Anspruch auf Nennung der Namen von Prozessbeteiligten?

Der Direktor eines Amtsgerichts weigerte sich, die Namen der an einem strafrechtlichen Urteil Mitwirkenden (Richter, Schöffe, Staatsanwalt, Verteidiger) dem Redakteur einer Zeitschrift bekannt zu geben.

Das Bundesverwaltungsgericht hat, nachdem der Direktor des Amtsgerichts die Namen der Berufsrichter nannte, dem Redakteur einen Anspruch auf Auskunftserteilung hinsichtlich der Namen von Staatsanwalt und Verteidiger zugesprochen (Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 01.10.2014, Aktenzeichen 6 C 35.13). Das Gericht vertrat dabei die Auffassung, dass das grundrechtlich geschützte Auskunftsinteresse der Presse grundsätzlich dem Persönlichkeitsrecht vorgehe. Lediglich bei einem Vorliegen konkreter Anhaltspunkte, insbesondere für eine Gefährdung der Sicherheit dieser Personen, könne ausnahmsweise etwas anderes gelten. Allerdings hat das Bundesverwaltungsgericht auch darauf hingewiesen, dass bei Mitwirkenden, die lediglich eine untergeordnete Rolle spielen, z.B. Urkundsbeamte, es die Aufgabe der Presse ist, darzulegen, woraus sich das Auskunftsinteresse ergibt.

Damit stehen auch Strafverteidiger nach der Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts grundsätzlich im Blickfeld der Öffentlichkeit und haben nur dann einen Anspruch darauf, nicht genannt zu werden, wenn eine Gefährdung ihrer Sicherheit gegeben ist.

OLG Stuttgart: Betreiberin eines sozialen Netzwerks haftet nicht für Urheberrechtsverletzungen Dritter

In einem weiteren Beschluss, den wir für unsere Mandantin vor dem OLG Stuttgart erfochten haben, bestätigen die Richter erneut, dass die Betreiberin eines sozialen Netzwerks nicht für Urheberrechtsverletzungen Dritter haftet, sofern sie keine Kenntnis davon hat. Auch Auskunft über die Art der Verwendung eines Lichtbilds muss sie nicht leisten. Auf eine Abmahnung hin kann unmittelbar negative Feststellungsklage erhoben werden mit der Konsequenz, dass der Abmahner die gesamten Prozesskosten zu tragen hat (OLG Stuttgart, Beschluss v. 22.10.2013, Az.: 4 W 78/13).

Erst kürzlich haben wir darüber berichtet, dass das LG Stuttgart entschieden hat, dass unsere Mandantin – Betreiberin eines der größten sozialen Netzwerke in Deutschland – nicht für Urheberrechtsverletzungen Dritter haftet, sofern sie keine Kenntnis davon hat. Das OLG Stuttgart hat diese Auffassung nun im Rahmen eines Beschluss vollumfänglich bestätigt, wie von uns bereits vermutet. Die obersten Stuttgarter Richter betonen dabei auch noch einmal, dass auf eine unberechtigte Abmahnung hin direkt negative Feststellungsklage erhoben werden kann mit der Folge, dass der „Abmahner“ die gesamten Prozesskosten zu tragen hat.

Da das Urteil noch einmal ausführlich die aktuelle Rechtsprechung rund um die Störerhaftung zusammenfasst, ist dieses hier im Volltext zu finden.

Was tun bei falschen oder schlechten Bewertungen im Internet?

Für Unternehmer ist es oft ein Leid. Sie werden im Internet konfrontiert mit falschen oder schlechten Bewertungen, die oftmals nicht der Wahrheit entsprechen. Wir machen diese Erfahrung immer wieder. Dabei stellt sich für Unternehmer oft die Frage: Was kann man tun gegen solche Äußerungen auf Bewertungsplattformen?

An anderer Stelle hatte ich schon einmal ausführlich beschrieben, wie es um die Haftung von Betreibern solcher Bewertungsplattformen bestellt ist. In diesem Beitrag soll es eher darum gehen, was Unternehmer gegen solche Bewertungen überhaupt tun können. Anlass für den Beitrag war ein aktuelles Urteil des Landgericht München I  (Urteil v. 03.07.2013, Az.: 25 O 23782/12). Die Richter entschieden im Rahmen dieses Urteils, dass eine Ärztin keinen Auskunftsanspruch gegenüber einem Arztbewertungsportal hat, den Autor einer negativen Bewertung namentlich zu benennen.

