BGH erlaubt Influencer:innen Produktbeiträge ohne Werbehinweis

Nach der Entscheidung des BGH (I ZR 126/20, I ZR 90/20, I ZR 125/20) dürfen Influencer und Influencerinnen beispielsweise über Tap Tags auf Produkte verweisen, ohne dies als Werbung zu kennzeichnen.

Anders sei dies nur zu beurteilen, wenn man für die werbenden Posts eine Gegenleistung erhalten würde oder die Beiträge nach dem Gesamteindruck „übertrieben werblich“ seien, etwa weil ohne kritische Distanz und über sachliche Informationen hinaus allein die Vorzüge eines Produkts lobend hervorgehoben würden. Bei einer Verlinkung auf eine Internetseite des Herstellers des abgebildeten Produkts liegt dagegen regelmäßig ein werblicher Überschuss vor.

Ein Beitrag verstößt in diesen Fällen gegen § 5 Abs. 6 UWG, wenn der kommerzielle Zweck dieses Beitrags, den Absatz von Produkten zu fördern, nicht hinreichend kenntlich gemacht ist und sich auch auch nicht aus den Umständen ergibt. Für den Verbraucher muss gerade der Zweck eines Beitrags, ein fremdes Unternehmen zu fördern, erkennbar sein.

Angemessene Vergütung für Kameramann von „Das Boot“

Der Rechtsstreit des Kameramanns des Films „Das Boot“ um eine angemessene Vergütung geht weiter. Nachdem der Kameramann vor dem LG München I teilweise Erfolg hatte, sprach ihm das OLG München 400.000,00 € zu.

In dem Revisionsverfahren vor dem BG hat dieser nunmehr festgestellt, (Urteil vom 01.04.2021 – I ZR 9/18) dass bei der Berechnung der Ansprüche des Kameramanns Fehler gemacht wurden.

Das Oberlandesgericht habe für das maßgebliche auffällige Missverhältnis die gesamte erhaltene Vergütung in Höhe von rund 104.000,00 € gegenüber jedem einzelnen Beklagten zugrunde gelegt und dabei nicht berücksichtigt, dass es bei der Prüfung des auffälligen Missverhältnisses gem. § 32 a Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 UrhG ausschließlich auf das Verhältnis zwischen dem Urheber und den auf weitere Beteiligungen in Anspruch genommene Nutzungsberechtigten ankomme.

 Gäbe es – wie im vorliegenden Fall – einen Vertragspartner der mehreren unterschiedliche Nutzungsrechte eingeräumt hat, müsse bei der Prüfung des auffälligen Missverhältnisses jeweils der – zu schätzende – Teil der vereinbarten Gegenleistung, der auf die von dem jeweiligen Nutzungsberechtigten verwerteten Nutzungsrechte entfällt, ins Verhältnis zu den von diesem Nutzungsberechtigten erzielten Erträgen und Vorteilen gesetzt werden.

Kein Entschädigungsanspruch wegen Versagung des Zutritts zu einer Musikveranstaltung

Der BGH hat einen Entschädigungsanspruch wegen Verweigerung des Zutritts zu einer Veranstaltung in seiner Entscheidung vom 05.05.2021 (VII ZR 78/20) abgelehnt.

Dem Urteil lag folgender Sachverhalt zugrunde:

Der 44-jährige Kläger wollte ein von der Beklagten veranstaltetes Open-Air-Event besuchen, bei dem über 30 DJs elektronische Musik auflegten. Die Veranstaltung hatte eine Kapazität von maximal 1.500 Personen, ein Vorverkauf fand nicht statt. Ein Ticket konnte erst nach Passieren der Einlasskontrolle erworben werden. Dem Kläger wurde der Einlass verwehrt.

Die Beklagte teilte dem Kläger mit, Zielgruppe der Veranstaltung seien Personen zwischen 18 und 28 Jahren gewesen. Aufgrund der beschränkten Kapazität und um den wirtschaftlichen Erfolg einer homogen in sich feiernden Gruppe nicht negativ zu beeinflussen, habe es die Anweisung gegeben, dem optischen Eindruck nach altersmäßig nicht zur Zielgruppe passende Personen abzuweisen.

