OLG Stuttgart: SEDO haftet für Markenverletzung nach den Grundsätzen der Störerhaftung

In einem mit Spannung erwarteten Urteil bestätigte nun das OLG Stuttgart wie angekündigt, dass die Domain Parking- und Domain-Handelfirma SEDO nach den Grundsätzen der Störerhaftung für eine Markenverletzung einer ihrer Kunden einzustehen hat, sofern die Betreiber von SEDO Kenntnis haben von dem Rechtsverstoß. Diese Kenntnis kann sich ergeben, durch eine E-Mail an die im Impressum benannte E-Mail-Adresse „kontakt@sedo.de“. Die Revision wurde nicht zugelassen (OLG Stuttgart, Urteil v. 19.04.2012 – Az. 2 U 91/11).

Intensiv beschäftigen sich die Richter des OLG Stuttgart mit der aktuellen obergerichtlichen Rechtsprechung zur Störerhaftung.

Was war passiert? Eine Markeninhaberin beschwerte sich bei SEDO in Form einer E-Mail über eine Markenrechtsverletzung innerhalb der Domain-Parking-Plattform SEDO. Diese E-Mail schickte die Klägerin an die im Impressum benannte E-Mail-Adresse „kontakt@sedo.de“. SEDO hingegen stellte die Rechtsverletzung nicht ab, sondern verlangte die Vorlage entsprechender Markenurkunden, die man einzig und allein an die dafür vorgesehene E-Mail-Adresse legal@sedo.de senden solle. Die Markeninhaberin kam dem nicht nach und war der Auffassung, bereits alles in der E-Mail gesagt zu haben. Zudem könne SEDO jederzeit selbst in die öffentlichen Markenregister schauen, um zu prüfen, ob tatsächlich Rechte verletzt werden oder nicht.

Die Klägerin hat zu Recht so gehandelt, wie nun die Richter des OLG Stuttgart ausführlich in einem 16-seitigen Urteil bestätigt haben. Sofern SEDO über eine Markenverletzung Bescheid weiß und diese nicht innerhalb einer angemessenen Frist (hier 2 Wochen) abstellt, haften die Betreiber im Sinne der Störerhaftung.

2009 hatte der BGH noch entschieden, dass SEDO nicht für Rechtsverletzungen seiner Kunden haftet (BGH, Urteil v. 18.11.2010, Az. I ZR 155/09). Allerdings betonten die Richter schon damals, dass dies nur dann gilt, sofern die Betreiber keine Kenntnis von der Rechtsverletzung haben. Insofern hat sich die Markeninhaberin richtig verhalten und auch die Richter aus Stuttgart bestätigen mit dem Urteil offensichtlich konsequent, was der Bundesgerichtshof an Marschrichtung vorgegeben hat.

Besonders interessant im vorliegenden Fall: Nach Auffassung der Richter konnte SEDO nicht die Vorlage von entsprechenden Markenurkunden verlangen. Vielmehr hätte SEDO selbst in öffentlichen Datenbanken recherchieren können, ob die Marke tatsächlich verletzt wird oder nicht. Im Übrigen sei dies im vorliegenden Fall offensichtlich gewesen. Hätte SEDO Zweifel an dem Vortrag der Klägerin in der E-Mail gehabt, so hätte SEDO diese Zweifel ausdrücklich vortragen müssen. Das OLG Stuttgart bezieht sich hierbei auf die Stiftparfüm-Entscheidung des BGH (Urteil v. 17.08.2011, I ZR 57/09). Im Übrigen dürfe SEDO auch nicht verlangen, dass Verletzte an einem speziellen hierfür eingerichteten Verfahren teilnehmen. Eine E-Mail an die im Impressum benannte E-Mail-Adresse reiche aus. Zu mehr war die Klägerin nicht gehalten.

Die Revision wurde nicht zugelassen. SEDO bleibt nun nur noch die Möglichkeit, Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundesgerichtshof einzureichen, wovon ausgegangen werden kann, denn das Urteil bringt Konsequenzen mit sich. Betreiber derartiger Plattformen müssen nun jede einzelne E-Mail genau durchsehen, um bewerten zu können, ob darin rechtsverletzende Hinweise zu finden sind. Möglicherweise den Informationen darin auch nachrecherchieren.

