Auskunftsanspruch gegen YouTube und Googel

Das Oberlandesgericht Frankfurt ( Urteil vom 22. August 2017- 11 U 71/16 )   am Main hat mit heute veröffentlichtem Urteil YouTube und Google verpflichtet, die E-Mail-Adresse ihrer Nutzer im Fall einer Urheberrechtsverletzung bekanntzugeben. Zugleich hat es festgestellt, dass über die Telefonnummer und die zugewiesene IP-Adresse keine Auskunft zu erteilen ist.  Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Zu berücksichtigen ist auch, dass es keine Aussage über einen Auskunftsanspruch bei anderen Rechtsverletzungen (z.B. allgemeines Persönlichkeitsrecht) trifft.

Welche Massnahmen müssen ergriffen werden bei der Abgabe einer Unterlassungserklärung?

 Das Oberlandesgericht Celle (Urteil vom 29.01.2015 – 13 U 58/14) hat entschieden, dass wer zur Unterlassung verpflichtet ist, durch geeignete Maßnahmen sicherstellen muss, dass die von der Unterlassungserklärung umfassten Inhalte der Webseite nicht mehr im Internet auffindbar sind, sei es über die Webeseite direkt oder über eine Internetsuchmaschine. Derjenige, der eine Unterlassungserklärung abgegeben hat, muss daher nicht nur die Inhalte durch Änderung oder Löschung der Webseite entfernen, sondern hat vielmehr auch die Abrufbarkeit etwa über Google auszuschließen. Dazu gehört es auch, dass er gegenüber Google den Antrag auf Löschung im Google-Cache bzw. auf Entfernung der von der Webseite bereits gelöschten Inhalte stellt.

Recht auf Vergessen – Lösch-Formular von Google

Der Suchmaschinenbetreiber Google hat auf das Urteil des EuGH vom 13.05.2014 (Aktenzeichen: C-131/12) reagiert und einen Löschantrag online gestellt. Die Antragsteller müssen ihren Anspruch begründen und eine Kopie des Ausweises hochladen, um sich zu identifizieren. Dadurch soll ein Missbrauch der Funktion vermieden werden.

In diesem Zusammenhang hat, wie das Handelsblatt berichtete, auch der zuständige Staatssekretär im Bundesinnenministerium, Ole Schröder, mitgeteilt, dass ein verpflichtendes Streitschlichtungsverfahren und eine Mediationsstelle notwendig seien, um die Vorgaben des EuGH umzusetzen. Eine Abwägung zwischen Informationsfreiheit und Recht auf Privatsphäre soll nicht Google allein überlassen werden.

Es bleibt abzuwarten, wie schnell diese Pläne umgesetzt werden. In jedem Fall wird eine umfassende Abwägung zwischen dem Persönlichkeitsschutz von Menschen einerseits und dem Interesse der Öffentlichkeit zum Zugang zu Informationen notwendig sein.

Das Netz vergisst nichts – oder doch?

Bürger der Europäischen Union haben nach einer Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union (Az. C-131/12) ein Recht auf Vergessen im Internet.

Ein Spanier hatte gegen den amerikanischen Suchmaschinenbetreiber Google geklagt. Google hatte auf einen Artikel in einer spanischen Lokalzeitung über eine den spanischen Bürger betreffende Zwangsversteigerung im Jahr 1998 verlinkt. Die dieser Zwangsversteigerung zugrundeliegende Angelegenheit war jedoch längst erledigt. Der Spanier sah sich daher in seinem Recht auf Selbstbestimmung seiner persönlichen Daten verletzt. Die spanische Datenschutzagentur gab der Auffassung des Spaniers Recht. Google wandte sich gegen diese Entscheidung an die spanischen Gerichte. Diese legten dem EuGH die Frage zur Entscheidung vor.

Mit dieser Entscheidung sind Suchmaschinenanbieter in der Europäischen Union künftig verpflichtet, Anträge betroffener Personen sorgfältig zu prüfen und bei Begründetheit die Links zu löschen. Nach Ansicht der Richter können nur Personen des öffentlichen Lebens, bei denen die Öffentlichkeit ein Interesse am Zugang zu Informationen hat, sich nicht oder nur unter erschwerten Bedingungen auf dieses Recht auf Vergessen berufen.

Die Entscheidung stärkt die Persönlichkeitsrechte und das Recht auf Datenschutz

Suchergänzungsvorschläge – die Begründung des BGH

Die Begründung des Bundesgerichtshofs (VI ZR 269/12) zu seiner Autokomplete-Entscheidung liegt nunmehr auch im Volltext vor. Die wesentlichen Grundsätze lassen sich dabei noch einmal wie folgt zusammenfassen:

 1.

Der BGH hat zunächst festgestellt, dass zwischen den vorgeschlagenen Suchbegriffen und dem Kläger ein „sachlicher Zusammenhang“ besteht. 

