Immer wieder kommt es zu dem Problem, dass sich Dienstleister durch Bewertungen im Internet verunglimpft fühlen. Vor allem dann, wenn im Rahmen von Erfahrungsberichten falsche Tatsachen behauptet und verbreitet werden. Da die Verfasser solcher Beiträge sich oftmals anonym im Netz tummeln, stellt sich regelmäßig die Frage, inwiefern die Anbieter solcher Plattformen für diese Beiträge haften. Der Bundesgerichtshof hat hier bereits klare Grundsätze aufgestellt (Urteil vom 25. Oktober 2011, Az.: VI ZR 93/10). Das Landgericht Nürnberg-Fürth hat diese Grundsätze nun in einem aktuellen Verfügungsverfahren übernommen, noch stärker konkretisiert und einen Betreiber zur vorläufigen Unterlassung verpflichtet (LG Nürnberg-Fürth, Urteil vom 08.05.2012, Az. 11 O 2608/12).
Ein Nutzer hatte die Bewertung seiner zahnärztlichen Implantatbehandlung anonym in das Forum eingestellt und darin zum Ausdruck gebracht, dass der Kläger ein fachlich inkompetenter Zahnarzt sei, der vorrangig eigene wirtschaftliche Interessen verfolge und hierbei das Interesse seiner Patienten an einer dem medizinischen Standard entsprechenden Behandlung außer Acht lasse.
Hiermit war der Zahnarzt nicht einverstanden. Er wies den Provider darauf hin, dass er – auch nach Durchsicht aller Patientenunterlagen – eine der Bewertung zugrunde liegende Implantatbehandlung in dem angegebenen Zeitraum gar nicht durchgeführt habe, die Bewertung folglich schon aus diesem Grund falsch sei. Der Provider fragte darauf hin bei seinem Kunden lediglich nach, ob sich der Sachverhalt so zugetragen habe wie von ihm dargestellt. Dies bejahte der Verfasser, dessen Identität nach wie vor allein dem Provider bekannt ist.
Mit dieser Antwort gab sich der Provider zufrieden. Er berief sich zudem auf das gemäß Telemediengesetz schützenswerte Anonymisierungsinteresse des Beitragsverfassers und schließlich darauf, dass wegen der ärztlichen Schweigepflicht eine „Pattsituation“ hinsichtlich des Wahrheitsgehaltes der widerstreitenden Angaben bestehe. Die vom Zahnarzt gerichtlich gerügten Teile der Bewertung löschte er nicht (aus der Mitteilung des LG Nürnberg-Fürth).
Die Richter des Landgerichts wollten diese Vorgehensweise nun allerdings nicht gelten lassen. Zwar habe der BGH die Grundsätze aufgestellt, dass ein sogenannter Host-Provider lediglich verpflichtet sei, die Beschwerde weiterzuleiten und – sollte er binnen angemessener Frist keine ausreichende Antwort erhalten – auch zur Löschung des Beitrags verpflichtet sein kann. Im vorliegenden Fall hatte der Anbieter lediglich bei seinem Nutzer nachgefragt, ob sich der Sachverhalt wirklich so zugetragen habe. Nachdem dieser dies bestätigte, unterließ der Provider eine Löschung.
Fazit: Es kann davon ausgegangen werden, dass der Anbieter Rechtsmittel einlegen wird, denn die vom Landgericht erweiterten Grundsätze zur Störerhaftung würden ein solches Geschäftsmodell nur noch zu erschwerten Bedingungen möglich machen. So hat der BGH schon des Öfteren grundsätzlich festgestellt (vgl. BGH, Urteil 12.07.2007, I ZR 18/04 – Jugendgefährdende Medien bei eBay):
„Dem Host-Provider dürfen keine Anforderungen auferlegt werden, die ihr von der Rechtsordnung gebilligtes Geschäftsmodell gefährden oder ihre Tätigkeit unverhältnismäßig erschweren. In diesem Zusammenhang ist die Regelung des § 7 Abs. 2 TMG zu beachten, der Art. 15 Abs. 1 der Richtlinie 2000/31/EG über den elektronischen Geschäftsverkehr in das deutsche Recht umsetzt.
Danach sind Diensteanbieter nicht verpflichtet, die von ihnen übermittelten oder gespeicherten Informationen zu überwachen oder nach Umständen zu forschen, die auf eine rechtswidrige Tätigkeit hindeuten.
Der Beklagten ist es als Betreiberin einer Plattform für Internetauktionen nicht zuzumuten, jedes Angebot vor Veröffentlichung im Internet auf eine mögliche Rechtsverletzung hin zu untersuchen. Dem entspricht die gesetzliche Regelung in § 7 Abs. 2 TMG, die ei-ne entsprechende Verpflichtung ausschließt. Ein Unterlassungsanspruch des Klägers setzt weiter Wiederholungs- oder Erstbegehungsgefahr voraus. Für die Annahme von Wiederholungsgefahr ist eine vollendete Verletzung nach Begründung der Prüfungspflicht erforderlich.“