Hier gibt es das Urteil im Volltext zum Download:
OLG Stuttgart, Urteil v. 19.04.2012, Az.: 2 U 91/11

Passfoto einer verunglückten Toten: BILD muss keine Entschädigung zahlen

Sofern Medien (hier die BILD) das Passfoto eines verstorbenen Unfallopfers veröffentlichen, obwohl dessen Eltern dies ausdrücklich verboten haben, so kann hierfür regelmäßig keine Geldentschädigung geltend gemacht werden. Vor allem dann nicht, wenn im Auto des Unfallverursachers eine prominente Persönlichkeit saß und das Ereignis daher an öffentlichem Interesse gewinnt (BGH, Az. VI ZR 123/11).

Geklagt hatten die Eltern eines 32-jährigen, schwangeren Unfallopfers, das im Jahre 2005  bei einem Verkehrsunfall tödlich verunglückte. Im Auto des Unfallverursachers saß Max Mutzke als Beifahrer, Sänger und Teilnehmer des Eurovision Song Contests 2004. Er und der Fahrer überlebten den schweren Unfall.

Die BILD-Zeitung hatte daraufhin ein Foto der Verunglückten veröffentlicht. Dieses hatten sie in Form eines Passbildes von einer Bekannten der Verstorbenen bekommen. Die Eltern haben eine Veröffentlichung eines solchen Fotos im Vorhinein ausdrücklich verboten.

Vor Gericht verlangten die Eltern nun eine Geldentschädigung in Höhe von 15.000 EUR wegen Verletzung des Persönlichkeitsrechts. Die Richter des BGH lehnten das allerdings ab.

So heißt es im Leitsatz des Urteils:

Berichtet die Presse über einen die Öffentlichkeit interessierenden schweren Verkehrsunfall mit Todesopfer, stellt die Veröffentlichung eines kontextneutralen Porträtfotos des Unfallopfers im Rahmen der Berichterstattung in der Regel keine „kommerzielle Verwertung“ im Sinne einer Ausnutzung der dem Bild zukommenden Verwertungsmöglichkeiten dar. Auf eine Lizenzgebühr gerichtete Bereicherungs- oder  Schadensersatzansprüche des Abgebildeten bzw. seiner Erben bestehen in einem solchen Fall nicht.

OLG Stuttgart: SEDO haftet für Markenverletzung

Vergangenen Juli sorgte ein Urteil des Landgerichts Stuttgart für Aufsehen. Die Richter machten die Betreiber der Plattform Sedo (Domain-Handel und Domain-Parking) erstmals für eine Markenverletzung einer ihrer Kunden – spätestens ab Kenntnis – verantwortlich (wir berichteten). Diese Entscheidung wurde nun offensichtlich vom OLG Stuttgart in einem am vergangenen Donnerstag verkündeten Urteil bestätigt (Urteil d. OLG Stuttgart, Az. 2 U 91/11).

Der Volltext der Entscheidung liegt noch nicht vor, dennoch ist bereits bekannt, dass die obersten Richter aus Stuttgart SEDO offensichtlich für eine Markenverletzung einer ihrer Kunden innerhalb ihrer Domain-Parking-Plattform verantwortlich gemacht haben und die Betreiber zur Zahlung von Schadenersatz in Form von Kosten einer außergerichtlichen Abmahnung verpflichtet haben.

Was war passiert? Eine Markeninhaberin beschwerte sich bei SEDO in Form einer E-Mail über eine Markenrechtsverletzung innerhalb der Domain-Parking-Plattform SEDO. SEDO hingegen stellte die Rechtsverletzung nicht ab, sondern verlangte die Vorlage entsprechender Markenurkunden, die man einzig und allein an die dafür vorgesehene E-Mail-Adresse legal@sedo.de senden solle. Die Markeninhaberin kam dem nicht nach und war der Auffassung, bereits alles in der E-Mail gesagt zu haben. Zudem könne SEDO jederzeit selbst in die öffentlichen Markenregister schauen, um zu prüfen, ob tatsächlich Rechte verletzt werden.

