Abzocke mit kostenpflichtigen Branchenbucheinträgen – BGH spricht Machtwort

Der Bundesgerichtshof hat gestern eine Entscheidung zu der Frage getroffen, ob eine Entgeltklausel in einem Antragsformular für einen Grundeintrag in ein Branchenverzeichnis im Internet nach dem Erscheinungsbild des Formulars überraschenden Charakter hat und deshalb nicht Vertragsbestandteil wird (§ 305c Abs. 1 BGB).

Die Klägerin unterhält ein Branchenverzeichnis im Internet. Um Eintragungen zu gewinnen, übersendet sie Gewerbetreibenden ein Formular, welches sie als „Eintragungsantrag Gewerbedatenbank…“ bezeichnet. In der linken Spalte befinden sich mehrere Zeilen für Unternehmensdaten. Nach einer Unterschriftzeile, deren Beginn mit einem fett gedruckten „X“ hervorgehoben ist, heißt es in vergrößerter Schrift: „Rücksendung umgehend erbeten“ und (unterstrichen) „zentrales Fax“. Es folgt die fett und vergrößert wiedergegebene Faxnummer der Klägerin.

Die rechte Seite des Formulars besteht aus einer umrahmten Längsspalte mit der Überschrift „Hinweise zum Ersteintragungsantrag, Leistungsbeschreibung sowie Vertragsbedingungen, Vergütungshinweis sowie Hinweis nach § 33 BDSG (Bundesdatenschutzgesetz)“. In dem sich anschließenden mehrzeiligen Fließtext ist unter anderem folgender Satz enthalten: „…Vertragslaufzeit zwei Jahre, die Kosten betragen 650 Euro netto pro Jahr….“

Der Geschäftsführer der Beklagten füllte das ihm unaufgefordert zugesandte Formular aus und sandte es zurück. Die Klägerin trug die Beklagte in das Verzeichnis ein und stellte dafür 773,50 € brutto in Rechnung. Die auf Zahlung dieses Betrages gerichtete Klage ist in den Vorinstanzen ohne Erfolg geblieben.

Der u. a. für das Werkvertragsrecht zuständige VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat die Revision der Klägerin zurückgewiesen. Mit Rücksicht darauf, dass Grundeinträge in ein Branchenverzeichnis im Internet in einer Vielzahl von Fällen unentgeltlich angeboten werden, wird eine Entgeltklausel, die nach der drucktechnischen Gestaltung des Antragsformulars so unauffällig in das Gesamtbild eingefügt ist, dass sie von dem Vertragspartner des Klauselverwenders dort nicht vermutet wird, gemäß §  305c Abs. 1 BGB nicht Vertragsbestandteil. Im vorliegenden Fall machte bereits die Bezeichnung des Formulars als „Eintragungsantrag Gewerbedatenbank“ nicht hinreichend deutlich, dass es sich um ein Angebot zum Abschluss eines entgeltlichen Vertrages handelte. Die Aufmerksamkeit auch des gewerblichen Adressaten wurde durch Hervorhebung im Fettdruck und Formulargestaltung zudem auf die linke Spalte gelenkt. Die in der rechten Längsspalte mitgeteilte Entgeltpflicht war demgegenüber drucktechnisch so angeordnet, dass eine Kenntnisnahme durch den durchschnittlich aufmerksamen gewerblichen Adressaten nicht zu erwarten war. Die Zahlungsklage ist daher zu Recht als unbegründet abgewiesen worden.

*§ 305c BGB Überraschende und mehrdeutige Klauseln

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die nach den Umständen, insbesondere nach dem äußeren Erscheinungsbild des Vertrags, so ungewöhnlich sind, dass der Vertragspartner des Verwenders mit ihnen nicht zu rechnen braucht, werden nicht Vertragsbestandteil.

(2) ….

Urteil vom 26. Juli 2012 – VII ZR 262/11

Mit Pressemitteilung Nr. 123/2012 des BGH vom 26.07.2012

„Shitstorms im Internet“

Die Gefahr von Empörungswellen im Internet, sogenannte „shitstorms“ nimmt auch für Unternehmen ständig zu. Heute ist hierzu mein Beitrag im Handelsblatt auf Seite 48 erschienen. In dem Beitrag wird beschrieben welche Möglichkeiten der Prävention es gibt.

Haftet der Vermieter von Veranstaltungsräumen gegenüber der GEMA?

