Aus gegebenem Anlass und aufgrund zahlreicher entsprechender Anfragen hat sich unsere Partnerin Leonie Frank (Fachanwältin für Arbeitsrecht) entschieden, eine kurze Übersicht zu den verschiedenen komplexen arbeitsrechtlichen Fragen im Zusammenhang mit den Auswirkungen des Corona-Virus zur Verfügung zu stellen. Die Ausführungen von Frau Frank füge ich Ihnen im Folgenden bei. Bei Fragen können Sie jederzeit mit Frau Frank Kontakt aufnehmen .
„Die gravierenden Folgen durch den Wegfall von Arbeitskräften oder mangelndem Beschäftigungsbedarf treffen zwischenzeitlich nahezu alle Unternehmen, wobei es verschiedene Branchen natürlich besonders hart trifft. Im Profifußball muss mit Geisterspielen und einer Aussetzung des Spielbetriebes umgegangen werden, den Hotel-und Gaststättenbetrieben fehlen die Gäste. Die Liste der betroffenen Branchen kann noch lange fortgesetzt werden.
Arbeitsrechtlich
betrachtet stellen sich derzeit jedenfalls hauptsächlich folgende
Problemkonstellationen:
Die beiden (letztlich ähnlich
gelagerten) Hauptproblemstellungen in diesem Zusammenhang dürften zum einen der
reduzierte Beschäftigungsbedarf der Mitarbeiter aufgrund von Geisterspielen, Produktionsstillstand,
ausbleibenden Kunden o.ä., sowie die Frage sein, ob man beispielsweise
Corona-verdächtige Mitarbeiter oder solche Mitarbeiter, die aus Risikogebieten
zurückreisen, von der Arbeit freistellen darf. Weiter stellt sich die Frage,
wie Mitarbeiter zu vergüten sind, die wegen Kindergarten- und Schulschließungen
ihre Arbeitsleistung nicht erbringen können.
- Hinsichtlich des reduzierten Beschäftigungsbedarfs ergeben sich verschiedene Möglichkeiten.
Grundsätzlich wäre es denkbar, gegenüber den Mitarbeitern die Inanspruchnahme von Urlaub anzuordnen. Das ist jedoch keineswegs ohne weiteres möglich. Insbesondere, wenn es bereits einen Urlaubsplan gibt und Mitarbeiter bereits Urlaubswünsche geäußert haben, ist die einseitige Anordnung von Urlaub quasi unmöglich. Selbst für den Fall, dass hier bislang keine Wünsche geäußert wurden, müsste man den Arbeitnehmer zunächst nach seinen Wünschen zur Urlaubslage befragen. Das ist ja alles hier nicht zielführend.
Insofern gibt es nur die
Möglichkeit, den Urlaub einseitig anzuordnen und zu hoffen, dass der
Mitarbeiter den Urlaub dann auch antritt und sich nicht gegen die einseitige
Urlaubserteilung zur Wehr setzt.
Sofern dies der Fall ist, werden
Urlaubsansprüche dann tatsächlich auch verbraucht. Ansonsten eben nicht.
Besonders geeignet ist hierfür
möglicher Resturlaub, da das Bundesarbeitsgericht in einer seiner aktuellsten
Entscheidungen hierzu ja quasi selbst ausführt, dass der Mitarbeiter konkret
dazu aufgefordert werden muss, seinen Urlaub in Anspruch zu nehmen, um einen
Verfall zum Jahresende hinzubekommen.
Natürlich sind damit keine Fälle
gemeint, in denen im März eine sofortige Urlaubsnahme angeordnet wird.
Nichtsdestotrotz könnte man hier
gegenüber den einzelnen Mitarbeitern wahrscheinlich etwas besser argumentieren,
wenn man sie auf die neue Rechtslage hinweisen und erläutern würde, dass der
Resturlaub ohnehin kurzfristig genommen werden muss, da er ansonsten verfällt.
Auch eine Anordnung von Betriebsferien ist grundsätzlich denkbar. Diese
Möglichkeit müsste aber zum einen bereits arbeitsvertraglich angelegt sein, zum
anderen dürfte es an den erforderlichen Ankündigungsfristen fehlen, um eine
wirksame Anordnung zu bewerkstelligen.