Zu Recht, wie nun die Richter des OLG Stuttgart offensichtlich bestätigt haben. Sofern SEDO über eine Markenverletzung Bescheid weiß und diese nicht innerhalb einer angemessenen Frist abstellt, haften die Betreiber im Sinne der Störerhaftung. Dieses Urteil wird wohl für ähnliches Aufsehen sorgen wie das erstinstanzliche. Für SEDO und weitere Betreiber bedeutet das immerhin, dass sie jede einzelne eingehende E-Mail an die Zentrale zu prüfen haben, ob darin möglicherweise rechteverletzende Hinweise zu finden sind.

2009 hatte der BGH noch entschieden, dass SEDO nicht für Rechtsverletzungen seiner Kunden haftet (BGH, Urteil v. 18.11.2010, Az. I ZR 155/09). Allerdings betonten die Richter schon damals, dass dies nur gilt, sofern die Betreiber keine Kenntnis von der Rechtsverletzung haben. Insofern hat sich die Markeninhaberin richtig verhalten und auch die Richter aus Stuttgart bestätigen mit dem Urteil offensichtlich konsequent, was der Bundesgerichtshof an Marschrichtung vorgegeben hat.

Es ist noch nicht bekannt, ob die Revision zugelassen wurde. Auch darf man auf die Urteilsbegründung gespannt sein. Sobald der Volltext vorliegt, werden wir das Urteil an dieser Stelle ausführlich besprechen.

UPDATE: Mittlerweile liegt der Volltext vor, den wir hier besprochen haben

Haarspalterei: Schmerzensgeld vom Friseur für schlechten Schnitt – geht das?

Wer kennt ihn nicht? Den Spruch aller Sprüche, den jeder schon einmal gehört hat: Hast Du Deinen Friseur verklagt? Doch ganz so weit hergeholt, scheint der Spruch gar nicht zu sein. Ein Richter des Amtsgericht München hatte nun zu entscheiden, wann jemand wirklich Schadenersatz von seinem Frisör verlangen kann (Urteil d. AG München vom 7.10.11, Az. 173 C 15875/11).

Im Sommer 2010 hatte sich die Klägerin im Salon der Beklagten die Haare schneiden lassen. Einmal färben und schneiden sollte es sein. Aber bitte nur wenig herumschnipseln, keine Haarspalterei – lediglich ein halber Zentimeter sollte es sein.

Die Klägerin schaute der Friseurin munter beim Schneiden zu. Einzuwenden hatte sie zunächst nichts. Nicht einmal föhnen lassen wollte sie sich das Haar.

Zwei Tage später kam allerdings Unmut hoch. Zum Haare raufen. Die Haare seien zu kurz. Durch ihr dünnes Haar seien überall „Löcher“ zu erkennen. Jedermann könne die Kopfhaut sehen. Die Friseurin soll Schmerzensgeld bezahlen.

Weil die Frisörin freiwillig nicht bezahlen wollte, nur weil die Kundin plötzlich Haare auf den Zähnen hatte, zog die unzufriedene Kundin vor Gericht. Der zuständige Richter beim Amtsgericht München wies die Klage allerdings ab – um Haaresbreite sozusagen.

Schmerzensgeldansprüche nach einem Friseurbesuch kämen in Betracht, wenn infolge der Haarbehandlung dauerhafte Schäden am Haar oder der Kopfhaut verursacht wurden. Dies liege hier nicht vor. Die bloße Missachtung eines persönlichen Wunsches einer Kundin, selbst wenn diese mit Verärgerung oder Enttäuschung verbunden sei, genüge für einen Schmerzensgeldanspruch nicht.

Dieser komme allenfalls noch in Betracht, wenn das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Kundin so beeinträchtigt sei, dass sie durch einen völlig misslungenen Haarschnitt quasi „entstellt“ sei. Dafür sei aber vorliegend ebenfalls nichts ersichtlich.

