zu keiner Zeit jemals erfolgt ist

Das LG Stuttgart hat damit das Urteil der ersten Instanz (AG Bad Cannstatt, Az.: 10 C 225/14) aufgehoben und anders entschieden. Allerdings hat die Berufungskammer die Revision zum BGH zugelassen, weil die streitgegenständliche Frage nicht höchstrichterlich geklärt sei.

Unser Mandant hat bereits Revision beim Bundesgerichtshof in Karlsruhe einlegen lassen. Das Verfahren wird dort unter dem Az.: BGH VI ZR 134/15 geführt.

Das Urteil im Volltext:
LG Stuttgart, Urteil vom 04.02.2015, Az.: 4 S 165/14
(original Urteil, hier Urteil in Reintext)

Zum Bericht der Vorinstanz:
AG Stuttgart-Bad Cannstatt: Auch Werbung in einer Autoreply-Mail an Privatpersonen ist verboten

UPDATE (16.12.2015): Der BGH hat in der Sache das Urteil des LG Stuttgart mittlerweile vollständig aufgehoben und anderslautend entschieden!

AG Stuttgart-Bad Cannstatt: Auch Werbung in einer Autoreply-Mail an Privatpersonen ist verboten!

In einem aktuellen Verfahren, im Rahmen dessen wir den Kläger vertreten haben, weist das Amtsgericht in Stuttgart-Bad Cannstatt darauf hin, dass Werbung in sogenannten Autoreplys (automatischen Antwort-E-Mails) an Verbraucher verboten ist und diese wie herkömmliche Werbe-E-Mails bzw. Spam zu behandeln sind, sofern kein Einverständnis des Empfängers vorliegt (Urteil d. AG Stuttgart-Bad Cannstatt, Az.: 10 C 225/14 vom 25.04.2014). Dabei spiele es keine Rolle, ob sich werbende Elemente lediglich im Abspann der E-Mail befinden und zuvor nur der Eingang einer E-Mail bestätigt wird. Dies gelte selbst dann, wenn sich der Kläger als erstes an die Beklagte per E-Mail gewandt habe.

Der Fall ist schnell erklärt: Unser Mandant (und späterer Kläger) hat eine Versicherung bei einem großen deutschen Versicherungshaus per Brief gekündigt. Da er keine Antwort auf die Kündigung erhielt, wandte er sich per E-Mail an die spätere Beklagte und bat um eine Kündigungsbestätigung. Darauf reagierte die Beklagte mit einer automatischen Antwort-E-Mail (Autoreply). Diese sah wie folgt aus:

Sehr geehrte Damen und Herren,

vielen Dank für Ihre Nachricht. Wir bestätigen Ihnen hiermit den Eingang Ihres Mails. Sie erhalten baldmöglichst eine Antwort.

Mit freundlichen Grüßen
Ihre XXX

Übrigens: XX per SMS kostenlos auf Ihr Handy. Ein exklusiver Service nur für XX Kunden. Infos und Anmeldung unter www.xxx.de

Neu für iPhone Nutzer: Die App XXX, inkl. Push Benachrichtigungen für XXX und vielen weiteren nützlichen Features rund um XX und XXX: http://itunes.apple.com/de/app/xxx

***Diese E-Mail wird automatisch vom System generiert. Bitte antworten Sie nicht darauf.***

Eine Antwort auf die eigentliche Anfrage erhielt unser Mandant nicht. Zunächst mag man der Ansicht folgen, dass es sich hierbei um eine reine Eingangsbestätigung handelt, tatsächlich entpuppt sich die E-Mail allerdings als Mail mit werbendem Charakter und ist damit verboten, sofern der Empfänger einer solchen nicht zugestimmt hat.

Der Kläger wandte sich daraufhin an den Datenschutzbeauftragten des Unternehmens (der unter der gleichen Adresse erreichbar ist) und bat um Erklärung, wodurch sich die Beklagte berechtigt sieht, ihm elektronische Werbung zu übersenden. Die Folge war eine weitere streitgegenständliche Werbe-E-Mail – die gleiche wie oben aufgezeigt. Ein paar Tage später (der Kläger hatte immer noch keine tatsächliche Antwort erhalten) wandte er sich erneut an die Beklagte um bat abermals um die Erledigung der Angelegenheiten (Kündigungsbestätigung sowie Erklärung für den Erhalt von Werbung). Eine Antwort erhielt er immer noch nicht. Stattdessen folgte noch eine weitere E-Mail mit werbendem Charakter. Natürlich wieder dieselbe wie oben.