- Besser geeignet wäre grundsätzlich die
Anordnung von Überstundenabbau. Voraussetzung hierfür ist natürlich, dass
Überstunden in ausreichendem Umfang aufgebaut wurden.
- Grundsätzlich könnte man mit Mitarbeitern
auch die vorläufige Reduzierung deren Arbeitszeit vereinbaren. Logischerweise
geht das aber nur mit dem Einverständnis des betroffenen Mitarbeiters, weshalb
man hier sicherlich nicht weit kommt.
- Eine weitere Alternative wäre die Anordnung
von Kurzarbeit.
Hier hat der Koalitionsausschuss
beschlossen, dass die Hürden von Bezug von Kurzarbeitergeld wohl von April bis
Ende 2020 gesenkt werden sollen.
So soll die Bundesagentur für
Arbeit nicht nur 60 % des ausgefallenen Nettolohns eines Kurzarbeiters, sondern
auch die gesamten Sozialbeiträge für die ausgefallenen Arbeitsstunden
erstatten.
Weiter sollen Betriebe schon dann
Kurzarbeitergeld nutzen können, wenn nur 10 % der Beschäftigten vom
Arbeitsausfall betroffen sind. Bislang musste hier 1/3 aller Mitarbeiter
betroffen sein.
Der Gesetzesentwurf soll im April
in Kraft treten. Sofern die Einführung von Kurzarbeit geplant ist, kann und
soll aber in jedem Fall bereits jetzt ein entsprechender Antrag bei der
Bundesagentur für Arbeit gestellt werden.
Hierbei ist aber zu beachten, dass für die Einführung von Kurzarbeit eine Rechtsgrundlage erforderlich ist. Die Möglichkeit der Einführung von Kurzarbeit muss arbeitsvertraglich oder im Rahmen einer Betriebsvereinbarung oder eines Tarifvertrages geregelt sein. Auch eine nachträgliche Vereinbarung mit den Mitarbeitern ist noch möglich. Auch hier sind Sie dann aber auf die Zustimmung des jeweiligen Mitarbeiters angewiesen.
2. Auch die Frage, ob Corona-Verdachtsfälle oder Rückkehrer aus Krisengebieten freigestellt werden können, ist nicht ohne weiteres zu beantworten.
Eine entgeltliche Freistellung
dürfte in solchen Fällen sicherlich möglich sein.
Für eine unentgeltliche
Freistellung dürfte es bislang noch an der Grundlage fehlen.
Eine solche wäre allenfalls dann
denkbar, wenn arbeitsvertraglich die Regelungen des § 616 BGB abbedungen wären
und man sich erfolgreich darauf berufen würde, dass der Mitarbeiter durch eine
mögliche Erkrankung und die dadurch potenziell bestehende Gefahr aufgrund
höherer Gewalt an der Erbringung seiner Arbeitsleistung gehindert war.
Ob man mit dieser Argumentation
am Ende des Tages durchkommt, ist fraglich.
In Fällen, in denen das Gesundheitsministerium Quarantäne anordnet, werden die Entgeltkosten jedenfalls von der Bundesregierung übernommen.
3. Mitarbeiter, die wegen Schul-und Kindergartenschließungen nicht zur Arbeit kommen können, müssen zunächst prüfen, ob anderweitige Betreuungsmöglichkeiten bestehen und das Kind überhaupt betreuungsbedürftig ist. Sofern keine andere Möglichkeit besteht, als der Arbeit fernzubleiben, haben die Mitarbeiter die Möglichkeit, für wenige Tage zuhause zu bleiben. Das Entgelt muss für diese Zeit fortgezahlt werden, sofern § 616 BGB nicht abbedungen ist. Nach Ablauf dieser Zeit (wohl ca. 5 Tage) müssen die Mitarbeiter Urlaub nehmen oder Überstunden abbauen, gegebenenfalls sogar unbezahlten Urlaub in Anspruch nehmen. Allerdings ist davon auszugehen, dass die Bundesregierung auch hier Übergangsregelungen erlässt, falls es zu flächendeckenden und längerfristigen Schließungen kommt.
Wir hoffen, wir konnten Ihnen einen groben Überblick über die aktuelle Problemstellung und mögliche Lösungen verschaffen. „