LG Stuttgart: Social-Network-Betreiberin haftet nicht für Urheberrechtsverletzungen Dritter

In einem von uns vertretenen Fall haben die Richter des Landgerichts Stuttgart mittels Beschluss festgestellt (LG Stuttgart, Beschluss v. 05.09.2013, Az.: 17 O 294/13) , dass unsere Mandantin – Betreiberin eines der größten Social Networks in Deutschland – nicht für Urheberrechtsverletzungen Dritter haftet, sofern sie auf eine Abmahnung hin unverzüglich tätig wird und das streitgegenständliche Bild löscht. Wir haben für unsere Mandantin vorliegend unmittelbar nach Eingang der unberechtigten Abmahnung negative Feststellungsklage eingereicht.

Abmahnungen sind ein zweischneidiges Schwert. Richtig eingesetzt, können sie teure Prozesse verhindern und eine schnelle Erledigung einer Sache mit sich bringen. Falsch eingesetzt, kann sich der Abmahner daran ganz schön die Finger verbrennen. Teure Prozess- und Gerichtskosten sind dann die Folge.

Das hatte nun auch ein Fotograf zu spüren bekommen, der unsere Mandantin – Betreiberin eines großen deutschen Social Networks – abgemahnt hatte für die Verwendung eines seiner Bilder durch ein Mitglied des Netzwerkes. Wir haben unserer Mandantin dazu geraten, direkt negative Feststellungsklage einzureichen, um jegliche Kostenlast auf ihrer Seite zu vermeiden. Denn bekanntlich muss am Ende derjenige die Kosten tragen bei einer negativen Feststellungsklage, der zu unrecht abgemahnt hat. Und Gegenabmahnungen bzw. sonstige Vorabschreiben sind in aller Regel auch nicht erstattungsfähig. Wir haben darüber bereits mehrfach berichtet.

Nach übereinstimmender Erledigungserklärung hatten die Richter vorliegend nur noch über die Kosten zu entscheiden. Diese wurden vollumfänglich – wie von uns beantragt – dem Beklagten (also sprich dem Fotografen, der abmahnen hat lassen) auferlegt. Der Streitwert wurde dabei für ein veröffentlichtes Bild sowie Auskunftsansprüche auf 6.000 EUR festgesetzt.

Die Richter betonen in dem Beschluss, der noch nicht rechtskräftig ist, dass regelmäßig ein Feststellungsinteresse besteht, wenn sich jemand mittels einer Abmahnung Ansprüchen berühmt, die tatsächlich nicht bestehen. Dafür reiche bereits ein außerprozessuales Bestreiten oder Berühmen (vgl. Zöller-Greger, ZPO, 28. Aufl. 2010, § 256, Rn. 7 m.w.N.).

Des Weiteren folgen die Richter noch einmal der gängigen Rechtsprechung zur Störerhaftung. Unsere Mandantin haftet demnach weder als Täterin noch als Teilnehmerin noch als Gehilfin für eine Urheberrechtsverletzung Dritter, sofern sie keine Kenntnis davon hat. Auch eine Haftung als Störerin scheidet vorliegend aus, da keine Prüfpflichten verletzt wurden. Im Gegenteil: unsere Mandantin hat sofort nach Eingang der Abmahnung reagiert und das beanstandete Bild gelöscht. Der abmahnende Fotograf unterlag demnach vor dem Landgericht in Stuttgart in allen Punkten. Rechtsmittel sind noch möglich, wobei das OLG Stuttgart die Sache ähnlich sehen dürfte.

Übrigens stellen die Richter noch begrüßenswerterweise fest, dass, wer sein Bild im Internet entdeckt und abmahnen lassen kann, nachher auch ohne Weiteres überprüfen kann, ob das Bild gelöscht wurde oder nicht. Einer weiteren, überprüfbaren Bestätigung darüber bedarf es demnach nicht.

Die Entscheidung des LG Stuttgart (LG Stuttgart, Beschluss v. 05.09.2013, Az.: 17 O 294/13) gibt es hier zum Download als Volltext.

Rechtsanwaltskosten zur Verteidigung gegen unberechtigte Abmahnung sind grundsätzlich nicht erstattungsfähig

Das Landgericht Köln hat im Rahmen einer Entscheidung noch einmal klar gestellt, dass die Rechtsanwaltskosten für den eigenen Anwalt zur Verteidigung gegen unberechtigte Abmahnungen grundsätzlich nicht erstattungsfähig sind. Sie gehören nämlich, so die Richter, zum allgemeinen Lebensrisiko (LG Köln, Az.: 28 O 551/11).