Der BGH hat dies wie folgt begründet: 

„Der Internetnutzer erwartet von dem ihm nach der Eingabe des Suchbegriffs angezeigten ergänzenden Suchvorschlägen durchaus einen inhaltlichen Bezug zu dem von ihm verwandten Suchbegriff, hält ihn jedenfalls für möglich. Aus dem „Ozean von Daten“ werden dem suchenden Internetnutzer von der Suchmaschine der Beklagten x-beliebige ergänzende Suchvorschläge präsentiert, die nur zufällig „Treffer“  liefern. Die Suchmaschine ist, um für Internetnutzer möglichst attraktiv zu sein – und damit den gewerblichen Kunden der Beklagten ein möglichst großes Publikum zu eröffnen – auf inhaltlich weiterführende ergänzende Suchvorschläge angelegt …. Das geschieht in der – in der Praxis oft bestätigten – Erwartung, dass die mit dem Suchbegriff bereits verwandten Wort-Kombinationen – je häufiger desto eher – dem aktuell suchenden Internetnutzer hilfreich sein können, weil die zum Suchbegriff ergänzend angezeigten Wort-Kombinationen inhaltliche Bezüge wiederspiegeln …… Sie führt im Streitfall dazu, dass den … angezeigten Ergänzungsvorschlägen …. die Aussage zu entnehmen ist, zwischen dem Kläger und den – negativkonnotierten – Begriffen „Scientology“ und/oder „Betrug“ bestehe ein sachlicher Zusammenhang.“ 

2.

Der BGH hat auch festgestellt, dass es sich bei den Autokomplete-Begriffen um eigene Informationen von Google handelt. Hierzu führt der BGH wie folgt aus: 

„Das Berufungsgericht hat die Beklagte zutreffend als Dienstanbieter (§ 2 Satz 1 Nr. 1 TMG) qualifiziert, der eigene Informationen zur Nutzung bereit hält und deshalb gem. § 7 Abs. 1 TMG nach den allgemeinen Gesetzen – mithin auch nach §§ 823 Abs. 1, 1004 BGB – verantwortlich ist ….. Die Kläger nehmen die Beklagte nicht wegen der Durchleitung, Zwischenspeicherung oder Speicherung fremder Informationen, sondern wegen einer eigenen Information in Anspruch, konkret wegen der als Ergebnisse ihres Autokompliet-Hilfsprogramms den Nutzer ihrer Internet-Suchmaschine angezeigten Suchwortergänzungsvorschläge.“ 

3.

Hinsichtlich den Prüfungspflichten von Google hat der BGH festgestellt, dass Google allerdings erst dann tätig werden muss, wenn das Unternehmen auf Rechtsverletzungen hingewiesen wird.

4. 

Im Ergebnis ist daher festzustellen, dass, sollten persönlichkeitsrechtsverletzende Inhalte in den Suchergänzungsvorschlägen enthalten sein, empfiehlt es sich Google darauf aufmerksam zu machen und von Google abzuverlangen, diese Suchergänzungsvorschläge zu streichen

Muss man auch den Google Cache nach Abgabe einer Unterlassungserklärung löschen lassen?

Wer eine Homepage ins Netz stellt und diese von Google erfassen lässt, muss damit leben, dass Google in seinen Speicher (Cache) sogenannte Abbilder der Seite speichert. Dies oftmals auch über längere Zeit in regelmäßigen Abständen. Nun stellt sich die Frage, ob man auch diesen Cache bei Google löschen lassen muss, sofern man eine Unterlassungserklärung abgegeben hat, bestimmte Inhalte nicht mehr zum Abruf bereit zu halten oder zu verwenden. Nein, sagen die Richter des LG Halle in einem aktuellen Fall. Eine allgemeine Pflicht existiere nicht, im Falle der Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung auch den Google Cache löschen zu lassen (LG Halle, Urteil vom 31.05.2012 – Az.: 4 O 883/11).

Im vorliegenden Fall hatte sich die Beklagte dazu verpflichtet, auf ihrer Internetseite nicht mehr mit bestimmten Stichwörtern (Meta-Tags) zu arbeiten. Deshalb ließ sie die entsprechenden Keywords komplett von der Seite verschwinden. Im Google Cache hingegen war die Seite immer noch wie ursprünglich vorzufinden.

Die Unterlassungsgläubigerin sah hierdurch die Vertragsstrafe verwirkt und verlangte die Zahlung einer Summe in Höhe von 5.100,00 Euro.

Zu Unrecht wie die Richter des LG Halle nun entschieden.

Bei dem Google Archiv handle es sich nur um eine Abbildung der streitgegenständlichen Seite zum Zeitpunkt vor Abgabe der Erklärung. Deshalb liege hier kein Verschulden vor, sofern man diese Inhalte nicht löschen lasse.

Es existiere obendrein auch keine grundsätzliche Pflicht, nach Abgabe einer solchen Erklärung Google um Löschung zu bitten. Die Vertragsstrafe wäre nur dann verwirkt, wenn dies ausdrücklich vereinbart worden wäre.

Doch Vorsicht: Nicht alle Gerichte vertraten in der Vergangenheit diese Auffassung. Das LG Hamburg z.B. sah die Sache anders (302 O 743/05). Auch das Kammergericht sah eine Pflicht zur Löschung (9 U 27/09), zudem das Landgericht Saarbrücken (9 O 258/08) sowie das LG Frankfurt a.M. (3-08 O 136/11).

Begründet wurde das in der Regel damit, dass es im Rahmen des § 890 ZPO dazu gehöre, von einem Unterlassungsschuldner zu fordern, eben nicht nur alles zu unterlassen, was zu einer Verletzung führen kann und könnte, sondern auch alles von ihm zu verlangen, was im konkreten Fall erforderlich und zumutbar ist, um künftige Verletzungen zu verhindern. Dazu zähle eben auch und gerade die Einwirkung auf Dritte, wie in dem Fall Google.