Das Gericht habe sich durch Inaugenscheinnahme der Kopfhaut der Klägerin ein Bild davon verschaffen können, dass deren Kopfhaut aus jedem Blickwinkel durchscheine und deutlich sichtbar sei. Dieses Durchscheinen resultiere daher aus dem individuellen Haarzustand der Klägerin und nicht aus dem Haarschnitt der Beklagten. Dass die Kopfhaut nach einem Besuch beim Friseur dann noch stärker zu sehen sei, liege in der Natur der Sache. Eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der Kundin sei darin nicht zu sehen.

Darüber hinaus habe die Klägerin den gesamten Schneidevorgang auch beobachtet. Da sie keinerlei Einwände vorgebracht habe, habe die Beklagte annehmen müssen, dass die vorgenommene Kürzung sich im Rahmen des Wunsches der Klägerin bewegte. Auf Grund dieses Mitverschuldens der Kundin käme ein Schmerzesgeldanspruch ebenfalls nicht in Betracht.

Das Urteil ist rechtskräftig.

Die Klägerin wird wohl kein gutes Haar mehr an der Friseurin lassen.

Haftet der Inhaber eines Internetanschlusses für unerlaubtes Filesharing oder doch nicht?

Die Frage, ob und inwiefern der Inhaber eines Internetanschlusses verpflichtet ist, weitere Nutzer des Anschlusses auf die Rechtswidrigkeit von Filesharing im Internet hinzuweisen und das rechtmäßige Verhalten dieser Nutzer zu überwachen, ist umstritten und wird von den Oberlandesgerichten unterschiedlich beantwortet. Deshalb verletzt es den Beklagten in einem entsprechenden Verfahren in seinem Recht auf den gesetzlichen Richter aus Art. 101 I 2 GG, wenn diese Frage zu seinen Lasten entschieden und die Revision dagegen nicht zugelassen wird.

Zum Sachverhalt

Der Beschwerdeführer – ein auf Onlinerecherche und Internetpiraterie spezialisierter Polizeibeamter – wurde von Unternehmen der Musikindustrie auf Schadensersatz auf Grund von Filesharing über seinen privaten Internetzugang in Anspruch genommen. Nachdem unstreitig geworden war, dass der volljährige Sohn der Lebensgefährtin des Beschwerdeführers über dessen Internetzugang in einer Tauschbörse Musikdateien zum Download angeboten hatte, nahmen die Klägerinnen ihren Schadensersatzanspruch zurück, forderten aber weiterhin Ersatz der durch die Abmahnung entstandenen Rechtsanwaltskosten.

Das LG Köln verurteilte den Beschwerdeführer antragsgemäß. Dieser hafte für die durch das unerlaubte Filesharing begangene Schutzrechtsverletzung, weil er seinen Internetzugang zur Verfügung gestellt und dadurch die Teilnahme an der Musiktauschbörse ermöglicht habe. Vor dem Hintergrund seiner besonderen beruflichen Kenntnisse habe für den Beschwerdeführer jedenfalls eine Prüf- und Handlungspflicht bestanden, um der Möglichkeit einer solchen Rechtsverletzung vorzubeugen. Das OLG Köln wies die dagegen eingelegte Berufung im Wesentlichen zurück und begründete seine Entscheidung unter Verweisung auf die „Sommer unseres Lebens“-Entscheidung BGHZ 185, 330 = NJW 2010, 2061 = GRUR 2010, 633 = MMR 2010, 565 damit, dass der Inhaber eines Internetanschlusses, der diesen einem Dritten zur eigenverantwortlichen Nutzung überlasse, den Dritten darüber aufklären müsse, dass die Teilnahme an Tauschbörsen verboten sei. Die Revision gegen sein Urteil ließ das OLG nicht zu.

Entscheidung des BVerfG

Die 2. Kammer des Ersten Senats des BVerfG hat das Urteil des OLG aufgehoben und die Sache zur erneuten Entscheidung zurückverwiesen. Der Entscheidung liegen im Wesentlichen die folgenden Erwägungen zu Grunde.

