Wann sind Kosten eines Rechtsanwaltes für eine Abmahnung erstattungsfähig?

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (Urteil vom 06.05.2004, I ZR 2/03 – Selbstauftrag) sind die Aufwendungen für eine Abmahnung von dem Verletzer nur zu erstatten, wenn sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig sind. Dies gilt auch hinsichtlich der Kosten für die Beauftragung eines Rechtsanwaltes.

In diesem Zusammenhang musste sich das Landgericht Stuttgart (Urteil vom 16.10.2014, 11 O 93/14) damit auseinandersetzen, ob ein Rechtsanwalt im Falle der eigenen Betroffenheit die ihm entstandenen Anwaltskosten für eine von ihm beauftragte Abmahnung erstattet bekommen kann. Der Kläger, ein Rechtsanwalt, wehrte sich gegen die Veröffentlichung eines Werbevideos über die Kanzlei, bei der nach seiner Ansicht ein falscher Eindruck über die Zusammensetzung der Partner der Kanzlei entstanden sei. Durch einen Rechtsanwalt lies er dann die Verbreiter des Videos abmahnen.

Das Landgericht Stuttgart kam in der Entscheidung zu der Überzeugung, dass die Kosten nicht erstattungsfähig sind. Das Landgericht führte dabei aus, dass die Beauftragung eines Rechtsanwalts zur Abmahnung eines Verstoßes gegen das Wettbewerbsrecht dann nicht notwendig ist, wenn der Abmahnende selbst über eine hinreichende eigene Sachkunde zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung eines unschwer zu erkennenden Wettbewerbsverstoßes verfügt (BGH Urteil vom 06.05.2004, I ZR 2//03, Juris Rz. 10). Schon bei Verbänden zur Förderung gewerblicher Interessen, die in der Lage sind, typische und durchschnittliche zu verfolgende Wettbewerbsverstöße ohne anwaltlichen Rat zu erkennen, sieht die Rechtsprechung die Beauftragung eines Rechtsanwalts mit der Abmahnung eines solchen Verstoßes als nicht erforderlich an, so dass die Erstattung der für eine Abmahnung ggf. aufgewendeten Anwaltsgebühren nicht verlangt werden (BGH, aaO, Juris Rz. 11). Erst recht muss ein Rechtsanwalt im Falle der eigenen Betroffenheit seine Sachkunde bei der Abmahnung eines Wettbewerbsverstoßes einsetzen (BGH, aaO, Juris, Rz. 12). Die Hinzuziehung eines weiteren Rechtsanwalts zum Ausspruch der Abmahnung ist in diesen Fällen bei typischen, unschwer zu verfolgenden Wettbewerbsverstößen nicht notwendig. Es besteht daher sofern gleichwohl ein weiterer Rechtsanwalt mit der außergerichtlichen Durchsetzung der Ansprüche beauftragt wird, kein Anspruch auf Erstattung der hierfür anfallenden Kosten (BGH, aaO, Juris Rz. 12). Allein die Inanspruchnahme des Betroffenen durch die Verfolgung des Wettbewerbsverstoßes reicht nicht aus, um die Erstattungsfähigkeit der Kosten aus der Beauftragung des weiteren Rechtsanwalts zu begründen (BGH, aaO, Juris, Rz. 9).

Ausgehend von diesen Grundsätzen führte das Landgericht Stuttgart aus, dass bei dem Verstoß, den die Beklagte durch die vermeintliche irreführende Werbung mit dem Werbevideo begangen hat, sich um einen einfach gelagerten Verstoß, den der Kläger als Rechtsanwalt aufgrund seiner Sachkunde ohne Weiteres erkennen und ohne die Hinzuziehung eines weiteren Rechtsanwalts persönlich außergerichtlich abmahnen konnte. Vorliegend kam nach Auffassung des Landgerichts Stuttgart hinzu, dass der von ihm beauftragte Rechtsanwalt ebenfalls über keine Spezialkenntnisse im Wettbewerbsrecht verfügte, sondern ausweislich der Angaben auf dem Briefkopf der Kanzlei, der er angehörte, in einem anderen Fachanwaltsbereich tätig ist. Er war also nicht besser qualifiziert als der Kläger selbst. Im Ergebnis waren daher die angefallenen Anwaltskosten nicht erstattungsfähig gem. § 12 UWG.