Überlässt man als Vermieter einem Dritten eine Location bzw. Räumlichkeit, so haftet man nicht für etwaige nicht bezahlte GEMA-Vergütungen, die vom Dritten nicht ordnungsgemäß bezahlt wurden. Das entschieden nun die Richter des LG Düsseldorf in einem aktuellen Verfahren (LG Düsseldorf, Urteil vom 16.05.2012 – Az.: 23 S 296/11).

Die GEMA hatte einen Betreiber einer Diskothek in Anspruch genommen. Dieser hatte seine Location an einen Dritten vermietet. Wohl war die dann durchgeführte Veranstaltung nicht ordnungsgemäß bei der GEMA angemeldet und Gebühren wurden nicht abgeführt. Sodann reichte die GEMA Klage ein. Allerdings nicht gegen den Veranstalter, sondern gegen den Vermieter selbst.

Zu Unrecht wie nun die Düsseldorfer Richter entschieden. Bei dem Betreiber handle es sich nicht um einen Mitveranstalter. Weder sei er Täter noch Mittäter. Es sei vielmehr nur derjenige verantwortlich, der die Veranstaltung angeordnet hat und durch dessen ausschlaggebende Tätigkeit sie ins Werk gesetzt wurde.

Eintracht Frankfurt gewinnt vor dem CAS

Eintracht Frankfurt, vertreten durch RA Dr. Joachim Rain, hat seinen Streit mit dem tschechischen Club FK Teplice auch in 2. Instanz vor dem CAS erfolgreich gestalten können.

Worum ging es?

In einem Transfervertrag mit FK Teplice war vereinbart, dass wenn der transferierte Spieler innerhalb eines Kalenderjahres (1.1.bis 31.12.) von Beginn an 20 Bundesligaspiele absolviert, eine Nachzahlung fällig wird.

Nun hatte der besagte Spieler in einem Kalenderjahr zwar 21 Bundesligaspiele absolviert, davon jedoch nur 15 in der Startformation.

Wie argumentierte der tschechische Verein?

FK Teplice war der Meinung, dass „von Beginn an“ sich auf das Kalenderjahr beziehe, in Abgrenzung zur sonst üblichen Anknüpfung an Spielzeiten, also i.d.R. den Zeitraum 1.7.-30.6. eines Jahres.

Der tschechische Verein stützte sich insoweit auf Zeugenaussagen, wonach dieses Verständnis auch den Vertragsverhandlungen zugrunde gelegen haben soll.

Wie entschied das CAS?

Das CAS urteilte, weitgehend der Argumentation von Eintracht Frankfurt folgend, dass das Verständnis des tschechischen Vereins schon der Systematik nach sehr fernliegend sei, sei doch der Bezug zum Kalenderjahr schon durch die Erwähnung dieses Begriffes sowie die zusätzliche Klammerdefinition hergestellt, so dass es für eine 3. dahingehende Definition keine Notwendigkeit und Existenzberechtigung gebe. Hingegen sei  es naheliegend und üblich, „von Beginn an“ auf Einsätze in der Startformation zu beziehen, da diese regelmäßig von einer gewissen Dauer und damit einem gewissen Wert seien (anders als z.B. Einwechslungen in der letzten Spielminute).

Den weitergehenden Einwand von Teplice, Unklarheiten in einem Vertrag müssten grundsätzlich zu Lasten der Partei gehen, die den Vertrag entworfen habe, ließ das CAS ebenso wenig gelten wie die  Aussagen der von Teplice benannten Zeugen, die ohnehin mit den Zeugenaussagen seitens Eintracht Frankfurt in Widerspruch standen, dies mit der zutreffenden Begründung, für beides sei nur Raum, wo eine nicht eindeutige vertragliche Formulierung vorliege, während hier sowohl dem Wortlaut nach als auch nach den Branchengepflogenheiten nur ein Verständnis in Betracht komme

Letztlich zeigte sich im Verfahrensverlauf, dass das abweichende Verständnis von Teplice wohl auch schwerpunktmäßig darauf beruhte, dass die tschechische Übersetzung des Transfervertrages in der Tat eine andere Lesart zuließ, was aber – so auch das CAS – in der Risikosphäre von Teplice liegt, zumal man diese Übersetzung allein zu eigenen Zwecken anfertigen ließ und sie nicht Vertragsinhalt oder auch nur darin erwähnte Leseversion war.