Verletzung des Rechts auf gesetzlichen Richter

Das Urteil des Oberlandesgerichts verletzt den Beschwerdeführer in seinem Recht auf den gesetzlichen Richter aus Art. 101 I 2 GG, weil es nicht erkennen lässt, aus welchen Gründen die Revision zum BGH nicht zugelassen wurde, obwohl deren Zulassung im vorliegenden Fall nahe gelegen hätte. Die Revision ist gem. § 543 II 1 ZPO zwingend zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder eine Entscheidung des Revisionsgerichts zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich ist.

Uneinheitliche OLG-Rechtsprechung legte Zulassung der Revision nahe

Die hier entscheidende Rechtsfrage, ob einen Internetanschlussinhaber Prüf- und Instruktionspflichten gegenüber sonstigen Nutzern des Anschlusses treffen, wird von den Oberlandesgerichten nicht einheitlich beantwortet. Während teilweise die Auffassung vertreten wird, dass eine Pflicht, die Benutzung seines Internetanschlusses zu überwachen oder gegebenenfalls zu verhindern, nur besteht, wenn der Anschlussinhaber konkrete Anhaltspunkte für eine missbräuchliche Nutzung seines Anschlusses hat, lässt das mit der Verfassungsbeschwerde angegriffene Urteil für das Entstehen einer Instruktions- und Überwachungspflicht grundsätzlich bereits die Überlassung des Anschlusses an einen Dritten, gleich welchen Alters, genügen. Der BGH hat die Frage, ob und in welchem Umfang Prüfpflichten des Anschlussinhabers bestehen, für die hier relevante Konstellation noch nicht entschieden. Die vom OLG herangezogene „Sommer unseres Lebens“-Entscheidung beantwortet die Frage nicht; sie betraf einen anderen Sachverhalt, nämlich die Frage, inwieweit ein WLAN-Anschluss gegen die Benutzung durch außenstehende Dritte gesichert werden muss.

Obwohl eine Zulassung der Revision nahe lag, hat das OLG keine nachvollziehbaren Gründe dafür angeführt, warum es die Revision nicht zugelassen hat. Sowohl im Hinblick auf die Bedeutung der Rechtssache als auch zur Herbeiführung einer einheitlichen Rechtsprechung erschien aber eine Entscheidung des BGH als Revisionsgericht erforderlich. Die hier klärungsbedürftige Rechtsfrage kann sich in einer unbestimmten Vielzahl weiterer Fälle stellen und berührt deshalb das Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts; überdies weicht das angegriffene Urteil entscheidungserheblich von der Auffassung anderer Oberlandesgerichte ab. (BVerfG, Beschl. v. 21. 3. 2012 – 1 BvR 2365/11)

Fazit: In naher Zukunft dürfte demnach die Frage durch den Bundesgerichtshof geklärt werden, wann und ob ein Anschlussinhaber für Mitbewohner oder Familienangehörige zu haften hat und/oder auch nicht.

Quelle: Eigene mit Pressemitteilung des BVerfG Nr. 22 v. 13. 4. 2012

branchenauskunft-24.com – Neue Abzocke in Sachen Firmeneinträge

Erst kürzlich berichtete ich über die Seite unternehmensdatenbank.info und deren Abzock-Masche. Die Seite branchenauskunft-24.com steht dem in nichts nach. Auch hier wird versucht, Handelnde und Werbetreibende gezielt zu täuschen, um am Ende eine Rechnung von über 2.000 EUR hinterher zu schicken.

Die Masche ist auch hier dieselbe: Geschäftsleute erhalten ein Fax mit der Aufforderung, ihre Firmenangaben zu ergänzen, zu unterzeichnen und das Antwortfax zurückzusenden. In dem Fall an eine Firma in der Türkei (Medya Tanitim Tic LTD, Istanbul). Es sei davor gewarnt, dies auch in jenem Fall zu tun. Am besten man wirft das Telefax einfach unbeachtet in den Papierkorb. Und falls doch unterschrieben wurde, gelten auch hier die gleichen Regeln:

  • der Zahlungsaufforderung widersprechen.
  • Ein möglicher Vertragsabschluss sollte zeitnah widerrufen werden.
  • Hilfsweise sollte man den möglicherweise zustande gekommenen Vertrag anfechten wegen arglistiger Täuschung.
  • Äußerst hilfsweise sollte die Kündigung erklärt werden.
  • sich überlegen, ob man Strafanzeige erstatten will.