Der Kläger entschied sich darauf hin, die Versicherung durch uns abmahnen zu lassen. Vorab versandten wir unsere Abmahnung ebenso per E-Mail. Die Folge mag man sich ausdenken: eine weitere Werbe-E-Mail, diesmal direkt an unsere Kanzlei. Kurz vor Fristablauf erklärte die Versicherung dann, dass sie ihr Verhalten als völlig rechtskonform einstufe und sie daher keine Unterlassungserklärung abgeben werde und auch die entstandenen Abmahnkosten nicht tragen werde. Begründet hat das die Beklagte damit, dass ein Eingriff in das allgemeine Persönlihkeitsrecht des Klägers mit den E-Mails nicht vorliege. Außerdem habe es der Kläger selbst in der Hand, ob er sich nochmals per E-Mail an sie wende oder nicht. Er könne damit die Werbemails jederzeit selbst stoppen, da es sich ja „nur“ um Autoreplys handle. Unser Mandant entschied sich dafür, die Sache gerichtlich klären zu lassen.

Das Amtsgericht Stuttgart-Bad Cannstatt hat nun das Urteil in der Sache gefällt (AG Stuttgart-Bad Cannstatt, Az.: 10 C 225/14 v. 25.04.2014). Wir stellen die wichtigsten Punkte dazu zusammen:

  1. Eine Privatperson hat regelmäßig Anspruch auf Unterlassung des Zusendens von Werbe-E-Mails aus §§ 1004 Abs. 1 Satz 2, 823 Abs. 1 BGB, da § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB neben dem Eigentum auch alle anderen absoluten Rechte des § 823 Abs. 1 BGB schützt. In den Schutzbereich fällt damit auch das auf Art. 2 Abs. 1 GG beruhende allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers. Die ohne vorherige Aufforderung seitens des E-Mail-Adressaten getätigte Zusendung von E-Mails zu geschäftlichen Zwecken, stellt regelmäßig einen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des von diesen E-Mails Betroffenen dar. Derartige Kontaktaufnahmen beeinträchtigen nämlich regelmäßig die Lebensführung des Betroffenen. Der Betroffene muss sich mit den Mitteilungen auseinandersetzen. Er muss sie sichten und aussortieren. Für ihn entsteht damit ein zusätzlicher Arbeitsaufwand.
  2. Auch elektronische Werbung in Form einer automatisierten Eingangsbestätigung (Autoreply) fällt unter dieses Verbot. Auch dann, wenn sich Werbung lediglich im Abspann der Mail befindet und zuvor der Eingang einer E-Mail bestätigt wird. Ausreichend für einen Verstoß ist bereits der Versuch, ein Produkt oder Leistungen zu bewerben. Auch dann, wenn sich der Kläger damit schlussendlich als erstes an die Beklagte gewandt hat.
  3. Die Zusendung einer Werbemail rechtfertigt regelmäßig die erforderliche Wiederholungsgefahr. Diese ergibt sich aus der Erstbegehung und aus der Ablehnung, eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abzugeben.
  4. Allein das Ändern der automatisierten Antwort und das Entfernen der Werbung aus jener reichen nicht aus, um die Wiederholungsgefahr zu beseitigen.

Der Streitwert für das Verfahren (Zusendung von Werbemails an eine Privatperson) wurde mit 5.000 EUR bemessen. Wir selbst hatten nur 1.000 EUR zugrunde gelegt und auch nur daraus die zu erstattenden Kosten berechnet. Unserer Klage wurde voll stattgegeben.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Die beklagte Versicherung hat bereits angekündigt, in Berufung zu gehen und dafür das Landgericht Stuttgart anzurufen.

Den Volltext der Entscheidung gibt es hier zum Download.
Urteil d. AG Stuttgart-Bad Cannstatt, Az.: 10 C 225/14 vom 25.04.2014

UPDATE (18.02.2015): Das Verfahren wurde mittlerweile in zweiter Instanz entschieden. Es läuft derzeit die Revision.

Schwerer Eingriff in das Persönlichkeitsrecht

Das OLG Hamburg (Urteil vom 29.11.2011, Az.: 7 U 47/11) hat festgestellt, dass die Veröffentlichung von Fotografien einer Frau mit unbekleidetem Oberkörper, die während eines Strandaufenthaltes angefertigt wurden, eine schwere Persönlichkeitsverletzung darstellen und zu einem Schmerzensgeldanspruch führen können. Unerheblich ist es dabei nach Auffassung des OLG Hamburg, dass es sich bei der Frau um ein Fotomodel handelt, das nach der streitgegenständlichen Veröffentlichung Nacktfotos für ein Herrenmagazin hat anfertigen lassen.