Der Kläger vertrat die Auffassung, dass in der Verweigerung des Zutritts eine Benachteiligung wegen des Alters liege und ihm daher ein Entschädigungsanspruch zustehe. Er hat von der Beklagten die Zahlung von 1.000 € sowie den Ersatz der Kosten eines vorangegangenen Schlichtungsverfahrens in Höhe von 142,80 € verlangt.

Die Klage ist in beiden Vorinstanzen erfolglos geblieben. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision hat der Kläger sein Klagebegehren weiterverfolgt.

Der Bundesgerichtshof hat die Revision des Klägers zurückgewiesen.

Nach Auffassung des BGH ist der Vertrag über den Zutritt zu der hier betroffenen Veranstaltung kein „Massengeschäft“ im Sinne von § 19 Abs. 1 Nr. 1 Fall 1 AGG. Hierunter sind zivilrechtliche Schuldverhältnisse zu verstehen, die typischerweise ohne Ansehen der Person zu vergleichbaren Bedingungen in einer Vielzahl von Fällen zustande kommen. Das ist der Fall, wenn der Anbieter im Rahmen seiner Kapazitäten grundsätzlich mit jedermann abzuschließen bereit ist. Hingegen liegt ein Ansehen der Person vor, wenn der Anbieter seine Entscheidung über den Vertragsschluss erst nach Würdigung des Vertragspartners trifft. Ob persönliche Merkmale typischerweise eine Rolle spielen, bestimmt sich nach einer allgemeinen, typisierenden Betrachtungsweise, bei der auf die für vergleichbare Schuldverhältnisse herausgebildete Verkehrssitte abzustellen ist.

Eine Verkehrssitte, dass zu öffentlichen Veranstaltungen, die mit dem hier betroffenen Schuldverhältnis vergleichbar sind, jedermann Eintritt erhält, gibt es nach Ansicht des Bundesgerichtshofes nicht. Soweit öffentlich zugängliche Konzerte, Kinovorstellungen, Theater- oder Sportveranstaltungen im Regelfall dem sachlichen Anwendungsbereich des zivilrechtlichen Benachteiligungsverbots nach § 19 Abs. 1 Nr. 1 AGG unterfallen, weil es der Verkehrssitte entspricht, dass dort der Eintritt ohne Ansehen der Person gewährt wird, ist für diese Freizeitangebote charakteristisch, dass es den Veranstaltern – meist dokumentiert durch einen Vorverkauf – nicht wichtig ist, wer ihre Leistung entgegennimmt. Das unterscheidet sie maßgeblich von Party-Event-Veranstaltungen wie der vorliegenden, deren Charakter in der Regel auch durch die Interaktion der Besucher geprägt wird, weshalb der Zusammensetzung des Besucherkreises Bedeutung zukommen kann. Dass auch bei solchen Veranstaltungen gleichwohl nach der Verkehrssitte jedermann Eintritt gewährt wird, macht der Kläger nicht geltend.

Der Vertrag über den Zutritt zu der von der Beklagten durchgeführten Veranstaltung war nach Ansicht des Bundesgerichtshofes auch kein „massengeschäftsähnliches“ Schuldverhältnis im Sinne von § 19 Abs. 1 Nr. 1 Fall 2 AGG. Diese Rechtsverhältnisse kennzeichnet, dass persönliche Eigenschaften des Vertragspartners zwar bei der Entscheidung, mit wem der Vertrag geschlossen werden soll, relevant sind, sie aber angesichts der Vielzahl der abzuschließenden Rechtsgeschäfte an Bedeutung verlieren, weil der Anbieter, von atypischen Fällen abgesehen, bereit ist, mit jedem geeigneten Partner zu vergleichbaren Konditionen abzuschließen. In welchem Umfang ein Ansehen einer Person relevant ist, bestimmt sich nach der Art des zu betrachtenden Schuldverhältnisses in seiner konkreten Ausprägung.

