Was darf Werbung?

Dieter Bohlen und Ernst August Prinz von Hannover haben vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) die Bundesrepublik Deutschland verklagt. Dieter Bohlen beanstandet eine Zigarettenwerbung, dessen Text sich auf den Streit über sein Buch „Hinter den Kulissen“ bezieht.

Dieser lautet wie folgt:

                        „Schau mal, lieber Dieter, so einfach schreibt man super Bücher.“ 

Das von Ernst August Prinz von Hannover beanstandete Werbeplakat des gleichen Tabakkonzerns zeigt eine zerknüllte Zigarettenschachtel mit dem Werbetext

                         „War das Ernst? oder August?“ 

Das Oberlandesgericht Hamburg hatte zunächst die Welle für Dieter Bohlen und Ernst August Prinz von Hannover entschieden. Der Zigarettenhersteller wurde zur Bezahlung einer Geldentschädigung in Höhe von 35.000,00 € an Dieter Bohlen und in Höhe von 60.000,00 € an Ernst August Prinz von Hannover verurteilt. Die Revision konnte der Zigarettenhersteller jedoch zu seinen Gunsten entscheiden. Der BGH kam in seinem Urteil zu dem Ergebnis, dass auch Werbung dem Grundrecht der Meinungsfreiheit (Art. 5 GG) unterliegt und Ereignisse von gesellschaftlichem Interesse im Rahmen der Werbung aufgearbeitet werden dürfen, wenn nicht der Eindruck entsteht, dass der Betroffene hinter der Werbung stehe. Die Entscheidung des BGH liegt in einer Linie mit einer Entscheidung in dem sogenannten Bereich des Rechts am eigenen Bild. Der BGH musste sich dabei mit der Frage befassen, ob die Verwendung eines Bildnisses von Oskar Lafontaine im Rahmen einer Werbung des Autovermieters Sixt zulässig ist. Der Autovermieter Sixt hatte den Rücktritt von Oskar Lavontaine als SPD-Finanzminister thematisiert. In dem Werbeplakat waren die Fotos der Regierungsmitglieder zu sehen. Das Bild von Lafontaine war durchgestrichen, und der Werbetext lautete: 

                        „Sixt verleast auch Autos für Mitarbeiter in der Probezeit.“

 Der BGH wies auch hier die Klage ab. Es ist zu begrüßen, dass die Entscheidung des BGH nunmehr noch einmal auf anderer Ebene überprüft wird. Auch Personen der Zeitgeschichte müssen es nicht ertragen, um jeden Preis ohne ihre Einwilligung kommerzialisiert zu werden.

 

 

Spitzenstellungsbehauptung: Wer der Größte sein will, der muss es auch beweisen können

Erst vergangene Woche hat der Bundesgerichtshof zu einem Thema entschieden, das immer wieder – vor allem unter Wettbewerbern – für Streit sorgt: Spitzenstellungsbehauptungen. Wer Werbeslogans mit Superlativen einsetzt wie „Wir sind die Größten auf dem Gebiet…“ oder „Vertrauen Sie dem Marktführer in Sachen…“ der muss im Zweifelsfall auch beweisen können, dass er tatsächlich der Größte ist (BGH, Urt. v. 8. 3. 2012 – I ZR 202/10).

In der Werbung, sei es im Fernsehen oder nur im lokalen Blatt, liest man häufig Werbung oder Aussagen mit sogenannten Spitzenstellungsbehauptungen. Diese sind oft leicht dahin gesagt, aber bringen auch regelmäßig gewisse Gefahren mit sich. Denn wer behauptet, der Größte zu sein oder ein Produkt zu vertreiben, das am meisten verkauft wird, der muss das regelmäßig auch beweisen können.

