Regelmäßig stellt sich bei einer Berichterstattung in den Medien, welche ggf. Persönlichkeitsrechte verletzt, die Frage, ob es sinnvoll ist rechtliche Maßnahmen zu ergreifen. Im folgenden soll ein kurzer Überblick über die wichtigsten Fragen in diesem Zusammenhang gegeben werden.
A. Berichterstattung und Äußerungen in den Medien
1. Meinung oder Tatsachenbehauptung
Zunächst muss unterschieden werden, welche Art von Äußerung vorliegt. Dabei sind Äußerungen nicht nur das gesprochene oder gedruckte Wort. Umfasst ist alles, was dargestellt oder auch gesendet wird. Um klären zu können, welche Ansprüche gegen die Äußerung in Betracht kommen, ist zu unterscheiden, ob es sich um eine Meinungsäußerung oder eine Tatsachenbehauptung handelt.
1.1. Tatsachenbehauptung
Eine Tatsachenbehauptung ist gegeben, wenn der Gehalt der Äußerung entsprechend dem Verständnis eines Durchschnittempfängers der objektiven Klärung/einem objektiven Beweis zugänglich ist.
1.2. Meinung
Von einer Meinungsäußerung (Werturteil) geht man aus, wenn die Äußerung für den Empfänger als subjektive Meinung des Äußernden erkennbar ist. Sie ist durch die Elemente des Dafürhaltens oder des Meinens geprägt.
2. Abgrenzungsschwierigkeiten
Häufig liegt einer Meinung auch ein Tatsachenkern zu Grunde. Bei der Abgrenzung wird darauf abgestellt, was im Vordergrund steht. Von einem Überwiegen des Tatsachencharakters ist auszugehen, wenn sich die Äußerung als Zusammenfassung von Tatsachenbehauptungen darstellt und letztlich ein Beweis über die Wahrheit des zusammengefassten Umstandes möglich ist.
Der Wertungscharakter überwiegt, wenn der tatsächliche Gehalt der Äußerung so substanzarm ist, dass er gegenüber dem Meinungscharakter in den Hintergrund tritt.
Weil das Recht auf freie Meinungsäußerung im Grundgesetz verankert ist, entscheidet die Rechtsprechung in Zweifelsfällen in der Regel für das Vorliegen einer Meinungsäußerung.
3. Fallgruppen
3.1. Gutachten und Testberichte
In der Regel Meinungsäußerungen.
3.2. Rechtliche Einordnungen
In der Regel Meinungsäußerungen. Etwas anderes kann gelten, wenn die Rechtsmeinung dem Adressaten die Vorstellung von ganz konkreten Vorgängen vermittelt, deren Wahrheitsgehalt wiederum durch einen Beweis überprüft werden könnte (vorbestrafter Lügner, vorbestrafter Betrüger).
3.3. Äußerungen im politischen Meinungskampf
Insbesondere im Wahlkampf sind in der Regel Meinungsäußerungen.
3.4. Prognosen
In der Regel Meinungsäußerungen, weil sie Aussagen über die Zukunft treffen und diese nicht dem Beweis zugänglich sind.
Enthält eine Äußerung für den objektiven Beobachter jedoch die Erklärung, dass im Hinblick auf ein bestimmtes Ereignis in der Zukunft schon jetzt bestimmte Absichten und bestimmte Vereinbarungen bestehen, so handelt es sich wiederum um eine Tatsachenbehauptung. (Beispiel Hochzeit im September).
3.5. Verdachtsäußerungen
In diesen Fällen scheidet eine Tatsachenbehauptung nicht allein deshalb aus, weil derjenige, der die Äußerung ausstellt, Zweifel an seiner Aussage mitteilt. In dem Äußern eines Verdachts, in dem Aufwerfen einer Frage steckt zumindest im Kern die Behauptung, dass etwas tatsächlich so ist oder so sein könnte. Entsprechendes gilt für Fragen. Zwar sind Fragen häufig als Werturteile anzusehen. Wird durch die Art der Fragestellung jedoch eine bestimmte Tatsache vermittelt, so liegt eine Tatsachenbehauptung vor; dies gilt insbesondere für so genannte rhetorische Fragen.
3.6. Zitat
Zum einen enthält ein Zitat immer die Tatsachenbehauptung, dass sich der Zitierte so wie zitiert geäußert hat. Zum anderen kann das Zitat eine Äußerung enthalten, durch die ein Dritter betroffen ist. Dann ist wiederum nach den allgemeinen Abgrenzungskriterien zu klären, ob in dieser ausgeführten Äußerung des Dritten eine Tatsachenbehauptung oder ein Werturteil liegt.
Hat sich derjenige, der das Zitat gebraucht, nicht vom Inhalt des Zitats distanziert, so kann er im Übrigen für das Zitat wie für eine Eigenaussage haften.
B. Anspruchsvoraussetzungen
1. Tatsachenbehauptung
Liegt eine Tatsachenbehauptung vor, so hat der Betroffene immer dann einen Anspruch, wenn die Tatsachenbehauptung unwahr ist.
Ist die Tatsachenbehauptung wahr und wird dadurch der Intimbereich einer Person betroffen, so ist auch das Verbreiten einer wahren Tatsache in aller Regel unzulässig.
Auch unter wettbewerbsrechtlichen Gesichtspunkten kann das Verbreiten von wahren Tatsachenbehauptungen unzulässig sein.