Papst erwirkt einstweilige Verfügung gegen Satiremagazin Titanic

Das Satiremagazin Titanic macht nicht das erste Mal von sich Reden, weil es von einem Prominenten in Anspruch genommen wird, der sich verunglimpft fühlt. Dieses Mal kommt der Widerstand allerdings von ganz oben. Der Papst höchst persönlich fühlt sich bloßgestellt. Die aktuelle Ausgabe zeigt auf der Titel- und Rückseite nämlich das Oberhaupt der katholischen Kirche mit einem gelben Fleck im Schrittbereich. Das geht Benedikt zu weit. Die Antwort: Eine einstweilige Verfügung des Landgerichts Hamburg.

Mit der Verfügung des LG Hamburg wird es der Zeitschrift untersagt, die Titelseite und die letzte Seite abzudrucken bzw. weiterhin in Verkehr zu bringen. Bei Zuwiderhandlung muss das Magazin mit einem Ordnungsgeld rechnen, üblicherweise bis zu 250.000 EUR. Die Hefte, die bereits im Handel sind, müssen wohl nicht zurückgezogen werden.

Die Titanic selbst äußert sich zu dem Vorgang erwartungsgemäß polemisch:

„Benedikt muss uns missverstanden haben“, erklärte Chefredakteur Leo Fischer. Der Titel zeige einen Papst, der nach der Aufklärung der Spitzelaffäre („Vatileaks“) feiert und im Überschwang ein Glas Limonade über seine Soutane verschüttet hat: „Es ist allgemein bekannt, dass der Papst ein großer Freund des Erfrischungsgetränks ‚Fanta‘ ist.“

Man hoffe nun auf ein persönliches Gespräch mit dem Heiligen Vater, um das Missverständnis auszuräumen. Die Unterlassungserklärung werde man zunächst nicht unterzeichnen.

Es wird sich zeigen, ob die Verfügung Bestand hat. In dem Fall geht es nämlich weniger um die Frage, ob die inkriminierende Abbildung von der Pressefreiheit gedeckt ist, sondern vielmehr darum, ob das, was das Magazin Titanic macht, als Kunst einzustufen ist. Denn die darf bekanntlich relativ viel.

Auskunftsanspruch gegenüber Dritten bei Persönlichkeitsverletzung im Rahmen eines Blogs

Das OLG Dresden hat entschieden, dass jemand, der im Rahmen eines Internetforums bzw. Blogs in seiner Persönlichkeit verletzt wird, einen Anspruch auf Auskunft gegenüber dem Blogbetreiber hat, obwohl der Eintrag nicht von ihm, sondern von einem Dritten stammt (OLG Dresden, Beschluss vom 08.02.2012 – Az.: 4 U 1850/11).

Ein Dritter stellte innerhalb eines Blogs ein Kommentar ein, welches nach Meinung des späteren Klägers persönlichkeitsverletzende Äußerungen enthält. Zudem seien unwahre Tatsachenbehauptungen beinhaltet. Er begehrte deshalb unter anderem Auskunft, wer den inkriminierenden Beitrag in das Blog eingestellt habe.

Zu Recht wie die Richter des OLG Dresden im Rahmen eines Hinweisbeschlusses nun entschieden. Ein solcher Anspruch bestehe grundsätzlich. Grundlage hierfür sei § 242 BGB. Ein solcher Auskunftsanspruch bestünde immer dann – und zwar in jedem Rechtsverhältnis – in dem der Berechtigte (hier: Kläger) in entschuldbarer Weise über Bestehen und Umfang seines Rechtes im Ungewissen sei und der Verpflichtete unschwer Auskunft leisten könne. Konkret begründeten die Richter wie folgt:

„In Betracht kommt allerdings der allgemeine bürgerlichrechtliche Auskunftsanspruch gemäß §§ 242, 259, 260 BGB, der auch auf Dritte als Nicht-Verletzer anwendbar ist (BGH GRUR 2001, 841; Hartmann, Unterlassungsansprüche im Internet, S. 146). Er besteht grundsätzlich in jedem Rechtsverhältnis, in dem der Berechtigte in entschuldbarer Weise über Bestehen und Umfang seines Rechtes im Ungewissen und der Verpflichtete unschwer zur Auskunftserteilung in der Lage ist (so bereits BGHZ 10, 385). Unter diesen Voraussetzungen ist ein Anspruch auf Auskunftserteilung auch dann gegeben, wenn nicht der in Anspruch Genommene, sondern ein Dritter Schuldner des Hauptanspruchs ist, dessen Durchsetzung der Hilfsanspruch auf Auskunftserteilung ermöglichen soll (BGH GRUR 2001, 841; GRUR 1995, 427; GRUR 1994, 635).