 

Unterlassungserklärung: Wer unterschreibt, hat sich daran zu halten

Das OLG Brandenburg hat entschieden (OLG Brandenburg, 29.04.2014 – 6 U 10/13), dass ein Anspruch aus einem Unterlassungsvertrag grundsätzlich unabhängig davon besteht, ob die ursprüngliche Verpflichtung, zu deren Unterlassung sich der Schuldner bereit erklärt hat, rechtswidrig war. Heißt übersetzt: Wer eine Unterlassungserklärung unterschreibt, hat sich an diese zu halten. Ganz gleich, ob das Verhalten, das man der Erklärung nach unterlassen soll, ursprünglich überhaupt rechtswidrig war.

Jeder hat grundsätzlich die Chance, bevor eine Unterlassungserklärung unterschrieben werden soll, prüfen zu lassen, ob und in welchem Umfang eine solche überhaupt notwendig ist. Das kann nach einem Urteil des OLG Brandenburg auch nur dringend empfohlen werden. Denn wer einmal unterschreibt, hat sich an den Inhalt der Erklärung zu halten – egal, ob das, was man damit unterlassen will überhaupt rechtswidrig war oder nicht.

Im vorliegenden Fall gab ein Unternehmen eine strafbewehrte Unterlassungserklärung ab. Darin verpflichtete es sich, eine bestimmte AGB-Klausel nicht mehr zu verwenden. Tut es das Unternehmen trotzdem, sollte eine Vertragsstrafe verwirkt sein. Es kam, wie es kommen musste. Das Unternehmen verwendete die Klausel noch einmal nach Abgabe der Erklärung. Die spätere Klägerin machte daraufhin die Vertragsstrafe geltend. Die Beklagte wandte ein, dass die ursprüngliche Beanstandung, die AGB-Klausel sei wettbewerbswidrig, nicht zutreffend gewesen sei.

Das spiele keine Rolle, so die Richter. Die spätere Klägerin stütze ihren Anspruch auf den Unterlassungsvertrag. Deshalb sei auch nicht mehr zu prüfen, ob die ursprüngliche Abmahnung und damit die Geltendmachung eines Anspruchs berechtigt gewesen sei oder nicht. Die abgegebene Unterlassungserklärung – so die Richter weiter – habe gerade den Sinn, den Streit um diese Frage zu klären und jede Einwendung hinsichtlich des Punktes auszuschließen.

Ist Streaming eine Urheberrechtsverletzung?

Das Landgericht Köln hat mit Beschluss vom 24.01.2014 (AZ: 209 O 188/13) festgestellt, dass Streaming keine Urheberrechtsverletzung sei.

Nachdem es eine Abmahnwelle wegen „Streaming“ von Filmen auf einer Internetplattform gab, musste sich das Landgericht Köln in mehreren Beschwerdeverfahren damit befassen, ob das Streaming von Beiträgen im Internet eine Urheberrechtsverletzung darstellt. Zunächst hatte das Landgericht Köln dies in den Auskunftsverfahren bejaht. Nunmehr hat das Landgericht die Abweichung von seiner ursprünglichen Entscheidung damit begründet, dass im ursprünglichen Antrag von Downloads die Rede gewesen sei. Tatsächlich hätte es sich aber nur um das Anschauen von Filmbeiträgen im Internet gehandelt. Dieses bloße „Streamen“ einer Videodatei stellt im Gegensatz zum Download nach Auffassung des Gerichts aber grundsätzlich noch keinen relevanten rechtswidrigen Verstoß im Sinne des Urheberrechts dar.

OLG Stuttgart: Betreiberin eines sozialen Netzwerks haftet nicht für Urheberrechtsverletzungen Dritter

In einem weiteren Beschluss, den wir für unsere Mandantin vor dem OLG Stuttgart erfochten haben, bestätigen die Richter erneut, dass die Betreiberin eines sozialen Netzwerks nicht für Urheberrechtsverletzungen Dritter haftet, sofern sie keine Kenntnis davon hat. Auch Auskunft über die Art der Verwendung eines Lichtbilds muss sie nicht leisten. Auf eine Abmahnung hin kann unmittelbar negative Feststellungsklage erhoben werden mit der Konsequenz, dass der Abmahner die gesamten Prozesskosten zu tragen hat (OLG Stuttgart, Beschluss v. 22.10.2013, Az.: 4 W 78/13).