Bei Schuldverhältnissen wie öffentlichen Party-Event-Veranstaltungen kann die Zusammensetzung des Besucherkreises deren Charakter prägen und daher ein anerkennenswertes Interesse des Unternehmers bestehen, hierauf Einfluss zu nehmen. Soweit der Veranstalter deshalb sein Angebot nur an eine bestimmte, nach persönlichen Merkmalen definierte Zielgruppe richtet und nur Personen als Vertragspartner akzeptiert, die die persönlichen Merkmale der Zielgruppe erfüllen, kommt diesen Eigenschaften nicht nur nachrangige Bedeutung zu. Diese Willensentscheidung ist hinzunehmen; wenn dabei auch das Merkmal „Alter“ betroffen ist, steht dies  nach Auffassung des Bundesgerichtshofes nicht entgegen.

Verwendung von Promi-Fotos zu Werbezwecken

Der Bundesgerichtshof hat in zwei Urteilen vom 21.01.2021 (Az. I ZR 120/19 und Az. I ZR 207/19)) bestätigt, dass Medien Bilder von Prominenten Personen nicht ohne Zustimmung zu Werbezwecken verwenden dürfen, wenn die Prominenten mit dem Thema, um das es geht, nichts zu tun haben.

Eine Programmzeitschrift hatte das Bildnis von Günther Jauch auf Facebook mit Fotos von anderen Moderatoren mit dem Hinweis, dass einer davon an Krebs erkrankt sei, veröffentlich.

Diejenigen, die den Bericht anklickten, kamen zu dem Bericht in dem Günther Jauch jedoch nicht erwähnt wurde.

In dem zweiten Urteil ging es darum, das die „Bild am Sonntag“ im Zusammenhang mit einem sogenannten „Urlaubs-Lotto“ ein Foto mit Sascha Hehn als Kapitän des ZDF-Traumschiffs und zwei anderen Schauspielern in ihrem Traumschiff verwendet hatte. Über eine kostenpflichtige Telefonnummer konnten Teilnehmer Geld oder eine Kreuzfahrt gewinnen.

Auch in diesem Fall vertrat der Bundesgerichtshofs die Auffassung, dass das Bildnis unzulässiger Weise für Werbezwecke verwendet wird.

Die Urteile sind zu begrüßen, da sie die Durchsetzung der Rechte der Abgebildeten stärken und festgestellt wird, dass selbst wenn die abgebildeten Personen einen gewissen Bekanntheitsgrad haben, ihr Bildnis nicht schrankenlos für Werbung verwendet werden darf.

„Metall auf Metall“ – Sampling. Eine Never Ending Story?

Nachdem der Europäische Gerichtshof im Juli 2019 (Az. EuGH, Urteil vom 29.07.2019, Az. C-476/17) entschieden hat, dass Sampling ohne Erlaubnis grundsätzlich möglich sein kann, musste sich nunmehr der Bundesgerichtshof („Metall auf Metall IV vom 30.04.2020, Az. I ZR 115/16) erneut mit dieser Fragestellung und dem Fall „Metall auf Metall“ befassen.

Zur Erinnerung:

I.
Der folgende Sachverhalt lag der Entscheidung zugrunde:

1.
Die Kläger sind Mitglieder der Musikgruppe „Kraftwerk“. Diese veröffentlichte im Jahr 1977 einen Tonträger, auf dem sich das Musikstück „Metall auf Metall“ befindet. Die Beklagten hatten zwei Sekunden einer Rhythmussequenz aus dem Titel „Metall auf Metall“ „gesampelt“ und in dem Titel „Nur mir“ in fortlaufender Wiederholung unterlegt. Die Kläger haben die Beklagten auf Unterlassung, Feststellung der Schadensersatzpflicht, Auskunftserteilung und Herausgabe der Tonträger zum Zwecke der Vernichtung verklagt. Die Interpretin des Titels „Nur mir“ ist die Sängerin Sabrina Setlur. Produzent des Titels ist Moses Pelham.

2.
Das Landgericht Hamburg und das Oberlandesgericht Hamburg hatten zunächst der Band Kraftwerk Recht gegeben (Urteil vom 08.10.2004, Az. 308 O 19/99 und Urteil vom 07.06.2006, Az. 5 U 48/05).

3.
Der Beklagte Moses Pelham legte gegen die Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamburg Revision ein. Der BGH schloss sich allerdings in „Metall auf Metall I“ der Auffassung der Richter des Oberlandesgerichts Hamburg an, dass ein Eingriff in das Tonträgerherstellerrecht durch das Sampling vorlege (Urteil vom 20.11.2008, Az. I ZR 112/06).