Auch wenn dies für manche Selbstständige zunächst seltsam klingen mag, entspricht es doch herrschender Rechtsauffassung. Der Grund ist – und so argumentiert auch das Gericht – dass es keine rechtliche Grundlage dafür gibt, nach der Privatleute solche Daten abverlangen können. Ein Anbieter von solchen Bewertungsplattformen darf gemäß § 12 TMG personenbezogenen Daten, die er für den Betrieb der Plattform erhebt, für andere Zwecke nur dann verwenden, soweit es ein Gesetz ausdrücklich zulässt oder der Nutzer entsprechend seine Einwilligung erteilt hat. Liegt eine solche Einwilligung aber nicht vor, folgt nach Ansicht der Richter daraus, dass der Portalbetreiber die Daten nach geltender Rechtslage nicht herausgeben darf.

Insbesondere spricht das Urteil diesbezüglich auch noch einmal § 13 Abs. 6 TMG an. Der Paragraph sieht vor, dass eine anonyme Nutzung solcher Plattformen gewährleistet sein muss. Daher sei die Vorgehensweise des Portalbetreibers rechtlich sauber und zulässig. Ein Auskunftsanspruch nach § 242 BGB scheidet deshalb aus.

Doch was kann ein Unternehmer dann tun, um gegen zum Teil beleidigende Äußerungen oder falsche Tatsachenbehauptungen vorzugehen. Auch dazu äußerst sich das Gericht. Er muss Anzeige erstatten und dadurch Ermittlungen der Staatsanwaltschaft in Gang setzen, z.B. wegen Beleidigung. Die Behörden können daraufhin die Daten heraus verlangen, oftmals auf Grundlage des § 14 Abs. 2 TMG. Anschließend kann Akteneinsicht beantragt werden, um so möglicherweise an den Autor des Beitrags zu kommen, um sodann zivilrechtliche Ansprüche anzumelden.

Das Urteil ist übrigens gängige Rechtsprechung, wenngleich manche Gerichte das anders sehen. Ich hatte auch darüber vor einiger Zeit berichtet. Außerdem muss immer genau darauf geachtet werden, ob es sich wirklich um eine beleidigende Äußerung oder eine falsche Tatsachenbehauptung handelt oder nicht etwa doch um freie Meinungsäußerung.

Auskunftsanspruch gegenüber Dritten bei Persönlichkeitsverletzung im Rahmen eines Blogs

Das OLG Dresden hat entschieden, dass jemand, der im Rahmen eines Internetforums bzw. Blogs in seiner Persönlichkeit verletzt wird, einen Anspruch auf Auskunft gegenüber dem Blogbetreiber hat, obwohl der Eintrag nicht von ihm, sondern von einem Dritten stammt (OLG Dresden, Beschluss vom 08.02.2012 – Az.: 4 U 1850/11).

Ein Dritter stellte innerhalb eines Blogs ein Kommentar ein, welches nach Meinung des späteren Klägers persönlichkeitsverletzende Äußerungen enthält. Zudem seien unwahre Tatsachenbehauptungen beinhaltet. Er begehrte deshalb unter anderem Auskunft, wer den inkriminierenden Beitrag in das Blog eingestellt habe.

Zu Recht wie die Richter des OLG Dresden im Rahmen eines Hinweisbeschlusses nun entschieden. Ein solcher Anspruch bestehe grundsätzlich. Grundlage hierfür sei § 242 BGB. Ein solcher Auskunftsanspruch bestünde immer dann – und zwar in jedem Rechtsverhältnis – in dem der Berechtigte (hier: Kläger) in entschuldbarer Weise über Bestehen und Umfang seines Rechtes im Ungewissen sei und der Verpflichtete unschwer Auskunft leisten könne. Konkret begründeten die Richter wie folgt:

„In Betracht kommt allerdings der allgemeine bürgerlichrechtliche Auskunftsanspruch gemäß §§ 242, 259, 260 BGB, der auch auf Dritte als Nicht-Verletzer anwendbar ist (BGH GRUR 2001, 841; Hartmann, Unterlassungsansprüche im Internet, S. 146). Er besteht grundsätzlich in jedem Rechtsverhältnis, in dem der Berechtigte in entschuldbarer Weise über Bestehen und Umfang seines Rechtes im Ungewissen und der Verpflichtete unschwer zur Auskunftserteilung in der Lage ist (so bereits BGHZ 10, 385). Unter diesen Voraussetzungen ist ein Anspruch auf Auskunftserteilung auch dann gegeben, wenn nicht der in Anspruch Genommene, sondern ein Dritter Schuldner des Hauptanspruchs ist, dessen Durchsetzung der Hilfsanspruch auf Auskunftserteilung ermöglichen soll (BGH GRUR 2001, 841; GRUR 1995, 427; GRUR 1994, 635).

