Unterlassungserklärung: Wer unterschreibt, hat sich daran zu halten

Das OLG Brandenburg hat entschieden (OLG Brandenburg, 29.04.2014 – 6 U 10/13), dass ein Anspruch aus einem Unterlassungsvertrag grundsätzlich unabhängig davon besteht, ob die ursprüngliche Verpflichtung, zu deren Unterlassung sich der Schuldner bereit erklärt hat, rechtswidrig war. Heißt übersetzt: Wer eine Unterlassungserklärung unterschreibt, hat sich an diese zu halten. Ganz gleich, ob das Verhalten, das man der Erklärung nach unterlassen soll, ursprünglich überhaupt rechtswidrig war.

Jeder hat grundsätzlich die Chance, bevor eine Unterlassungserklärung unterschrieben werden soll, prüfen zu lassen, ob und in welchem Umfang eine solche überhaupt notwendig ist. Das kann nach einem Urteil des OLG Brandenburg auch nur dringend empfohlen werden. Denn wer einmal unterschreibt, hat sich an den Inhalt der Erklärung zu halten – egal, ob das, was man damit unterlassen will überhaupt rechtswidrig war oder nicht.

Im vorliegenden Fall gab ein Unternehmen eine strafbewehrte Unterlassungserklärung ab. Darin verpflichtete es sich, eine bestimmte AGB-Klausel nicht mehr zu verwenden. Tut es das Unternehmen trotzdem, sollte eine Vertragsstrafe verwirkt sein. Es kam, wie es kommen musste. Das Unternehmen verwendete die Klausel noch einmal nach Abgabe der Erklärung. Die spätere Klägerin machte daraufhin die Vertragsstrafe geltend. Die Beklagte wandte ein, dass die ursprüngliche Beanstandung, die AGB-Klausel sei wettbewerbswidrig, nicht zutreffend gewesen sei.

Das spiele keine Rolle, so die Richter. Die spätere Klägerin stütze ihren Anspruch auf den Unterlassungsvertrag. Deshalb sei auch nicht mehr zu prüfen, ob die ursprüngliche Abmahnung und damit die Geltendmachung eines Anspruchs berechtigt gewesen sei oder nicht. Die abgegebene Unterlassungserklärung – so die Richter weiter – habe gerade den Sinn, den Streit um diese Frage zu klären und jede Einwendung hinsichtlich des Punktes auszuschließen.

Muss man auch den Google Cache nach Abgabe einer Unterlassungserklärung löschen lassen?

Wer eine Homepage ins Netz stellt und diese von Google erfassen lässt, muss damit leben, dass Google in seinen Speicher (Cache) sogenannte Abbilder der Seite speichert. Dies oftmals auch über längere Zeit in regelmäßigen Abständen. Nun stellt sich die Frage, ob man auch diesen Cache bei Google löschen lassen muss, sofern man eine Unterlassungserklärung abgegeben hat, bestimmte Inhalte nicht mehr zum Abruf bereit zu halten oder zu verwenden. Nein, sagen die Richter des LG Halle in einem aktuellen Fall. Eine allgemeine Pflicht existiere nicht, im Falle der Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung auch den Google Cache löschen zu lassen (LG Halle, Urteil vom 31.05.2012 – Az.: 4 O 883/11).

Im vorliegenden Fall hatte sich die Beklagte dazu verpflichtet, auf ihrer Internetseite nicht mehr mit bestimmten Stichwörtern (Meta-Tags) zu arbeiten. Deshalb ließ sie die entsprechenden Keywords komplett von der Seite verschwinden. Im Google Cache hingegen war die Seite immer noch wie ursprünglich vorzufinden.

Die Unterlassungsgläubigerin sah hierdurch die Vertragsstrafe verwirkt und verlangte die Zahlung einer Summe in Höhe von 5.100,00 Euro.

Zu Unrecht wie die Richter des LG Halle nun entschieden.

Bei dem Google Archiv handle es sich nur um eine Abbildung der streitgegenständlichen Seite zum Zeitpunkt vor Abgabe der Erklärung. Deshalb liege hier kein Verschulden vor, sofern man diese Inhalte nicht löschen lasse.