Allerdings hatte das Oberlandesgericht Hamburg in seiner Entscheidung nicht überprüft, ob der Eingriff durch das Recht zur freien Benutzung nach § 24 Abs. 1 UrhG gerechtfertigt sei. Der BGH verwies daher den Rechtsstreit an das OLG Hamburg zurück.

4.
Das Oberlandesgericht Hamburg (Urteil vom 17.08.2011, Az. 5 U 48/05) entschied daraufhin, dass § 24 Abs. 1 UrhG nicht einschlägig sei, da es dem Beklagten möglich gewesen wäre, die entnommene Sequenz selbst einzuspielen. Das Recht auf freie Benutzung des Kraftwerk Samples im Song von Sabrina Setlur wurde mithin abgelehnt.

5.
In seiner Entscheidung „Metall auf Metall II“ wies der Bundesgerichtshof die von Moses Pelham eingelegte Revision (Urteil vom 13.12.2012, Az. I ZR 182/11) zurück. Der BGH sah weiterhin einen Eingriff in das Recht der Tonträgerhersteller gegeben. Die Rhythmus-Sequenz aus „Kraftwerk“ Titel durfte nicht im Song von Sabrina Setlur verwendet werden.

6.
Moses Pelham gab sich mit dieser Entscheidung nicht zufrieden und reichte Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht ein. Das Bundesverfassungsgericht gab diese mit Urteil vom 31.05.2016 (Az. 1 BvR 1 585/13) statt. Nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts sind die Vorschriften des § 85 Abs. 1 Satz 1 UrhG und
§ 24 Abs. 1 UrhG so auszulegen, dass sie sowohl mit dem Recht auf geistiges Eigentum
(Art. 14 GG) als auch mit der Kunstfreiheit (Art. 5 Abs. 3 GG) vereinbart sein müssen.

Es kann daher möglich sein, dass beim „Sampling“ die Rechte des Tonträgerherstellers und hinter der Kunstfreiheit zurückstehen müssen. Eine Rechtfertigung für den Eingriff bestand nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts nicht. Die von den Vorinstanzen herangezogene Kriterium, ob das Sample nachgespielt oder kopiert worden sei, sei kein Kriterium. Zum einen sei der Unterschied schwer festzustellen, darüber hinaus erlitten die Tonträgerhersteller bei der lizenzfreien Übernahme kleinster Rhythmus-Sequenzen keinen wirtschaftlichen Nachteil.

Die Entscheidungen des Bundesgerichtshofs und des Oberlandesgerichts Hamburg wurden mithin vom Bundesverfassungsgerichts aufgehoben und die Sache erneut an den Bundesgerichtshof verwiesen. Der BGH legte die Angelegenheit dem Europäischen Gerichtshof vor (Beschluss vom 01.06.2017. Az. I ZR 115/16 – Metall auf Metall III).

a)
Der BGH wollte vom EuGH zunächst wissen, ob durch Sampling überhaupt ein Eingriff in das Recht des Tonträgerherstellers zur Vervielfältigung und Verbreitung vorliegt.

Diese Frage wurde vom dem EuGH bejaht. Nach Auffassung des EuGH´s kann Sampling eine urheberrechtsverletzende Vervielfältigung sein. Es ist das ausschließliche Recht des Tonträgerherstellers, die Vervielfältigung seines Tonträgers zu erlauben oder zu verbieten, dass ein Dritter ein – auch nur sehr kurzes – Audiofragment seines Tonträgers nutzt, um es in einen anderen Tonträger einzufügen. Nach Auffassung der EuGH liegt hier jedoch eine genehmigungspflichtige Vervielfältigung nicht vor, wenn dieses Fragment in den anderen Tonträger in geänderter und beim Hören nicht wieder erkennbarer Form eingefügt wird.