Erst kürzlich haben wir darüber berichtet, dass das LG Stuttgart entschieden hat, dass unsere Mandantin – Betreiberin eines der größten sozialen Netzwerke in Deutschland – nicht für Urheberrechtsverletzungen Dritter haftet, sofern sie keine Kenntnis davon hat. Das OLG Stuttgart hat diese Auffassung nun im Rahmen eines Beschluss vollumfänglich bestätigt, wie von uns bereits vermutet. Die obersten Stuttgarter Richter betonen dabei auch noch einmal, dass auf eine unberechtigte Abmahnung hin direkt negative Feststellungsklage erhoben werden kann mit der Folge, dass der „Abmahner“ die gesamten Prozesskosten zu tragen hat.

Da das Urteil noch einmal ausführlich die aktuelle Rechtsprechung rund um die Störerhaftung zusammenfasst, ist dieses hier im Volltext zu finden.

Die Behauptung, Facebook-Fans seien nur gekauft, kann untersagt werden

Wer behauptet, ein anderer habe seine Facebook-Fans nur gekauft, kann nach einem aktuellen Beschluss des OLG Frankfurt abgemahnt werden (OLG Frankfurt, Beschluss v. 25.04.2013, Az.: 16 W 21/13). Deshalb ist bei solch einer Aussage – vor allem auch gegenüber Konkurrenten – Vorsicht geboten.

Spätestens seit die Facebook-Freunde im Internet mittlerweile im Paket angeboten werden und sich so manche Seite von heute auf morgen über Hunderte von virtuellen, neuen Anhängern freut, wird hier und da gerne mal der Verdacht laut, dass sich Unternehmen und Promis ihre neuen Fans doch sicher nur gekauft haben. Möglich ist das tatsächlich. Doch auch wenn sich der Verdacht aufdrängt, sollte man einen solchen besser für sich behalten.

So ging es vor Gericht nun um genau dieses Thema und folgenden Facebook-Beitrag dazu:

„Ich stelle grad zufällig fest, dass z.B. B1 ca. 450 FB-Fans hat….A3 ca. 1.150…beide immerhin schon amtierende Meisterteams im A1. Und dann sehe ich ein 2012 erstmals im A2 angetretenes Amateurteam (Namen nenne ich nicht….) das über ca. 22.000 FB-Fans verfügt!!!??? Tja spätestens seit dem Dschungelcamp weiß man ja, wie man zu vielen FB Freunden kommt!;-)))

Die meisten Fans kommen aus Stadt1 und sind 13 – 17 Jahre alt….ich hau mich grad weg hier….;)))))

Ist ja fast ein Schnäppchen… 20.000 internationale Fans für EUR 359,90…da kann der eine oder andere ja schon mal in Versuchung geraten….;-))))“

Im Moment lache ich gerad darüber, wie Du C in einer PN beschimpft hast, weil er es gewagt hat, die gekauften Fans auch peinlich zu finden….;-)) Oh man, wenn du wüsstest… dir müssen eigentlich den ganzen Tag die Ohren geklungen haben… einfach zu geil!!;-)))

EINEN Gleichgesinnten? Wenn Du nur wüsstest…J )))) Aber wenn, dann besser einer, als 19 gekaufte von den Fidschi Inseln! J ) Ach, der A4… genau den wirst du schneller wieder sehen als dir lieb ist…wenn auch nur ganz kurz. J Wie sagte Rudi Carrell immer so schön: Lass Dich überraschen…;-) Schönen Abend noch! J“.

Das wollte sich der/die Betroffene nicht gefallen lassen und beantragte nach erfolgloser Abmahnung den Erlass einer einstweiligen Verfügung. Und bekam diese auch. Der Facebook-Kommentator musste sich geschlagen geben. Denn wer behauptet, ein anderer habe Facebook-Fans doch sicher nur gekauft, verletzt nach Ansicht der zuständigen Richter durch solch eine Äußerungen den Betroffenen in seinem geschützten Persönlichkeitsrecht und kann daher auf Unterlassung gem. §§ 1004 Abs. 1 Satz 2, 823 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 1, 2 Abs. 1 GG in Anspruch genommen werden.