OLG Stuttgart: Fernuni Hagen darf Studierenden keine PDF-Auszüge aus Lehrbuch bereitstellen

Das Oberlandesgericht Stuttgart hat mit Urteil vom 4. April 2012 der Fernuni in Hagen verboten, den Studenten Auszüge aus einem Lehrbuch als PDF auf ihrer Online-Plattform bereitzustellen, sofern es sich um mehr als drei Seiten des Buches handelt (OLG Stuttgart, Urteil v. 4. April 2012 – 4 U 171/11).

Die Richter des OLG Stuttgart bestätigen damit eine vorausgegangene Entscheidung des LG Stuttgart im Wesentlichen. Die Fernuni in Hagen darf demnach zunächst keine digitalen Dateien des betreffenden Lehrbuchs im PDF-Format an die Studieren auf der Online-Lernplattform bereitstellen, sofern es sich um mehr als drei Seiten handelt.

Zwar könnte das Vorgehen der Fernuni nach § 52a Abs. 1 UrhG grundsätzlich zulässig sein, hingegen nicht, wie es die Fernuni Hagen macht, in Form von PDF-Dateien auf Online-Lernplattformen, die sich grundsätzlich auch speichern lassen, so damals schon die Richter des Landgerichts. Die Richter kritisierten, dass es sich um ein Format handeln müsse, dass vergleichbar sei mit einer analogen Nutzung. Nur dann könnte das Bereitstellen wie im vorliegenden Fall vom § 52a Abs. 1 UrhG gedeckt sein. Dies sei derzeit nicht der Fall.

Die derzeitige Handhabe, so die Klägerin, gefährde den Absatz des entsprechenden Buches auf dem Markt.

Das Urteil gibt es hier im Volltext. Die Revision wurde zugelassen.

BFH: Einkünfte eines Fußball-Nationalspielers durch den DFB unterliegen der Gewerbesteuer

Der Bundesfinanzhof hatte im Rahmen eines erst kurz zurückliegenden Urteils über die steuerliche Behandlung von Werbeeinnahmen zu befinden, die ein Fußball-Nationalspieler über den DFB bezieht. Die höchsten Richter haben diese Art von Einnahmen nicht der Einkommen-, sondern der Gewerbesteuerpflicht zugeschlagen, weil sie insofern die Unternehmereigenschaft des betreffenden Fußballspielers angenommen haben. Insofern ist damit abschließend geklärt, dass Einkünfte eines Fußball-Nationalspielers durch den DFB der Gewerbesteuer unterliegen und kein Teil seines Arbeitslohns sind (BFH, Urt. v. 22. 2. 2011 – X R 14/10).

Der Kläger war sowohl Lizenzspieler eines Vereins der Fußball-Bundesliga als auch Mitglied der deutschen Fußball-Nationalmannschaft. Der Arbeitsvertrag mit seinem Verein enthielt die Verpflichtung, auf Verlangen des DFB als Nationalspieler tätig zu werden. Daneben verpflichtete der Kläger sich gegenüber dem DFB schriftlich, bei Spielen und Lehrgängen der Nationalmannschaft die vom DFB gestellte Sportkleidung – mit Werbeaufdrucken – zu tragen, sowie an Werbeterminen mit der Nationalmannschaft teilzunehmen. Hierfür erhielt er einen Anteil an den Werbeeinnahmen, die der DFB aus der Vermarktung seiner Nationalmannschaft erzielte.

Der Kläger vertrat die Auffassung, die Werbeeinnahmen seien Teil des über seinen Verein bezogenen Arbeitslohns. Demgegenüber sah das Finanzamt die Einnahmen als gewerblich an. Dies hatte zur Folge, dass neben der Einkommensteuer noch Gewerbesteuer zu entrichten war.