Ferner wollte der BGH wissen, ob das Recht zur freien Benutzung im § 24 Abs. 1 UrhG des Tonträgerherstellers beschränken darf und eine solche Beschränkung europarechtskonform ist.

b)
Nach Auffassung des EuGH ist der § 24 UrhG mit dem Unionsrecht nicht vereinbar. Das EU-Urheberrecht hat bereits einen Ausgleich zwischen den Interessen der Nutzer, Urheber und Verwerter von Werken getroffen und bestimmte Ausnahmen geschaffen. Diese sind abschließend. Ein Mitgliedstaat darf in seinem nationalen Recht keine weiteren Ausnahmen vorsehen, die nicht in Art. 5 der Richtlinie 2001/29/EG vorgesehen sind.

c)
Ferner wollte der EuGH wissen, ob Sampling unter die Beschränkung des Zitatrechts fällt. Der EuGH führte hierzu aus, das fremde Werk nicht erkennbar ist, schon kein Eingriff in das Vervielfältigungsrecht vorliegt und es mithin nicht auf das Zitatrecht ankommt. Umgekehrt ist die Erkennbarkeit eine Grundvoraussetzung des Zitats. Ein Zitat liegt dabei insbesondere vor, wenn das Sample das Ziel hat, mit dem Ursprungswerk zu interagieren.

8.
Unter Berücksichtigung der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs landete nunmehr der Fall erneut als „Metall auf Metall IV“ beim Bundesgerichtshof. (Urteil vom 30.04.2020 – I ZR 115/18)

Aufgrund der im Dezember 2002 eingeführten Urheberrechtsrichtlinie 2001/29 EG unterscheidet der BGH zwischen der rechtlichen Situation vor dieser europäischen Harmonisierung und danach. Im Zeitraum vor Dezember 2002 kommt die freie Benutzung in Betracht. Dies bedeutet, dass bei dieser Art der Weiternutzung es sich schon gar nicht erst um eine geschützte Vervielfältigung handelt.

Nach der bisherigen Rechtslage spricht vieles dafür, dass bis zum Dezember 2002 daher Moses Pelham ungefragt die Samples nutzen durfte.

Für den Zeitraum nach Dezember 2002 ist die Situation anders zu beurteilen. Hier kommt es nicht auf die Dauer des Audioausschnittes, sondern allein auf die Wiedererkennbarkeit an. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts haben die Beklagten die Rhythmus-Sequenz zwar leicht geändert, aber in höherer wiedererkennbarer Form in ihren neuen Tonträger übernommen. Danach würde eine Vervielfältigung vorliegen, womit es dann letztendlich auf die Erlaubnis seitens Kraftwerk ankommen würde.

Die Ausnahmebestimmung des Zitatrechts (§ 51 UrhG) führt zu keiner anderen Beurteilung, da es nach Auffassung des BGH´s im konkreten Fall an einer Markierung für das Zitat, scheidet diese als Schranke aus, weil kein Anhaltspunkt dafür besteht, dass die Hörer – wie für ein Zitat erforderlich – annehmen könnten, die dem Musikstück „Nur mir“ unterlegte Rhythmus-Sequenz sei einem fremden Werk oder Tonträger entnommen worden.

Nunmehr muss erneut das OLG Hamburg entscheiden, insbesondere zu der Frage, ob auch nach 2002 überhaupt noch Vervielfältigungen vorgenommen worden sind.

Was bedeutet dies alles nun für Künstler und Produzenten?

Dies bedeutet zunächst für diejenigen, die mit Samples arbeiten, darauf zu achten ist, dass das Sample in geänderter und beim Hören nicht wieder erkennbarer Form eingefügt wird. Für die ursprünglichen Produzenten der verwendeten Samples scheint hingegen dann ein Vorgehen erfolgversprechend, wenn das Sample beim Hören eindeutig wieder erkennbar ist. In diesem Fall stehen dann dem Verletzten u.a. Ansprüche auf Unterlassung und Schadensersatz zu.

Sampling – Quo Vadis.