Im nun entschiedenen Fall vom Bundesgerichtshof fand sich auf der Internetseite von Karstadt im August 2007 unter der Rubrik „Das Unternehmen“ die Angabe, Karstadt sei Marktführer im Bereich Sport. Die Klägerin, die deutsche Organisation der international tätigen Intersport-Gruppe, hat diese Angabe als irreführend beanstandet und Karstadt vor dem Landgericht München auf Unterlassung in Anspruch genommen. Sie hat geltend gemacht, die in ihrem Verbund unter dem Internsport-Logo auftretenden Sportfachgeschäfte hätten im Geschäftsjahr 2005 und 2006 einen höheren Jahresumsatz als die Beklagte erzielt. Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Die dagegen gerichtete Berufung der Beklagten ist erfolglos geblieben.

Tatsächlich ist es so, dass jeder, der eine solche Spitzenstellungsbehauptung für sich einnimmt, diese im Streitfall auch zu beweisen hat. Deshalb sei angeraten, nur dann mit Superlativen um sich zu werfen, wenn die Aussage auch tatsächlich zutrifft. Sonst riskiert man schnell eine Abmahnung, die im Wettbewerbsrecht nie ganz billig ist. Dabei sollten vor allem nachprüfbare Superlative (der Größte, Marktführer, meist verkaufte Produkt seiner Klasse, etc…) vermieden werden. Es gibt auch Behauptungen, die nicht ohne weiteres nachprüfbar sind, z.B. das leckerste Schnitzel der Region, die angenehmste Atmosphäre Hamburgs, etc… Ob das Schnitzel nämlich tatsächlich hier oder dort am leckerstes schmeckt, ist Ansichtssache des Kunden und nicht wirklich nachprüfbar. Im Zweifelsfall sollte ein Anwalt hinzugezogen werden vor Veröffentlichung der Werbung.

Rein rechtlich sind wettbewerbswidrige Spitzenstellungsbehauptungen von §§ 3, 5 Abs. 2 Nr. 1 UWG erfasst. Demnach darf nicht behauptet werden, was nachweislich der Wahrheit zuwider eine Spitzenstellungsbehauptung einnimmt.

Vor allem dann, wenn die angesprochenen Kunden davon ausgehen werden, dass derjenige, der von sich behauptet, der Größte zu sein, einen deutlichen Vorsprung gegenüber seinen Mitbewerbern vorzuweisen hat und dass dieser Vorsprung Aussicht auf eine gewisse Stetigkeit bietet (BGH WRP 2004, 1165; BGH GRUR 1981, 910; BGH GRUR 1991, 850).

Die Beweislast für die Richtigkeit der Aussage liegt übrigens bei demjenigen, der mit ihr wirbt (BGH GRUR 1985, 140 – Größtes Teppichhaus der Welt) und nicht bei dem, der sie angreift.

Würden wir also behaupten, dieses Blog ist das meist gelesene von allen Rechts-Blogs, dann wäre das zwar eine wunderschöne Vorstellung, aber eine abmahnfähige Spitzenstellungsbehauptung. Deshalb bleiben wir lieber bei der Wahrheit.

LG Köln: „Winkeladvokat“ ist eine Beleidigung

Die Richter des LG Köln haben entschieden, dass die Bezeichnung „Winkeladvokat“ eine Beleidigung, strafbar nach § 185 StGB, darstellt. Der Beklagte Anwalt wurde dazu verpflichtet, es fortan zu unterlassen, seinen Kollegen derartig zu bezeichnen (LG Köln, Urteil v. 15.11.2011 – Az. 5 O 344/10).

Ursprünglich hatte sich der eine Kollege wohl nur über einen scheinbar wettbewerbswidrigen Internetauftritt geärgert, weshalb er des anderen Kanzleigeschehen als „Winkeladvokatur“ bezeichnete. Daraus wurde allerdings ein nun vom Landgericht Köln entschiedener Prozess, in dem der Beleidigte Recht bekam.