Während das Landgericht in der Vorinstanz noch von einer zulässigen Meinungsäußerung ausging, stuften die obersten Frankfurter Richter die Aussage als Tatsachenbehauptung ein. Vor allem aus dem Bezug zum Dschungelcamp lasse sich ein entsprechender Tatsachenkern ermitteln, so die Richter.

Achtung bei Werbeanzeigen

Muss bei einer Werbeanzeige auch die vollständige und richtige Firmierung des Werbenden angegeben werden? Mit dieser Frage hat sich der Bundesgerichtshof (Urteil vom 18.04.2013, Aktenzeichen I ZR 180/12) befasst.

Der Entscheidung lag folgender Sachverhalt zugrunde:

Im Rahmen einer Werbeanzeige für Elektronikartikel hatte das werbende Unternehmen zwar Angaben zu seinem Unternehmen gemacht, jedoch nicht die Rechtsform angegeben. Die Richter des Bundesgerichtshofs kamen zu der Überzeugung, dass dies eine Irreführung durch Unterlassen darstelle. Zu den gem. § 5 a Abs. 3 Nr. 2 UWG mitzuteilenden Informationen gehört auch die Angabe der Rechtsform des werbenden Unternehmens. Nach Auffassung des Gerichts muss der Betrachter einer Werbung über seinen potentiellen Vertragspartner alle Informationen erhalten, um gegebenenfalls auch Ansprüche wirksam durchsetzen zu können. 

Diese Grundsatzentscheidung des BGH sollte zukünftig dringend berücksichtigt werden, um wettbewerbsrechtliche Abmahnungen zu vermeiden.

LG Stuttgart: Social-Network-Betreiberin haftet nicht für Urheberrechtsverletzungen Dritter

In einem von uns vertretenen Fall haben die Richter des Landgerichts Stuttgart mittels Beschluss festgestellt (LG Stuttgart, Beschluss v. 05.09.2013, Az.: 17 O 294/13) , dass unsere Mandantin – Betreiberin eines der größten Social Networks in Deutschland – nicht für Urheberrechtsverletzungen Dritter haftet, sofern sie auf eine Abmahnung hin unverzüglich tätig wird und das streitgegenständliche Bild löscht. Wir haben für unsere Mandantin vorliegend unmittelbar nach Eingang der unberechtigten Abmahnung negative Feststellungsklage eingereicht.

Abmahnungen sind ein zweischneidiges Schwert. Richtig eingesetzt, können sie teure Prozesse verhindern und eine schnelle Erledigung einer Sache mit sich bringen. Falsch eingesetzt, kann sich der Abmahner daran ganz schön die Finger verbrennen. Teure Prozess- und Gerichtskosten sind dann die Folge.

Das hatte nun auch ein Fotograf zu spüren bekommen, der unsere Mandantin – Betreiberin eines großen deutschen Social Networks – abgemahnt hatte für die Verwendung eines seiner Bilder durch ein Mitglied des Netzwerkes. Wir haben unserer Mandantin dazu geraten, direkt negative Feststellungsklage einzureichen, um jegliche Kostenlast auf ihrer Seite zu vermeiden. Denn bekanntlich muss am Ende derjenige die Kosten tragen bei einer negativen Feststellungsklage, der zu unrecht abgemahnt hat. Und Gegenabmahnungen bzw. sonstige Vorabschreiben sind in aller Regel auch nicht erstattungsfähig. Wir haben darüber bereits mehrfach berichtet.

Nach übereinstimmender Erledigungserklärung hatten die Richter vorliegend nur noch über die Kosten zu entscheiden. Diese wurden vollumfänglich – wie von uns beantragt – dem Beklagten (also sprich dem Fotografen, der abmahnen hat lassen) auferlegt. Der Streitwert wurde dabei für ein veröffentlichtes Bild sowie Auskunftsansprüche auf 6.000 EUR festgesetzt.