Es existiere obendrein auch keine grundsätzliche Pflicht, nach Abgabe einer solchen Erklärung Google um Löschung zu bitten. Die Vertragsstrafe wäre nur dann verwirkt, wenn dies ausdrücklich vereinbart worden wäre.

Doch Vorsicht: Nicht alle Gerichte vertraten in der Vergangenheit diese Auffassung. Das LG Hamburg z.B. sah die Sache anders (302 O 743/05). Auch das Kammergericht sah eine Pflicht zur Löschung (9 U 27/09), zudem das Landgericht Saarbrücken (9 O 258/08) sowie das LG Frankfurt a.M. (3-08 O 136/11).

Begründet wurde das in der Regel damit, dass es im Rahmen des § 890 ZPO dazu gehöre, von einem Unterlassungsschuldner zu fordern, eben nicht nur alles zu unterlassen, was zu einer Verletzung führen kann und könnte, sondern auch alles von ihm zu verlangen, was im konkreten Fall erforderlich und zumutbar ist, um künftige Verletzungen zu verhindern. Dazu zähle eben auch und gerade die Einwirkung auf Dritte, wie in dem Fall Google.

KG Berlin: 10.000 Euro Vertragsstrafe können unangemessen hoch sein

Eine Vertragsstrafe, die nach billigem Ermessen vom Unterlassungsgläubiger auf EUR 10.000.- festgesetzt wurde wegen eines nur geringen Verstoßes, kann unangemessen hoch sein. Im vorliegenden Fall setzte das Berliner Kammergericht die Strafe deshalb per Urteil niedriger fest (KG Berlin Urteil v. 27.09.2011 – Az.: 5 U 137/10).

Wer eine Unterlassungserklärung abgibt, der steht auch regelmäßig dafür ein wenn er gegen die darin enthaltenen Gebote verstößt. Schließlich handelt es sich um einen Vertrag, an den man sich zu halten  hat. Nicht nur deshalb empfiehlt es sich, eine Unterlassungserklärung regelmäßig nach dem Hamburger Brauch zu formulieren. Darin wird nämlich kein konkreter Betrag genannt, der im Falle eines schuldhaften Verstoßes zu bezahlen ist. Vielmehr ist eine solche wie folgt oder ähnlich formuliert:

Unterlassungsschuldner (Name, Adresse)

verpflichtet sich ohne Anerkennung einer Rechtspflicht sowie ohne Präjudiz für die Sach- und Rechtslage, gleichwohl rechtsverbindlich,

gegenüber

Unterlassungsgläubiger (Name, Adresse)

es in Zukunft bei Meidung einer für jeden Fall der schuldhaften Zuwiderhandlung von dem Unterlassungsgläubiger zu bestimmenden, im Streitfalle durch das zuständige Gericht zu überprüfenden, angemessenen Vertragsstrafe zu unterlassen,

(hier folgt das zu unterlassende Verhalten).

Die Abgabe einer solchen Erklärung hatte nun einem Beklagten in Berlin einiges an Geld erspart. Wegen Veröffentlichung von Kundendaten hatte er gegen eine solche – nach dem Hamburger Brauch formulierte – Unterlassungserklärung verstoßen und sollte zahlen – 10.000 EUR. Zu viel, wie die Richter des Kammergerichts urteilten.  Aus dem Urteil:

Alles in allem handelt es sich also im konkreten Fall bei dem Fehlverhalten der Beklagten eher um eine „Lappalie“, weshalb die Klägerin die Bestimmung der Vertragsstrafe in Höhe von 10.000 € nicht nach billigem Ermessen getroffen hat und die Bestimmung demzufolge hier durch Urteil zu treffen ist (§ 315 BGB).

Hätte der Beklagte allerdings eine Unterlassungserklärung abgegeben, die von vornherein im Falle eines Verstoßes 10.000 EUR als Strafe vorsieht, wäre er sicher nicht so einfach davon gekommen. Vor allem, wenn der Unterlassungsvertrag zwischen Geschäftsleuten zustande gekommen ist (§ 348 HGB). Dann ist eine Herabsetzung nämlich nur noch unter bestimmten Bedingungen möglich (vgl. BGH, Urt. v. 17.07.2008, I ZR 168/05).