Entscheidung des BFH

Dies hat der BFH nunmehr bestätigt. In steuerrechtlicher Hinsicht unterscheiden sich Gewerbetreibende von Arbeitnehmern dadurch, dass sie mit „Unternehmerinitiative“ und „Unternehmerrisiko“ handeln. Die Unternehmerinitiative des Nationalspielers hat der BFH darin gesehen, dass er hinsichtlich der Werbeleistungen nicht in eine betriebliche Organisation seines Vereins oder des DFB eingegliedert war und in seiner Entscheidung, ob er an den Werbemaßnahmen mitwirken wollte, noch hinreichend frei war. Das Unternehmerrisiko konnte bejaht werden, da einerseits die genaue Höhe der Vergütung ungewiss war und andererseits Ausfallzeiten nicht bezahlt wurden.

Quelle: Eigene mit Pressemitteilung des BFH Nr. 23 v. 11. 4. 2012

KG Berlin: 10.000 Euro Vertragsstrafe können unangemessen hoch sein

Eine Vertragsstrafe, die nach billigem Ermessen vom Unterlassungsgläubiger auf EUR 10.000.- festgesetzt wurde wegen eines nur geringen Verstoßes, kann unangemessen hoch sein. Im vorliegenden Fall setzte das Berliner Kammergericht die Strafe deshalb per Urteil niedriger fest (KG Berlin Urteil v. 27.09.2011 – Az.: 5 U 137/10).

Wer eine Unterlassungserklärung abgibt, der steht auch regelmäßig dafür ein wenn er gegen die darin enthaltenen Gebote verstößt. Schließlich handelt es sich um einen Vertrag, an den man sich zu halten  hat. Nicht nur deshalb empfiehlt es sich, eine Unterlassungserklärung regelmäßig nach dem Hamburger Brauch zu formulieren. Darin wird nämlich kein konkreter Betrag genannt, der im Falle eines schuldhaften Verstoßes zu bezahlen ist. Vielmehr ist eine solche wie folgt oder ähnlich formuliert:

Unterlassungsschuldner (Name, Adresse)

verpflichtet sich ohne Anerkennung einer Rechtspflicht sowie ohne Präjudiz für die Sach- und Rechtslage, gleichwohl rechtsverbindlich,

gegenüber

Unterlassungsgläubiger (Name, Adresse)

es in Zukunft bei Meidung einer für jeden Fall der schuldhaften Zuwiderhandlung von dem Unterlassungsgläubiger zu bestimmenden, im Streitfalle durch das zuständige Gericht zu überprüfenden, angemessenen Vertragsstrafe zu unterlassen,

(hier folgt das zu unterlassende Verhalten).

Die Abgabe einer solchen Erklärung hatte nun einem Beklagten in Berlin einiges an Geld erspart. Wegen Veröffentlichung von Kundendaten hatte er gegen eine solche – nach dem Hamburger Brauch formulierte – Unterlassungserklärung verstoßen und sollte zahlen – 10.000 EUR. Zu viel, wie die Richter des Kammergerichts urteilten.  Aus dem Urteil:

Alles in allem handelt es sich also im konkreten Fall bei dem Fehlverhalten der Beklagten eher um eine „Lappalie“, weshalb die Klägerin die Bestimmung der Vertragsstrafe in Höhe von 10.000 € nicht nach billigem Ermessen getroffen hat und die Bestimmung demzufolge hier durch Urteil zu treffen ist (§ 315 BGB).

Hätte der Beklagte allerdings eine Unterlassungserklärung abgegeben, die von vornherein im Falle eines Verstoßes 10.000 EUR als Strafe vorsieht, wäre er sicher nicht so einfach davon gekommen. Vor allem, wenn der Unterlassungsvertrag zwischen Geschäftsleuten zustande gekommen ist (§ 348 HGB). Dann ist eine Herabsetzung nämlich nur noch unter bestimmten Bedingungen möglich (vgl. BGH, Urt. v. 17.07.2008, I ZR 168/05).