Als „Winkeladvokaten“ muss er sich nicht bezeichnen lassen und kann den Kollegen auf Unterlassung in Anspruch nehmen. Zudem habe sich der Beklagte auch strafbar gemacht gem. § 185 StGB. Auch wenn dem Begriff des Winkeladvokaten kein eindeutiger Bedeutungsinhalt zukomme, sei er negativ besetzt. Man verstehe darunter eine Person, die nicht in der Lage sei, den Beruf eines Anwalts ordnungsgemäß auszuüben.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, kann aber hier im Volltext nachgelesen werden.

Tatsachenbehauptung oder Werturteil?

Tatsachenbehauptung oder Werturteil? Immer wieder müssen Gerichte und Anwälte im Rahmen äußerungsrechtlicher Streitigkeiten unterscheiden, ob eine Meinung oder eine Tatsachenbehauptung vorliegt. Zu den zahlreichen Entscheidungen, die sich mit dieser Abgrenzung befassen kommt nunmehr noch eine Entscheidung des Landgerichts Hamburg hinzu.

 In dem vom Landgericht Hamburg zu entscheidenden Fall (Az. 324 O 384/10) gab der Antragsgegner einer Tageszeitung ein Interview, welches sowohl in der Printausgabe als auch im Internetangebot veröffentlicht wurde. In dem Interview setzte sich der Antragsgegner unter anderen mit „Skandalen“ in Wien und in Köln auseinander. Unter anderem äußerte er sich wie folgt:

„Vieles, was da in Köln gelaufen ist, ist gar nicht mehr denkbar. Nehmen Sie den früheren Kölner Oberstadtdirektor R. Der hat einen Vertrag für die langjährige Miete der Köln-Arena bzw. des technischen Rathauses unterschrieben, den Stift zur Seite gelegt und ist am nächsten Tag als Geschäftsführer bei E. eingetreten. Also bei der Holding, die mit ihren Immobilienfonds von dieser üppigen Miete lebt.“

Der Antragsteller mahnte den Antragsgegner ab und verlangte die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungsverpflichtungserklärung. Dieses Begehren wurde vom Antragsgegner abgelehnt. Daraufhin erwirkte der Antragsgegner eine einstweilige Verfügung der Kammer, gegen die sich der Widerspruch des Antragsgegners richtete.

Nach nochmaliger Überprüfung des Begehrens des Antragstellers unter Berücksichtigung des Vorbringens des Antragsgegners kam das Landgericht zu dem Ergebnis, dass der geltend gemachte Unterlassungsanspruch nicht besteht. Maßgeblich ist dabei letztendlich, dass der Antragsteller nicht eine innere Tatsachenbehauptung, sondern eine Bewertung seines Verhaltens angreift, die dem Schutz des Art. 5 Grundgesetz Abs. 1 GG unterfällt.

Nach Auffassung des Landgerichts Hamburg handelt es sich bei der angegriffenen Äußerung im Kontext des Interviews um eine zulässige Meinungsäußerung. Eine Meinungsäußerung liegt vor, wenn eine Äußerung nicht dem Beweis zugänglich ist, sich insbesondere nicht dem Kriterium „wahr oder unwahr“ messen lässt, sondern vom Element der Stellungnahme und des Dafürhaltens gekennzeichnet ist, also ein Vorgang oder Zustand an einem vom Kritiker gewählten Maßstab misst (vergleiche BVerfG, NJW 1983 Seite 1415).

Das Landgericht Hamburg kam mithin zu dem Schluss, dass wenn sich jemand unter dem Aspekt „skandalöser“ Ereignisse mit bestimmten Vorgängen befasst, dass dann der Begriff „skandalös“ bereits darauf hindeutet, dass die Darstellung eine Bewertung der geäußerten Vorgänge darstellt, nicht aber einen Eindruck im Sinne eines tatsächlichen Geschehens ausdrücken will.

Letztendlich wird es bei Abgrenzungsfragen in diesem Bereich immer wieder auf den Einzelfall ankommen.