 Mit Spannung hat die deutsche Musik-Branche die gestrige Entscheidung des Europäischen Gerichthofes (EuGH, Urt. v. 29.7.2019 – C-476/17) entgegen gesehen. Ist Samplen ohne Zustimmung des Rechteinhabers zulässig? Der Entscheidung lag der folgende Sachverhalt zugrunde: Die Musikgruppe Kraftwerk veröffentlichte im Jahr 1977 einen Tonträger, auf dem sich das Musikstück Metall auf Metall befindet. Die Beklagten sind die Komponisten des Musikstücks „Nur mir“, das im Jahr 1997 auf Tonträgern der Pelham GmbH erschienen ist. Zwei Mitglieder der Gruppe Kraftwerk, die Kläger, machen geltend, Pelham habe etwa zwei Sekunden einer Rhythmussequenz aus dem Titel Metall auf Metall mit Hilfe der Sampling-Technik kopiert und dem Titel „Nur mir“ in fortlaufender Wiederholung unterlegt. Die Kläger sind der Auffassung sind, dass die ihnen als Produzenten des Tonträgers zustehende Leistungsschutzrechte verletzt wurden und verlangen u. a. Unterlassung, Schadensersatz. In seinem Urteil weist der Gerichtshof zunächst darauf hin, dass die Tonträgerhersteller das ausschließliche Recht haben, die Vervielfältigung ihrer Tonträger ganz oder teilweise zu erlauben oder zu verbieten. Folglich ist die Vervielfältigung eines – auch nur sehr kurzen – Audiofragments, das einem Tonträger entnommen wurde, durch einen Nutzer grundsätzlich eine teilweise Vervielfältigung dieses Tonträgers, so dass eine solche Vervielfältigung unter das ausschließliche Recht des Tonträgerherstellers fällt. Keine „Vervielfältigung“ liegt jedoch vor, wenn ein Nutzer in Ausübung seiner Kunstfreiheit einem Tonträger ein Audiofragment entnimmt, um es in geänderter und beim Hören nicht wiedererkennbarer Form in ein neues Werk einzufügen. Mit dem Urteil widerspricht der EuGH dem Schlussantrag des Generalanwalts. Der hatte in Übereinstimmung mit den bisherigen Urteilen des BGH dafür plädiert, dass das Sampling ohne Zustimmung des Urhebers immer einen Eingriff in dessen Rechte darstelle. Mit seinem Urteil stimmt der EuGH mit dem Bundesverfassungsgericht überein, das sich 2016 gegen den BGH wandte (Az. 1 BvR 1585/13 und unter Berücksichtigung der Kunstfreiheit, Sampling auch unter bestimmten Voraussetzungen ohne Zustimmung des Produzenten für rechtmäßig erachtet hat. Die entscheidende Frage wird sein, unter welchen Voraussetzungen erkennt der Zuhörer die Übereinstimmung und wann liegt ein Handeln in Ausübung der Kunstfreiheit vor. Zur Rechtsicherheit hat die Entscheidung noch nicht beigetragen. Es kann eine Orientierungshilfe sein. Letztendlich muss jetzt aber der BGH erneut entscheiden.

MIDEM 2019 – Cannes: Legal Summit in association with the IAEL

At the Midem 2019 in Cannes the Legal Summit in Cooperation with the International Association of Entertainment Lawyers (IAEL) will took place on June 5th.  As a speaker I  represented the „Metall auf Metall“ case pending on the ECJ:

The Facts:

The two plaintifs are members of the musical group Kraftwerk, which released  in 1977, a phonogram containing the work entitled „Metall für Metal“l.  Defendant is the producer of a phonogram containing the work entitled “Nur mir“.  The Plaintifs claim that Defendant copied, using the sampling technique, approximately two seconds of a rhythm sequence from the song „Metall auf Metall“ and incorporated them, as a continuous loop, with minimal changes and recognisably, in the song „Nur mir“. Being of the view that this infringed the related right which they held as producers of the phonogram  Plaintifs requested, inter alia, the termination of the infringement, the award of damages and the surrender of the phonograms for the purposes of their destruction.