Unzulässigkeit einer perspektivischen Bearbeitung eines auf einem Buchcover abgebildeten Prominenten

In einem vom Landgericht Hamburg zu entscheidenden Fall (Urteil vom 14.10.2011 – 324 O 196/11) musste sich das Gericht mit der Frage befassen, ob eine Veröffentlichung mit perspektivischer Verzerrung zulässig ist.

Der Kläger ist Journalist und ein bekannter Moderator, der Beklagte ein Verlag. Auf dem Titel des Buches war der Kläger abgebildet jedoch perspektivisch verändert. Der Oberkörper des Klägers war so abgebildet, dass er nach unten zum Rumpf hin schmaler wird; die am Ende des Buchs abgebildeten Hände des Klägers sind im Verhältnis zum Körper deutlich kleiner. Jedoch wirkt es so, als habe der Kläger einen nicht zu seinem Körper passenden, übernatürlichen großen Kopf und im Verhältnis zum Kopf gesehen sehr kleine Hände.

Der Kläger begehrte die Unterlassung der Veröffentlichung des Bildnisses und die Erstattung von Rechtsanwaltskosten. Das Landgericht hielt die Klage für zulässig und begründet. Nach Auffassung des Landgerichts Hamburg erfolgte die Verbreitung des Bildnisses des Klägers ohne dessen Einwilligung. Dem Kläger steht daher ein Unterlassungsanspruch aus §§ 823 Abs. 1, 1004 Abs. 1, S. 2 BGB i.V.m. §§ 22, 23 KUG zu. Nach Auffassung des Landgerichts hat der Beklagte nicht dargetan, dass der Kläger in die Veröffentlichung seiner Fotografie auf dem Buchcover ausdrücklich eingewilligt hat. Der Beklagte konnte auch nicht von einer konkludenten Einwilligung ausgehen. Dies ergibt sich aus der nachträglichen Bildbearbeitung. Denn davon, dass eine Einwilligung in die Veröffentlichung eines Bildnisses zugleich auch die Veröffentlichung mit perspektivischen Verzerrungen und einer vertikalen Stauchung wie im vorliegenden Fall umfasst, kann nicht ausgegangen werden.

Nach Auffassung des Gerichts ist die Veröffentlichung auch nicht aufgrund von § 23 Abs. 1 KUG ohne Einwilligung rechtmäßig. Denn selbst wenn das Buch über die von dem Kläger moderierte Quizshow, auf dessen Cover das Bild befindlich ist, ein zeitgeschichtliches Ereignis im Sinne dieser Vorschrift darstellen mag, werden durch die streitgegenständliche Veröffentlichung berechtigte Interessen des Klägers gemäß § 23 Abs. 2 KUG verletzt. Das Bildnis ist in einer Art und Weise verändert worden, die den Kläger als körperlich fehlgebildet und unproportioniert darstellt, was nicht den Tatsachen entspricht.

Das Urteil ist zu begrüßen. Es zeig klar auf, dass die Einwilligung zu einer Veröffentlichung nicht in jedem Fall auch Bearbeitungsrechte an dem Bildnis mitumfasst.

Bildnachweis: Gerd Altmann/pixelio.de 

 

Das Recht am eigenen Bild

Es kommt regelmäßig vor, dass im Rahmen von Werbekampagnen oder Veröffentlichungen Bilder bekannter Persönlichkeiten ohne deren Zustimmung verwendet werden oder Fotografien im Internet gezeigt werden ohne dass der Abgebildete zugestimmt hat. Ganz gleich ob in der Werbung, in sozialen Netzwerken in sogenannten Fakeaccounts oder auf anderen Seiten im Internet. In diesem Zusammenhang stellt sich regelmäßig die Frage, ob das Recht am eigenen Bild verletzt wird und welche Rechte der Verletzte genau hat. Im Folgenden soll daher ausgeführt werden, wann eine Verletzung des Rechts am eigenen Bild gegeben ist und welche Rechtsfolgen sich daraus ergeben. Vor allem, welche Möglichkeiten ein Geschädigter hat, um den Rechtsverstoß zu verfolgen.