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Zulässigkeit von Vorschaubildern in Internetsuchmaschinen

Das Landgericht Hamburg musste entscheiden, ob ein Unternehmen, welches eine Internetsuchmaschine betreibt, es zu unterlassen hat, bestimmte Fotos als so genannte Vorschaubilder im Internet öffentlich zugänglich zu machen.

Die Klägerin, Betreiberin eines Online-Magazins im Internet, welche Beiträge aus dem Bereich der klassischen Musik anbietet, musste feststellen, dass bei Eingabe des Namens „M“ in die Suchmaschine der Beklagten im Suchergebnis 10 Fotos als Vorschaubilder angezeigt wurden, von denen die Klägerin meinte, dass sie die exklusiven Nutzungsrechte daran habe. Sie hat deshalb von der Beklagten die Unterlassung verlangt.

Das Landgericht Hamburg hat in seiner Entscheidung vom 12.04.2011, Az. 310 O 201/10 entschieden, dass die Darstellung eines Werks als Vorschau im Bild in der Trefferliste einer Suchmaschine eine öffentliche Zugänglichmachung des Werks im Sinne des § 19 a UrhG darstellt (vgl. BGH, Urteil vom 29.02.2010, Az. I ZR 69/08, MMR 201 0,475 – „Vorschaubilder“). Diese öffentliche Zugänglichmachung ist jedoch nach Auffassung des Landgerichts Hamburg nicht rechtswidrig. Nach der „Vorschaubilder“-Entscheidung des BGH kann es der Betreiber einer Suchmaschine als Einverständnis werten, dass Fotos eines Rechtsinhabers in dem bei der Bildersuche üblichen Umfang genutzt werden dürfen, wenn der Rechteinhaber den Inhalt seiner Internetseite für den Zugriff durch Suchmaschinen zugänglich macht und nicht von bestehenden technischen Möglichkeiten Gebrauch macht, um die Fotos von der Suche und der Anzeige durch Bildersuchmaschinen in Form von Vorschaubildern auszunehmen. Ein Berechtigter, der Texte oder Bilder im Internet ohne Einschränkungen frei zugänglich macht, muss nach Auffassung des Landgerichts Hamburg, damit rechnen, dass diese nach den üblichen Nutzungshandlungen vorgenommen werden.

 Bildnachweis: Gerd Altmann/pixelio.de 

Zitate in der Berichterstattung

 Die ehemalige Tagessprecherin, Eva Herman, klagte gegen ein Zitat im „Hamburger Abendblatt“. Der Bundesgerichtshof hat nunmehr entschieden, dass das Allgemeine Persönlichkeitsrecht der Journalistin nicht beinträchtigt ist.

 Dem Rechtsstreit lag ein Zitat der ehemaligen Tagesschausprecherin aus einer Pressekonferenz aus dem Jahr 2007 zu Grunde, welches ihrer Ansicht nach durch das „Hamburger Abendblatt“ falsch wiedergegeben worden sei und sie dadurch in ihren Persönlichkeitsrechten verletzt werde. Das Hamburger Abendblatt wurde auf Unterlassung, Richtigstellung und auch Zahlung einer Geldentschädigung in Anspruch genommen. In den Vorinstanzen hatte Eva Herman im Wesentlichen mit ihrem Begehren Erfolg. 

Der BGH hat in seiner Entscheidung vom 21.6.2011, Az.: VI ZR 262/09 nun entschieden, dass die beanstandete Berichterstattung das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Journalistin nicht beeinträchtige. Der Artikel hat nach Auffassung des BGH die Äußerung von Frau Eva Hermann weder unrichtig noch verfälscht oder entstellt wiedergegeben. Die Äußerung lasse im Zusammenhang betrachtet, gemessen an der Wortwahl, Kontext der Gedankenführung und Stoßrichtung nur die Deutung zu, die das Hamburger Abendblatt ihr beigemessen habe.

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