 

 

LG Stuttgart: Unterlassungserklärung zu unbestimmt, wenn Gericht Vertragsstrafe bestimmen soll

Gibt ein Unterlassungsschuldner eine Unterlassungserklärung ab, in der er sich verpflichtet, bei jeder schuldhaften Zuwiderhandlung eine Vertragsstrafe zu bezahlen, die durch das Gericht bestimmt werden soll, so ist diese Erklärung regelmäßig zu unbestimmt und genügt nicht den Anforderungen an eine ausreichende Unterlassungserklärung (LG Stuttgart, Beschluss v. 26. Oktober 2011, Az.: 17 O 520/11).

In einem aktuellen von uns vertretenen Fall stellte das LG Stuttgart fest, dass es nicht ausreicht, wenn jemand eine Unterlassungserklärung abgibt, in der das Gericht selbst eine Vertragsstrafe bestimmen soll im Falle einer Zuwiderhandlung. Die Stuttgarter Richter führten dazu aus:

Die abgegebene Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung genügt nicht den Anforderungen, die die Rechtsprechung an eine solche Unterlassungserklärung stellt. Nach der Formulierung des Beklagten unter Ziff. 2 ist für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die in Ziff. 1 bezeichnete Unterlassungsverpflichtung eine Vertragsstrafe, deren Höhe durch das Gericht festzusetzen ist, an die Klägerin zu zahlen.

Mit der Formulierung wird es also dem Gericht überlassen, im Zweifelsfall die Höhe der Vertragsstrafe festzusetzen und nicht nur die Angemessenheit gemäß § 315 Abs. 3 BGB im Streitfall zu prüfen, wie es beim sogenannten neuen Hamburger Brauch der Fall ist. Da nicht ausdrücklich geregelt ist, dass die Klägerin oder ein Dritter die Vertragsstrafe nach billigem Ermessen bestimmen sollte, ist die Klausel dahingehend zu verstehen, dass dies unmittelbar und alleine durch das Gericht geschehen sollte, was zur Unwirksamkeit der Klausel führt (vgl. LG Hamburg, Urteil v. 2. Oktober 2009, Az. 310 O 281/09).

Wegen des Wortlauts des § 315 Abs. 3 BGB darf die Bestimmung der Vertragsstrafenhöhe nicht unmittelbar dem Gericht überlassen werden (vgl. Bornkamm, in Köhler/Bornkamm, UWG, 29. Auflage 2011, § 12 UWG, Rz. 1.144).

Abmahnung und Vollmachtsurkunde

In der Rechtsprechung und Literatur war lange Zeit umstritten, ob einer Abmahnung eine Vollmachtsurkunde im Original beigefügt werden muss. Der Bundesgerichtshof hat nunmehr diese strittige Frage geklärt.

In seinem Urteil (Aktenzeichen I ZR 140/08) hat der Bundesgerichtshof klargestellt, dass die Vorschrift des § 174 S. 1 BGB auf wettbewerbsrechtliche Abmahnungen nicht anwendbar ist, wenn die Abmahnung mit einem Angebot zum Abschluss eines Unterwerfungsvertrages verbunden ist.

Der Bundesgerichtshof hat seine Entscheidung im Wesentlichen damit begründet, dass in solchen Fällen kein einseitiges Rechtsgeschäft vorliege, welches nach § 174 S. 1 BGB unwirksam wäre, wenn der Bevollmächtigte keine Vollmachtsurkunde vorlegt und dies vom Erklärungsgegner unverzüglich gerügt wird. Eine mit Vertragsstrafe versprechen versehene Abmahnung dient dazu, dem Schuldner gegenüber dem Gläubiger die Möglichkeit einzuräumen, diese ohne gerichtliche Inanspruchnahme klaglos zu stellen. Fehlt es an der Vertretungsmacht, hat nach Auffassung des Bundesgerichtshofs der Schuldner die Möglichkeit, den Gläubiger nach § 177 Abs. 2 S. 1 BGB zur Erklärung über die Genehmigung aufzufordern.

Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs ist zu begrüßen. Sie dient der Rechtssicherheit. Im Zweifel besteht nach wie vor die Möglichkeit, dass sich der Schuldner die Vollmachtsurkunde vorlegen lässt.

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