1. Einführung und Grundlagen

Das Recht am eigenen Bild ist im Gesetz betreffend das Urheberrecht an Werken der bildenden Künste und der Fotografie (KUG) geregelt. Es besteht zwar eine Sachnähe zum Urheberrecht, allerdings handelt es sich bei der Rechtsnatur des Rechts am eigenen Bild um ein Persönlichkeitsrecht.

2. Grundsatz (§ 22 KUG)

§ 22 KUG bestimmt folgendes:

„Bildnisse dürfen nur mit Einwilligung des Abgebildeten verbreitet oder öffentlich zur Schau gestellt werden. Die Einwilligung gilt im Zweifel als erteilt, wenn der Abgebildete dafür, dass er sich abbilden ließ, eine Entlohnung erhielt. Nach dem Tod des Abgebildeten bedarf es bis zum  Ablauf von 10 Jahren der Einwilligung der Angehörigen des Abgebildeten. Angehörige im Sinne dieses Gesetzes sind der überlebende Ehegatte oder Lebenspartner und die Kinder des Abgebildeten und, wenn weder ein Ehegatte oder Lebenspartner noch Kinder vorhanden sind, die Eltern des Abgebildeten. „

a) Bildnis

Es stellt sich daher zunächst immer die Frage, ob ein Bildnis verbreitet oder öffentlich zur Schau gestellt wird.

Ein Bildnis liegt vor, wenn die Darstellung einer Person so erfolgt, dass die äußere Erscheinung des Abgebildeten in einer für Dritte erkennbaren Weise wieder gegeben wird. Dabei kann es sich nicht nur um Fotografien oder Filmaufnahmen handeln, sondern um jede erkennbare Wiedergabe einer Person, also auch Zeichnungen, Karikaturen, Fotomontagen etc. (vgl. Dreier/Schulze UrhG 3. Auflage, § 22 KUG Rz. 1 m.w.N)

Entscheidend für das Vorliegen eines Bildnisses ist die Erkennbarkeit. Erkennbar ist eine Person i.d.R. durch ihre Gesichtszüge, doch können auch sonstige Merkmale die einer Person eigen sind, zur Erkennbarkeit führen (BGH NJW 2000,2201 – Der blaue Engel). Insgesamt ist es ausreichend, dass der Abgebildete begründeten Anlass zu der Annahme hat, er könne als Abgebildeter identifiziert werden (Dreier/Schulze § 22 KUG Rz. 4).

b) Verbreiten und öffentlich zur Schau stellen

Gemäß § 22 S. 1 KUG dürfen Bildnisse nur mit Einwilligung des Abgebildeten verbreitet oder öffentlich zur Schau gestellt werden. Die Anfertigung und die Vervielfältigung von Bildnissen ist durch das allgemeine Persönlichkeitsrecht geschützt (Dreier/Schulze § 22 KUG Rz. 8).

Anders als im Rahmen des urheberrechtlichen Verbreitungsbegriffs kommt es beim Verbreiten im Sinne des KUG nicht darauf an, ob eine Verbreitung an die Öffentlichkeit erfolgt (Dreier/Schulze § 22 KUG Rz. 9). Ein öffentliches zur Schau stellen liegt z.B. bei der nicht körperlichen Verwertung im Internet vor.

c) Einwilligung

Die Einwilligung kann ausdrücklich oder stillschweigend erfolgen (Dreier/Schulze § 22 KUG       Rz. 18). Bei Minderjährigen ist streitig, ob die Einwilligung der gesetzlichen Vertreter und des Minderjährigen erforderlich ist (vgl. Dreier/Schulze § 22. m.w.N.). Unter bestimmten Voraussetzungen ist die Einwilligung aus wichtigem Grund widerrufbar wenn z.B. die Weiterverwendung des Fotos aufgrund gewandelter Überzeugung Persönlichkeitsrechts verletzend wäre (vgl. Götting/Schertz/Seitz Handbuch des Persönlichkeitsrechts § 12 Rz. 22. m.w.N.; Dreier/Schulze § 22 KUG Rz. 35 m.w.N).