Eine für den Anspruch erforderliche rechtliche Sonderverbindung folgt dann aus einem gesetzlichen Schuldverhältnis. Stellt sich ein Kommentar in einem Blog als rechtswidriger Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Verletzten dar, unterliegt nämlich auch der Blogbetreiber ebenso wie ein Hostprovider unter bestimmten Voraussetzungen, namentlich bei Verletzung von Prüfpflichten der allgemeinen Störerhaftung (BGH, Urteil vom 25.10.2011, VI ZR 93/10 – zitiert nach Pressemitteilung; NJW 2011, 753; CR 2010, 458; Senat, Hinweisbeschluss vom 7.10.2011, 4 U 919/11 n.v.). Der Auskunftsanspruch ergibt sich dann als Minus zu den ansonsten bestehenden Ansprüchen auf Unterlassung und Löschung persönlichkeitsverletzender Einträge.

Ob – wie das Landgericht unter Bezug auf die o.a. Entscheidung
des OLG Hamm angenommen hat, einem solchen  Auskunftsanspruch § 13 Abs. 6 S.1 TMG entgegenstünde, erscheint zweifelhaft, ist für das vorliegende Verfahren
jedoch nicht entscheidungserheblich.

Andere Rechtsprechung

Die vorläufige Entscheidung aus Dresden ist nicht unbedingt in Einklang zu bringen mit der bisherigen Rechtsprechung. Das OLG Hamm hat in der Vergangenheit einen eben solchen Auskunftsanspruch verneint (OLG Hamm, Beschluss vom 03.08.2011 – Az.: I-3 U 196/10).

2009 hat übrigens auch schon der BGH geurteilt, dass in solchen Fällen keine Pflicht zur Auskunft bzw. Identifizierung bestehe (BGH, Urteil vom 23.06.2009 – Az.: VI ZR 196/08). Es gehöre zur Meinungsfreiheit, dass solche Plattformen auch anonym genutzt werden könnten. Anders wäre es nur zu beurteilen gewesen, sofern die Grenze zur Schmähkritik überschritten worden wäre oder unwahre Tatsachenbehauptungen zur Debatte stünden, was vorliegend aber auch nicht der Fall war.

Wann darf eine eBay-Auktion vorzeitig beendet werden?

Die Gerichte beschäftigen sich seit einiger Zeit damit, wann eine eBay-Auktion vorzeitig beendet werden darf, ohne, dass den Verkäufer eine Schadenersatzpflicht trifft. So auch im vorliegenden Verfahren beim Landgericht Bonn. Hier haben die Richter nun entschieden, dass eine vorzeitige Beendigung möglich ist, sofern der Verkäufer nach Auktionsstart feststellt, dass die Sache, die er verkaufen will, Mängel aufweist (LG Bonn, Urteil vom 5. Juni 2012 – Az.: 18 O 314/11).

Es ging um einen gebrauchten PKW. Nachdem der Verkäufer die Auktion eingestellt hatte, stellte er Mängel fest, die er vorher nicht kannte und die auch nicht in der Auktion beschrieben wurden. Daraufhin beendete er die Auktion. Der zu der Zeit Höchstbietende wollte das allerdings nicht hinnehmen und klagte. Ohne Erfolg.

Ein wirksamer Kaufvertrag sei nicht zustande gekommen, so die Bonner Richter. Der Verkäufer sei zum Rücktritt seines eingestellten Angebots berechtigt gewesen.

Insbesondere verwiesen die Richter auf die eBay-Bestimmungen, in denen es heißt:

„Es kann vorkommen, dass Sie ein Angebot vorzeitig beenden müssen, z.B. wenn Sie feststellen, dass der zu verkaufende Artikel nicht funktioniert oder ein Teil fehlt.“

Die Richter untermauern mit diesem Urteil eine BGH-Entscheidung aus dem Jahre 2011 (BGH, 08.06.2011 – VIII ZR 305/10).