So führen die Richter aus:

Die Kosten einer Rechtsverteidigung gegen eine [unberechtigte] Abmahnung sind grundsätzlich nicht erstattungsfähig. Eine ungerechtfertigte Inanspruchnahme gehört zum allgemeinen Lebensrisiko und die durch sie verursachten Kosten sind regelmäßig nur dann erstattungsfähig, wenn zwischen den Parteien eine rechtliche Sonderverbindung besteht, innerhalb derer der Beklagte Pflichten verletzt hätte. Dies ist indes nicht ersichtlich.

Die Entscheidung beinhaltet insofern nichts Neues. Auch der Bundesgerichtshof vertritt diesen Ansatz regelmäßig. Der BGH führt insofern aus, dass man grundsätzlich mit unberechtigten Forderungen zu leben und zu rechnen hat (vgl. BGH, VII ZR 164/10).

Wer selbst keine Abmahnung erhalten will, der darf auch keine versenden

Wer kennt sie nicht? Internetseiten, die im Impressum oder an ähnlicher Stelle folgenden Passus enthalten:

“Vor einer Abmahnung nehmen Sie bitte Kontakt zu uns auf. Wir werden einen möglichen Rechtsverstoß umgehend behandeln. Wenn Sie dies nicht tun, verstoßen Sie gegen Ihre eigene Schadensminderungspflicht.”

Grundsätzlich sind solche Satzgefüge, so oder so ähnlich formuliert, juristischer Nonsens und haben keine wirklich Bedeutung, wenn’s um das Abmahnen eines Rechtsverstoßes geht. Denn wer sich gesetzeswidrig verhält, der muss auch mit einer Abmahnung rechnen und im Normalfall auch für die Kosten aufkommen. Es sei denn, der, der abmahnt, verwendet den gleichen Passus auf seiner eigenen Homepage, dann kann der Schuss nach hinten losgehen, wie nun die Richter des OLG Hamm geurteilt haben (OLG Hamm, 31.01.2012 – I-4 U 169/11). Frei nach dem Motto: „Wer selbst ‚Keine Abmahnung ohne vorherigen Kontakt‘ wünscht, muss sich bei eigenen Abmahnungen ebenfalls hieran halten.“

Aus dem Urteil:

Die Klägerin verlangt von ihren Mitbewerbern, dass diese sich nach der Entdeckung von Wettbewerbsverstößen zunächst im Rahmen eines Vorabkontakts selber an sie wenden sollen, um eine kostenträchtige anwaltliche Abmahnung zu vermeiden. Sie droht an, sich im Falle einer sofortigen förmlichen Abmahnung durch einen Rechtsanwalt auf eine Verletzung der Schadensminderungspflicht durch den abmahnenden Mitbewerber zu berufen. Auch wenn diese Einschätzung ohne eine gesonderte Vereinbarung der obigen Art rechtlich nicht zutreffend ist und dem abmahnenden Mitbewerber freisteht, sofort abzumahnen und die Kosten dafür erstattet zu verlangen, wird der rechtlich unkundige Mitbewerber in dieser Frage verunsichert und kann sich veranlasst sehen, die Klägerin vor einer anwaltlichen Abmahnung vorsichtshalber selber anzuschreiben. Derjenige, der eine solche Vorgehensweise von den Mitbewerbern unter Androhung einer Sanktion verlangt und diese dadurch zu einem bestimmten Verhalten veranlasst, muss sich dann auch selbst so verhalten. Er bindet sich mit einer solchen Verhaltensempfehlung in Bezug auf sein eigenes Verhalten in ähnlicher Weise, als wenn er sich vertraglich zu einem solchen Vorabkontakt verpflichtet hätte. Mit diesem zu erwartenden Verhalten setzt sich die Klägerin in rechtlich erheblicher Weise in Widerspruch, wenn sie unstreitig noch wiederholt Mitbewerber wie hier den Beklagten wegen eines bestimmten Anzeigeninhalts sofort durch einen Anwalt abmahnen lässt. Den Mitbewerbern wird die aus Rechtsgründen für erforderlich gehaltene Vergünstigung genommen, kostenneutral auf einen Wettbewerbsverstoß hingewiesen zu werden, die die Klägerin für sich in Anspruch nimmt. Für dieses widersprüchliche Verhalten sind auch keine Gründe ersichtlich. Das Begehren eines Vorabkontakts wird von der Klägerin ausdrücklich nicht auf einfache und unkomplizierte Wettbewerbsverstöße beschränkt, sondern soll für alle Mitbewerber und uneingeschränkt gelten. Der Beklagte konnte sich durchaus davon angesprochen fühlen und im Umkehrschluss auf ein gleichartiges Verhalten der Klägerin vertrauen. Die Klägerin ist im Falle einer solchen Selbstbindung auch nicht daran gehindert, die Berechtigung einer Abmahnung durch einen Anwalt prüfen zu lassen, dann allerdings auf ihre Kosten.