In those circumstances, the Bundesgerichtshof (Federal Court of Justice, Germany), hearing the case, referred a number of questions to the Court of Justice for a preliminary ruling concerning the interpretation of EU law on copyright and related rights, and fundamental rights.
In its Opinion, Advocate General notes, firstly, that a phonogram is a fixation of sounds which is protected, not by virtue of the arrangement of those sounds, but rather on account of the fixation itself. It is therefore protected as an indivisible whole. The reproduction of such a recording is therefore the exclusive right of the producer of that phonogram.
The Advocate General points out in that regard that producers can exploit phonograms in other ways than by selling copies, such as authorising sampling and generating income therefrom. Furthermore, he considers that the right to the protection of the phonogram is a right which exists and applies independently of the protection of the work possibly featured in that phonogram. Accordingly, the scope of protection of a phonogram is in no way subject to the scope of protection of the work that it may possibly contain. The need to obtain a licence for such use does not, restrict artistic freedom to an extent which goes beyond the usual constraints of the market, especially as these new works often generate substantial income for their authors and producers. For those reasons, Advocate concludes that sampling infringes the exclusive right of the producer of the first phonogram.(Get a license or do not sample.) The Advocate General shares the Federal Court of Justice view that sampling constitutes an infringement on the rights of the phonogram producer and, unlike the BVerfG, denies that artistic freedom takes precedence. Should the European Court of Justice follow the opinion of the Advocate General, this would, from the point of view of copyright law, mean the final end of sampling without the consent of the producer of the protected phonogram, which has been distributed for decades, and would significantly strengthen the rights of phonogram producers.

Verlegerbeteiligung: Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen

Der Bundesgerichtshof hat  nach Angaben der GEMA mit Beschluss vom 18.10.2017 die Nichtzulassungsbeschwerde der GEMA gegen das Urteil des Kammergerichts Berlin zurückgewiesen. Das Kammergericht Berlin hatte in seinem Urteil vom  14.11.2016 (Az.: 24 U 96/14)  festgestellt, dass eine Beteiligung der Verleger an Ausschüttungen der GEMA an die Urheber nur unter bestimmten Bedingungen zulässig ist.

BGH: Beurteilung von Satire – Gesamtzusammenhang ist entscheidend

Der BGH musste sich mit dem folgenden Sachverhalt auseinandersetzen:

In einer ZDF-Satire-Sendung stand das Thema Berichterstattung über Sicherheitspolitik und die Unabhängigkeit von Journalisten zur Diskussion. In der Satire-Sendung haben  die Kabarettisten den Herausgebern einer bekannten Wochenzeitung eine zu große Nähe zu politischen Organisationen nahegelegt, die ihnen nicht ermöglichen als unabhängige Journalisten zu handeln.  Die Kläger waren der Auffassung, im Rahmen des satirischen  Dialogs sei die unzutreffende Tatsachenbehauptung aufgestellt worden, sie seien Mitglieder, Vorstände oder Beiräte in acht bzw. drei Organisationen, die sich mit sicherheitspolitischen Fragen befassen. Das Hanseatische Oberlandesgericht hatte dem Klageantrag der Herausgeber der Zeitung auf Unterlassung der angegriffenen Äußerungen stattgegeben (Urteile vom 08.09.2015, AZ: 7 U 120/14 und 7 U 121/14).

 Der BGH hat die Klagen zurückgewiesen (Urteil vom 10.01.2017, AZ: VI ZR 561/15 und VI ZR 562/15).

 In der entsprechenden Pressemitteilung führt der BGH diesbezüglich wie folgt aus:

Die vom Senat zugelassenen Revisionen haben zur Aufhebung der Berufungsurteile und zur Abweisung der Klage geführt, weil das Berufungsgericht den angegriffenen Äußerungen einen unzutreffenden Sinninhalt entnommen hat. Bei korrekter Ermittlung des Aussage-Gehalts haben die Kabarettisten die oben genannten Aussagen nicht getätigt, sodass sie nicht verboten werden können. Zur Erfassung des Aussagegehalts muss eine Äußerung stets in dem Gesamtzusammenhang beurteilt werden, in dem sie gefallen ist. Äußerungen im Rahmen eines satirischen Beitrags sind zudem zur Ermittlung ihres eigenen Aussage-Gehalts von ihrer satirischen Einkleidung, der die Verfremdung wesenseigen ist, zu entkleiden. Bei dem satirischen Fernsehbeitrag ist in den Blick zu nehmen, welche Botschaft bei einem unvoreingenommenen und verständigen Zuschauer angesichts der Vielzahl der auf einen Moment konzentrierten Eindrücke ankommt. Dies zugrunde gelegt lässt sich in dem Sendebeitrag im Wesentlichen nur die Aussage entnehmen, es bestünden Verbindungen zwischen den Klägern und in der Sendung genannten Organisationen. Diese Aussage ist zutreffend.