Die Richter betonen in dem Beschluss, der noch nicht rechtskräftig ist, dass regelmäßig ein Feststellungsinteresse besteht, wenn sich jemand mittels einer Abmahnung Ansprüchen berühmt, die tatsächlich nicht bestehen. Dafür reiche bereits ein außerprozessuales Bestreiten oder Berühmen (vgl. Zöller-Greger, ZPO, 28. Aufl. 2010, § 256, Rn. 7 m.w.N.).

Des Weiteren folgen die Richter noch einmal der gängigen Rechtsprechung zur Störerhaftung. Unsere Mandantin haftet demnach weder als Täterin noch als Teilnehmerin noch als Gehilfin für eine Urheberrechtsverletzung Dritter, sofern sie keine Kenntnis davon hat. Auch eine Haftung als Störerin scheidet vorliegend aus, da keine Prüfpflichten verletzt wurden. Im Gegenteil: unsere Mandantin hat sofort nach Eingang der Abmahnung reagiert und das beanstandete Bild gelöscht. Der abmahnende Fotograf unterlag demnach vor dem Landgericht in Stuttgart in allen Punkten. Rechtsmittel sind noch möglich, wobei das OLG Stuttgart die Sache ähnlich sehen dürfte.

Übrigens stellen die Richter noch begrüßenswerterweise fest, dass, wer sein Bild im Internet entdeckt und abmahnen lassen kann, nachher auch ohne Weiteres überprüfen kann, ob das Bild gelöscht wurde oder nicht. Einer weiteren, überprüfbaren Bestätigung darüber bedarf es demnach nicht.

Die Entscheidung des LG Stuttgart (LG Stuttgart, Beschluss v. 05.09.2013, Az.: 17 O 294/13) gibt es hier zum Download als Volltext.

Fehlerhaftes Impressum: Nicht immer kann abgemahnt werden

Nicht immer kann ein fehlerhaftes Impressum von Mitbewerbern abgemahnt werden, wie nun die Richter des Kammergerichts Berlin im Rahmen einer aktuellen Entscheidung feststellten. Fehlt die Angabe der vertretungsberechtigten Person bei einem Gewerbe, so stelle dies regelmäßig kein wettbewerbswidriges Marktverhalten dar. Ansprüche sind daher nicht gegeben (KG Berlin – Beschluss vom 21.09.2012 – Az.: 5 W 204/12).

Im vorliegenden Fall lehnte das Kammergericht einen Wettbewerbsverstoß ab. Die europäischen  Richtlinien sähen bei juristischen Personen keine Verpflichtung zur Angabe eines gesetzlichen Vertreters vor. Das deutsche TMG schreibe in § 5 eine solche Angabe zwar vor, jedoch sei diese juristisch unerheblich. Dies vor allem deshalb, weil die europäischen Richtlinien abschließend und unmissverständlich alle Pflichten aufzählen würden. Das deutsche Gesetz sei daher nicht befugt, davon abzuweichen.

Demgemäß sei § 5 TMG vorliegend keine für den Wettbewerb relevante Marktverhaltensregel. Ansprüche eines Mitbewerbs sind mithin nicht gegeben.

Die Argumentation des Kammergerichts scheint durchaus interessant zu sein, denn demzufolge wäre der gesamte § 5 TMG möglicherweise nicht vereinbar mit dem Europarecht.

Erstes Facebook-Urteil aus Stuttgart: Betreiber von Facebook-Fanseite haftet für Inhalte Dritter nach Kenntnis

In einem von uns vertretenen Fall hatte das Landgericht Stuttgart darüber zu befinden, ob ein Betreiber einer Facebook-Fanseite (Unternehmensseite) für Rechtsverletzungen seiner „Fans“ haftet, sofern er Kenntnis von diesen hat und nichts dagegen unternimmt. Die Richter des Landgerichts Stuttgart bejahten dies und verurteilten einen Betreiber in Form eines Versäumnisurteils nun zur Unterlassung, zur Auskunft und zum Schadenersatz (LG Stuttgart, Urt. v. 20.07.2012, Az.: 17 O 303/12).