Eine für den Anspruch erforderliche rechtliche Sonderverbindung folgt dann aus einem gesetzlichen Schuldverhältnis. Stellt sich ein Kommentar in einem Blog als rechtswidriger Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Verletzten dar, unterliegt nämlich auch der Blogbetreiber ebenso wie ein Hostprovider unter bestimmten Voraussetzungen, namentlich bei Verletzung von Prüfpflichten der allgemeinen Störerhaftung (BGH, Urteil vom 25.10.2011, VI ZR 93/10 – zitiert nach Pressemitteilung; NJW 2011, 753; CR 2010, 458; Senat, Hinweisbeschluss vom 7.10.2011, 4 U 919/11 n.v.). Der Auskunftsanspruch ergibt sich dann als Minus zu den ansonsten bestehenden Ansprüchen auf Unterlassung und Löschung persönlichkeitsverletzender Einträge.

Ob – wie das Landgericht unter Bezug auf die o.a. Entscheidung
des OLG Hamm angenommen hat, einem solchen  Auskunftsanspruch § 13 Abs. 6 S.1 TMG entgegenstünde, erscheint zweifelhaft, ist für das vorliegende Verfahren
jedoch nicht entscheidungserheblich.

Andere Rechtsprechung

Die vorläufige Entscheidung aus Dresden ist nicht unbedingt in Einklang zu bringen mit der bisherigen Rechtsprechung. Das OLG Hamm hat in der Vergangenheit einen eben solchen Auskunftsanspruch verneint (OLG Hamm, Beschluss vom 03.08.2011 – Az.: I-3 U 196/10).

2009 hat übrigens auch schon der BGH geurteilt, dass in solchen Fällen keine Pflicht zur Auskunft bzw. Identifizierung bestehe (BGH, Urteil vom 23.06.2009 – Az.: VI ZR 196/08). Es gehöre zur Meinungsfreiheit, dass solche Plattformen auch anonym genutzt werden könnten. Anders wäre es nur zu beurteilen gewesen, sofern die Grenze zur Schmähkritik überschritten worden wäre oder unwahre Tatsachenbehauptungen zur Debatte stünden, was vorliegend aber auch nicht der Fall war.

Streitwert bei Auskunftsklage

Bei Klagen geht es nicht immer mit hohen Streitwerten zur Sache. Gerade bei reinen Auskunftsklagen sehen manche Gerichte den Wert des Interesses nach Auskunft eher gering. Von 300 Euro Streitwert bis 4000 Euro wird alles vertreten.

Ein Mandant möchte von einer Betreiberin einer Internetseite wissen, welche Daten zu seiner Person bei ihr gespeichert sind. Hierzu ist er auch jederzeit berechtigt. Denn, sofern ein solches Unternehmen Daten zu einer Person gespeichert hat, hat diese jederzeit das Recht, gem. §§ 34 Abs. 1 BDSG i.V.m. 13 Abs. 7 TMG Auskunft darüber zu verlangen:

  • welche Daten zu seiner Person bei dem jeweiligen Unternehmen gespeichert sind, auch soweit sie sich auf Herkunft und Empfänger beziehen,
  • welcher Zweck mit der Speicherung dieser Daten verfolgt wird und
  • an welche Personen oder Stellen diese Daten regelmäßig übermittelt werden.

Dass im vorliegenden Fall personenbezogene Daten gespeichert sind, ist unstreitig. Unser Mandant hat deshalb solch eine Auskunft zwei Mal schriftlich angefordert – eine Antwort hingegen hat er nicht erhalten.

Es stellt sich die Frage, welcher Streitwert bei einer solchen Auskunftsklage nun anzusetzen ist. Die Gerichte vertreten eher unterschiedliche Auffassungen hierzu. Hier ein kleiner Überblick über die Streitwerte bei derartigen Auskunftsklagen:

  • LG Berlin (16 O 64/09): 300 Euro
  • AG Montabaur (15 C 189/08): 500 Euro
  • AG Düsseldorf (32 C 12779/08): 750 Euro
  • AG Darmstadt (303 C 19/07): 4000 Euro
  • LG Ulm (1 S 89/04): 600 Euro
  • AG München (251 C 14293/07): 300 Euro

Es ist davon auszugehen, dass das Gericht bei einem durchschnittlichen Streitwert von 500 Euro das vereinfachte Verfahren nach § 495a ZPO anordnen wird. Eine mündliche Verhandlung findet dann grundsätzlich erst einmal nicht statt. Es sei denn eine Partei beantragt dies ausdrücklich oder das Gericht hält es doch noch für notwendig. Die Firma jedenfalls, sollte sie unterliegen, wird die Kosten des Rechtsstreits verschmerzen können.