 Der BGH hat damit noch einmal klar herausgearbeitet, dass bei satirischen Äußerungen der eigentliche Aussagegehalt zu ermitteln ist und dabei der Gesamtzusammenhang entscheidend ist.

 

 

Verwendung von Samples zur künstlerischen Gestaltung

Das Bundesverfassungsgericht (Urteil vom 31.05.2016 – 1 BvR 1585/13) hat mit einem heute verkündeten Urteil entschieden, dass wenn der künstlerischen Entfaltungsfreiheit ein Eingriff in das Tonträgerherstellerrecht gegenübersteht, der die Verwertungsmöglichkeiten nur geringfügig beschränkt, die Verwertungsinteressen des Tonträgerherstellers zu Gunsten der Freiheit der künstlerischen Auseinandersetzung zurücktreten können.

Das Bundesverfassungsgericht hat damit einer Verfassungsbeschwerde stattgegeben, welche die Frage betraf, in wie weit sich Musikschaffende bei der Übernahme von Ausschnitten aus fremden Tonträgern im Wege des sogenannten Sampling gegenüber leistungsschutzrechtlichen Ansprüchen der Tonträgerhersteller auf die Kunstfreiheit berufen können. Im entschiedenen Fall ging es um die Übernahme einer zweisekündigen Rhythmussequenz aus der Tonspur des Musikstücks „Metall auf Metall“ der Band „Kraftwerk“ in dem Titel „Nur mir“.

Zunächst hat das Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil festgehalten, dass die gesetzlichen Vorschriften über das Tonträgerherstellerrecht (§ 85 Abs. 1 S. 1 UrhG) und das Recht auf freie Benutzung (§ 24 Abs. 1 UrhG) mit der Kunstfreiheit aus Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG und dem Eigentumsschutz aus Art. 14 Abs. 1 GG vereinbar sind. Sie geben den mit ihrer Auslegung und Anwendung betrauten Gerichten hinreichende Spielräume, um zu einer der Verfassung entsprechenden Zuordnung der künstlerischen Betätigungsfreiheit einerseits und des eigentumsrechtlichen Schutzes des Tonträgerherstellers andererseits zu gelangen.

Das Bundesverfassungsgericht hat in seiner Entscheidung betont, dass die Zivilgerichte bei der Auslegung und Anwendung des Urheberrechts dem Gesetz zum Ausdruck kommende Interessenabwägung zwischen dem Eigentumsschutz der Tonträgerhersteller und den damit konkurrierenden Grundrechtspositionen nachzuvollziehen haben und dabei unverhältnismäßige Grundrechtsbeschränkungen zu vermeiden sind.

Eine Abwägung erfolgt zwischen dem Interesse der Urheber, die Ausbeutung ihrer Werke zu kommerziellen Zwecken ohne Genehmigung zu verhindern und dem durch die Kunstfreiheit geschützten Interesse anderer Künstler, ohne finanzielle Risiken oder inhaltlichen Beschränkungen im künstlerischen Dialog andere Werke aufgreifen zu können.  

Das Bundesverfassungsgericht hat die Annahme des Bundesgerichtshofs, nämlich, dass die Übernahme selbst kleinster Tonsequenzen einen unzulässigen Eingriff in das Tonträgerherstellerrecht der Kläger darstellt, soweit der übernommene Ausschnitt gleichwertig nachspielbar ist zurückgewiesen und zu Gunsten der Kunstfreiheit entschieden.

Nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts ist zu berücksichtigten, dass wenn der Musikschaffende, der unter Einsatz von Samples ein neues Werk schaffen will, nicht völlig auf die Einbeziehung des Samples in das neue Musikstück verzichten will, ihn die enge Auslegung der freien Benutzung durch den Bundesgerichtshof vor die Alternative stellt, sich entweder um eine Samplelizenzierung durch den Tonträgerhersteller zu bemühen oder das Sample selbst nachzuspielen. In beiden Fällen geht das Bundesverfassungsgericht davon aus, würde die künstlerische Betätigungsfreiheit und damit auch die kulturelle Fortentwicklung eingeschränkt.