Ein Dritter (Fan) hatte auf der Facebook-Fanseite (Unternehmensseite) eines aus Funk und Fernsehen bekannten Sängers und Entertainers ein Lichtbildwerk unseres Mandanten veröffentlicht. Unser Mandant setzte den Betreiber über die Rechtswidrigkeit  der Veröffentlichung in Form einer E-Mail in positive Kenntnis. Nichts geschah, worauf hin wir den Betreiber der Facebook-Seite abmahnten. Auf die Abmahnung hin wurde weder eine entsprechende Unterlassungserklärung  abgegeben noch wurde das Bild daraufhin gelöscht.

Das Landgericht Stuttgart verurteilte den Prominenten nun zur Unterlassung, zur Auskunft und zum Bezahlen von Schadenersatz. Einer Begründung bedarf es dabei nicht, da es sich um ein Versäumnisurteil handelt. Der Beklagte legte Einspruch ein gegen das Urteil, zog diesen nun aber vor der mündlichen Verhandlung wieder zurück.

Wichtige Fragen blieben im Rahmen des Verfahrens unbeantwortet. So gingen wir davon aus, dass der Betreiber direkt für die rechtswidrige Veröffentlichung seines Fans haftet, da er das beanstandete Bild kommentierte und als „gefällt mir“ markiert hatte. Dadurch hatte er zwangsläufig Kenntnis von der Veröffentlichung des Bildes, auf welchem auch unschwer die Quelle zu erkennen war. Zudem machte er sich das Bild unserer Ansicht nach dadurch zu eigen (vgl. BGH, Urteil v. 12.11.2009, Az. I ZR 166/07).

Hilfsweise gingen wir in jedem Fall aber von einer Haftung als Störer aus, da der Betreiber per E-Mail mittels haftungsbegründender Erstabmahnung in Kenntnis gesetzt wurde und nicht adäquat bzw. gar nicht reagiert hat (vgl. BGH, Urteil vom 17.12.2010 – V ZR 44/10; BGH, Urteil vom 25. Oktober 2011, Az.: VI ZR 93/10).

Der Streitwert für die Unterlassung eines Lichtbildwerks samt Folgeansprüchen (Auskunft, Feststellung Schadenersatzpflicht) wurde auf EUR 7.500.- festgesetzt.

Hier gibt es das mittlerweile rechtskräftige Urteil zum Download.

Update [10.10.2012]: Aufgrund einiger Rückfragen hier eine kleine Ergänzung. Wir haben vorliegend den Urheber des Lichtbildwerks vertreten und nicht den Prominenten, der auf dem Bild zu sehen ist. Die Facebook-Seite, auf der das Foto dargestellt wurde, gehört einem Prominenten. Deshalb machten wir vorliegend auch Urheberrechte geltend und keine Persönlichkeitsrechte.

Sind Abmahnungen auch mit falscher Begründung wirksam?

Wer eine Abmahnung erhält – sei es wegen Filesharing, einer Markenverletzung oder ähnlichem – der sollte immer entsprechend darauf reagieren. Dies auch dann, wenn die Abmahnung eine völlig falsche Begründung enthält. Denn wirksam ist sie trotzdem, wie zwei Urteile aus Berlin aufzeigen.

Eine Abmahnung ist wirksam. Dies, auch wenn ihr eine vollkommen falsche Begründung beiliegt. Das urteilten die Richter des Kammergerichts in Berlin in gleich zwei aktuellen Entscheidungen (KG Berlin, Urteil vom 20.07.2012 – Az. 5 U 90/11 || KG Berlin, Urteil vom 19.07.2012, Az. 6 U 195/11).

Zur Begründung heißt es u.a. im Urteil:

Soweit die Abmahnung die vorgeworfene Handlung nicht – wie es richtig gewesen wäre – als unlauteres Verhalten darstellt, sondern – unzutreffend – als “Verstoß gegen die in der einstweiligen Verfügung ausgesprochenen Verbote” […] ist das ohne Belang. Denn eine unzutreffende rechtliche Würdigung in der Abmahnung ist grundsätzlich unschädlich; es genügt insoweit, dass der Abgemahnte das konkret als wettbewerbswidrig beanstandete Verhalten rechtlich beurteilen und daraus die notwendigen Folgerungen ziehen kann […]