 

OLG Stuttgart: Keine Einigungsgebühr bei Erledigung der Hauptsache

Das OLG Stuttgart hat in einem von uns vertretenen Fall (OLG Stuttgart, Beschluss vom 15. Februar 2012, Az. 8 W 13/12) noch einmal klar gestellt, dass bei Erledigung der Hauptsache keine Einigungsgebühr fällig wird. Auch keine solche nach Nr. 1003, 1000 VV RVG. Es fehle, so die Richter, an der vertraglichen Vereinbarung.

Aus dem Beschluss:

Nach Nr. 1000 Abs. 1 Satz 1 VV RVG entsteht die Einigungsgebühr, wenn der Streit oder die Ungewissheit der Parteien über ein Rechtsverhältnis durch Abschluss eines Vertrages unter Mitwirkung des Rechtsanwalts beseitigt wird, es sei denn der Vertrag beschränkt sich ausschließlich auf ein Anerkenntnis oder einen Verzicht. Der Vertrag kann auch stillschweigend geschlossen werden und ist nicht formbedürftig, soweit dies materiell-rechtlich nicht besonders vorgeschrieben ist. Die Einigungsgebühr sollte die frühere Vergleichsgebühr des §§ 23 BRAGO ersetzen und gleichzeitig inhaltlich erweitern. Sie sollte jegliche vertragliche Beilegung eines Streits der Parteien honorieren (vgl. BGH NJW-RR 2007, 359 = AGS 2007,57 = JurBüro 2007, 73).

Im vorliegenden Fall fehlt es an einer solchen vertraglichen Einigung. Vielmehr haben die Parteien ihre Erledigungserklärungen „ohne Anerkennung einer Rechtspfficht und ohne jegliches Präjudiz“ bzw. „unter Beibehaltung ihrer Rechtsstandpunkte“ abgegeben.

Die Erklärung der Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache stellt jedoch eine bloße Prozesshandlung dar. Selbst wenn beide Parteien eine solche Erklärung übereinstimmend abgeben, wird dadurch lediglich die Rechtshängigkeit des bisher streitigen Anspruchs beendet. Damit geben die Parteien allein zu erkennen, dass sie an einer Sachentscheidung durch das Gericht nicht mehr interessiert sind. Nur wenn die Parteien darüber hinaus eine materiell-rechtliche Regelung treffen, die durch zwei übereinstimmende Willenserklärungen mit Rechtsbindungswillen – gegebenenfalls auch durch schlüssiges Verhalten – zu Stande kommt, fällt eine Einigungsgebühr an (OLG Stuttgart FamRZ 2009, 145; OLG Köln JurBüro 2011, 526; MDR 2006, 539; OLG Nürnberg MDR 2011, 455; Hartmann, Kostengesetze 41. Aufl. Nr. 1000 VV RVG Rn. 27; Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, RVG 19. Aufl., VV 1000 Rn. 128, jeweils m. W. N.).

Die Einigungsgebühr war deshalb insgesamt abzusetzen.

OLG Stuttgart: Zur negativen Feststellungsklage und der Kostenfolge bei sofortigem Anerkenntnis

In einem von uns vertretenen Fall hat das OLG Stuttgart (Beschluss vom 17.08.2011 – AZ 4 W 40/11) noch einmal klar gestellt, dass nach einer unberechtigten Abmahnung direkt negative Feststellungsklage erhoben werden kann. Eine Gegenabmahnung sei nicht erforderlich. Dies gelte auch im Urheberrecht. Die Abmahnerin und Beklagte hat demnach die Prozesskosten in voller Höhe zu tragen. Das OLG bestätigte damit die Entscheidung des LG Stuttgart.