3. Ausnahmen zu § 22 KUG

Ohne die nach § 22 erforderliche Einwilligung dürfen gemäß § 23 Abs. 1 KUG folgende Verbreitungen und zur Schaustellungen vorgenommen werden:

Bildnisse aus dem Bereich der Zeitgeschichte;

  • Bilder auf denen die Personen nur als Beiwerk neben einer Landschaft oder sonstigen Örtlichkeiten erscheinen;
  • Bilder von Versammlungen, Aufzügen und ähnlichen Vorgängen, an denen die dargestellten Personen teilgenommen haben;
  • Bildnisse die nicht auf Bestellung angefertigt sind, sofern die Verbreitung oder Schaustellung einem höheren Interesse der Kunst dient.

a) Bildnisse aus dem Bereich der Zeitgeschichte

In der Vergangenheit wurde hier zwischen der absoluten und der relativen Person der Zeitgeschichte unterschieden. Diese Unterscheidung dürfte mit der so genannten Caroline-Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) vom 24.06.2004 (GRUR 2004, 1051) hinfällig sein. Denn unbeschadet der Frage, ob die jeweils abgebildete Person eine relative oder absolute Person der Zeitgeschichte im bisherigen Rechtssinne sei, reicht es nach Auffassung des Bundesgerichtshofs nicht aus, dass die Person der Öffentlichkeit bekannt sei. Vielmehr komme eine Ausnahme vom Erfordernis der Einwilligung grundsätzlich nur dann in Betracht, wenn die Berichterstattung ein Ereignis von zeitgeschichtlicher Bedeutung betrifft (BGH Urteil vom 1.07.2008 – VI ZR 243/06 – Sabine Christiansen; Götting/Schertz/Seitz   § 12 Rz. 30 m.w.N.).

b) Personen als Beiwerk

Eine Einwilligung ist ebenfalls nicht erforderlich, wenn Thema einer Abbildung die Landschaft und nicht die Darstellung der Person ist, wenn die Landschaft also den Inhalt des Bildes prägt (Dreier/Schulze § 23 KUG Rz. 14).

c) Bilder von Versammlungen

Bei Veröffentlichungen, bei denen vom Gesamteindruck her die Abbildung einer Menschensammlung im Vordergrund steht, die in der Öffentlichkeit stattfindet, ist eine Einwilligung nicht notwendig. Der Begriff der Versammlungen, Aufzügen und ähnlichen Vorgängen ist weit auszulegen (Dreier/Schulze § 23 Rz. 18 KUG).

d) Bildnisse im Interesse der Kunst

Die letzte Ausnahme vom Einwilligungserfordernis betrifft nur Bildnisse, die nicht auf Bestellung gefertigt sind. Privilegiert ist  die Verbreitung und/oder Schaustellung zu Zwecken der Kunst. Bei alleiniger oder gleichzeitiger Verfolgung wirtschaftlicher, unterhaltender, die Sensationsgier befriedigender und sonstigen nicht-künstlerischen Zwecken greift die Ausnahme dagegen nicht (OLG Hamburg ZUM 2004,309, Abbildung eines Fußballtorwarts für ein Computerspiel).

4. Interessenabwägung nach § 23 Abs. 2 KUG

Gemäß § 23 Abs. 2 KUG kommen jedoch sämtliche Ausnahmen vom Einwilligungserfordernis nach § 23 Abs. 1 KUG dann nicht zum Tragen, wenn die konkrete Veröffentlichung im Sinne von § 23 Abs. 2 KUG ein berechtigtes Interesse des Abgebildeten verletzt. Dabei handelt es sich im Wesentlichen um persönlichkeitsrechtliche Interessen des Abgebildeten (Dreier/Schulze § 23 Rz. 25, vgl. BGH vom 26.10.2006 Az. I ZR 182/04 – Finanzministerentscheidung; OLG Frankfurt vom 21.01.1988 Az. 6 U 153/86 – Boris Becker).

5. Rechtsfolgen

Für den Fall, dass das Recht am eigenen Bild verletzt wurde, stehen dem Abgebildeten folgende Ansprüche zu:

  • Unterlassungsanspruch gem. § 823 Abs. 2 BGB, § 22 KUG, § 1004 BGB analog;
  • Auskunftsanspruch über die Verbreitung und öffentliche zur Schaustellung gemäß § 242 BGB;
  • Schadensersatz gem. § 823 Abs. 2 BGB, § 22 KUG und Bereicherungsanspruch gem.   812 BGB sowie bei schwerwiegenden Verletzungen und unter der Voraussetzung, dass die erlittene Beeinträchtigung nicht schon in anderer Weise hinreichend ausgeglichen werden kann, besteht auch ein Anspruch auf Geldentschädigung.
Bildnachweis: tommyS / pixelio.de