Der Fall zeigt sich wie so oft: Unsere Mandantin betreibt eines der größten sozialen Netzwerke in Deutschland. Täglich wird die Seite millionenfach abgerufen und Mitglieder hinterlassen oftmals allein mehr als 100.000 Bilder pro Tag. Eines dieser Bilder hat scheinbar die Urheberrechte einer Fotoagentur verletzt, weshalb diese unsere Mandantin abmahnen ließ. Selbstverständlich haftet jene aber nicht unmittelbar für die Inhalte ihrer Mitglieder (§ 10 TMG). Die Rechtsprechung hierzu ist einhellig.

Die Abmahnerin forderte nicht nur eine entsprechende Unterlassungserklärung, sondern drohte auch mit Strafanzeige. Konkret ließ sie wie folgt ausrichten:

„Ich weise höchst vorsorglich darauf hin, dass die von Ihnen begangenen Urheber- und Nutzungsrechtsverstöße grundsätzlich auch strafbewehrt sind. Meine Mandantin behält sich daher für den Fall, dass Sie die vorgenannten Fristen nicht einhalten sollten, vor, Strafanzeige gegen Sie zu erstatten.“

Unsere Mandantin wollte sich von dem über ihr schwebenden Damoklesschwert und der dadurch herbeigeführten Rechtsunsicherheit befreien, indem sie negative Feststellungsklage erhob. Auf eine Gegenabmahnung wurde verzichtet, da diese grundsätzlich nicht erforderlich und auch nicht erstattungsfähig ist.

Die Beklagte (die abmahnende Partei) erkannte den Anspruch sofort an. Bezüglich der Kostenlast verwies sie auf § 93 ZPO. Sie habe die Prozesskosten deshalb nicht zu tragen, weil sie sofort anerkannt habe. Bereits das Landgericht Stuttgart wollte das nicht gelten lassen und verurteilte die Beklagte, sämtliche Kosten zu übernehmen, da die Beklagte schließlich durch die Abmahnung Anlass gegeben habe, die hiesige Feststellungsklage zu erheben. Hiergegen wandte sich die Beklagte mit der sofortigen Beschwerde an das OLG Stuttgart. Doch auch die höchsten Stuttgarter Richter erteilten der Beklagten nun eine Abfuhr mit klaren Worten:

„Eine ‚Gegenabmahnung‘ ist zur Vermeidung der Kostenfolge des § 93 ZPO grundsätzlich nicht erforderlich, vielmehr kann der Abgemahnte sogleich – wie vorliegend geschehen – negative Feststellungsklage erheben (BGH GRUR 2006, 198 Tz. 11 – Unberechtigte Abmahnung – und GRUR 2004, 790, 793 – Gegenabmahnung; OLG Hamm, Urteil vom 03.12.2009, 4 U 149/09 Rdnr. 10 in Juris; OLG Stuttgart – 2. Zivilsenat -, WRP 1985, 449 und WRP 1988, 766; Köhler/Bornkamm, UWG, 29. Auflage § 4 Rdnr. 10.166 und § 12 Rdnr. 1.74 mit zahlreichen weiteren Nachweisen). Dies gilt nicht nur im Wettbewerbsprozess, sondern jedenfalls im gesamten Bereich des gewerblichen Rechtsschutzes. So betraf die Entscheidung ‚Gegenabmahnung‘ des BGH nicht das UWG, sondern betraf einen Sachverhalt aus dem Kennzeichenrecht (siehe ferner Ingerl/Rohnke, MarkenG, 3. Auflage, vor §§ 14-19d Rdnr. 398). Dieser Grundsatz gilt demgemäß auch im Urheberrecht (Wandtke/Bullinger-Kefferpütz, Urheberrecht, 3. Aufl., vor §§ 97 ff. UrhG Rdnr. 72). Es ist auch nicht ersichtlich, wieso gerade für das Urheberrecht Abweichendes gelten sollte, zumal durch das Gesetz zur Vervesserung der Durchsetzung von Rechten des geistigen Eigentums vom 07.07.2008 (BGBI. I S. 1191) mit § 97a Abs. 1 UrhG eine § 12 Abs. 1 UWG eine entsprechende Regelung in das UrhG eingefügt wurde.“

Die Rechtsbeschwerde wurde nicht zugelassen.