Die Tatsachenbehauptung muss aufgestellt sein. Das Erfordernis des Aufstellens bedeutet nicht, dass die Behauptung als eigene aufgestellt sein muss. Es genügt bloßes verbreiten. Es genügt damit auch die Verbreitung von Äußerungen Dritter.
Der Anspruchsberechtigte muss betroffen und damit erkennbar sein.
Dabei kommt es darauf an, ob der Berechtigte selbst und indivuduell betroffen ist. Namentliche Erwähnung setzt das Merkmal der Betroffenheit nicht voraus. Es genügt, dass die Identität des Anspruchstellers sich für die sachlich interessierte Leserschaft ohne Weiteres ergibt oder aber zumindest ermitteln lässt.
2. Meinungsäußerung
Bei Meinungsäußerungen ist eine Interessenabwägung notwendig.
2.1. Persönlichkeitsrecht oder Recht des Unternehmers am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb
Das Persönlichkeitsrecht oder das Recht des Unternehmers an seinem eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb muss gegenüber dem Recht des Äußernden auf freie Meinungsäußerung und gegebenenfalls auch gegenüber der Presse- und Rundfunkfreiheit abgewogen werden.
2.2. Schmähkritik
Das Persönlichkeitsrecht überwiegt immer dann, wenn die Äußerung sich als so genannte Schmähkritik darstellt. Dies ist der Fall, wenn Sie – jenseits auch polemischer und überspitzter Kritik- ausschließlich in der Herabsetzung einer Person besteht. Es genügt aber nicht allein die Herabsetzung. Die Kritik muss bezogen und ausfallend sein, so dass die Auseinandersetzung der Person oder der Sache nicht mehr im Vordergrund steht, sondern lediglich die Diffamierung.
Die Schmähkritik ist von der Satire abzugrenzen.
Unzulässigkeit der Satire kann sein, wenn sie etwas nicht Vorhandenes übertreibt oder überspitzt. Dabei gilt, dass derjenige, der sich im öffentlichen Leben bewegt, z.B. Politiker, mehr ertragen müssen, als derjenige, bei dem dies nicht der Fall ist.
2.3. Intimsphäre
Das Persönlichkeitsrecht überwiegt auch, wenn über die Intimsphäre einer Person berichtet wird.
2.4. Meinungs-, Presse- und Rundfunkfreiheit
In den anderen Fällen überwiegt in der Regel die Meinungs-, Presse- und Rundfunkfreiheit.
C. Anspruchsgrundlagen
1. Gegendarstellungsanspruch
1.1. Voraussetzungen
1.2. Veröffentlichungsverlangen
Dies kann schriftlich oder mündlich erfolgen.
1.3. Gegendarstellung
Sie muss schriftlich erfolgen. Es darf nur mit Tatsachenbehauptungen auf Tatsachenbehauptungen in der Ausgangsberichterstattung erwidert werden.
1.4. Fristen
– Unverzüglichkeit der Zuleitung,
– Aktualitätsgrenze,
– Eilbedürftigkeit.
2. Unterlassungsanspruch
2.1 Voraussetzungen
Der Unterlassungsanspruch kann sich richten gegen
– Unwahre Tatsachenbehauptung,
– wahre aber sonst rechtsverletzende Tatsachenbehauptungen,
– Schmähkritik.
Der Unterlassungsanspruch ist verschuldensunabhängig.
Voraussetzung für den Unterlassungsanspruch ist ferner eine Wiederholungsgefahr oder das Vorliegen einer Erstbegehungsgefahr.
2.2. Anspruchsberechtigte und Anspruchsverpflichtete
Es gilt der weite im Betroffen der Begriff des Äußerungsrechts, dass sowohl das Recht für juristische als auch natürliche Personen beinhaltet, Ansprüche geltend zu machen.
Anspruchsverpflichtet ist derjenige der die Äußerung aufgestellt und/oder verbreitet hat.
2.3. Gerichtliche Durchsetzung
Der Unterlassungsanspruch wird sehr häufig im Eilverfahren geltend gemacht.
3. Der Widerrufs- und Richtigstellungsanspruch
Widerruf und Richtigstellung unterscheiden sich vom Gegendarstellungsanspruch dadurch, dass der Widerruf die Erklärung des Verlages bzw. des Medienunternehmens ist.
3.1. Voraussetzungen
Der Anspruch ist nur gegen unwahre Tatsachenbehauptungen möglich, nicht gegen Meinungsäußerungen.
3.2. Gerichtliche Durchsetzung des Anspruchs
Die Besonderheit des Richtigstellungsanspruchs und der gleichzeitige Nachteil für den Betroffenen liegt darin, dass die Richtigstellung nach allgemeiner Ansicht nur im Hauptsacheverfahren geltend gemacht werden kann.
4. Schadensersatzansprüche
4.1. Grundvoraussetzung
Es muss eine schuldhafte Rechtsverletzung vorliegen. Bei der Rechtsverletzung kommt es darauf an, ob das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Betroffenen einer Berichterstattung verletzt worden ist. Die infrage kommenden Schuldformen sind Vorsatz und Fahrlässigkeit.
Die schuldhafte Rechtsverletzung muss kausal für einen Schaden sein. Zweifel an der Kausalität einer Berichterstattung für einen Schaden gehen zu Lasten des Geschädigten.
4.2. Anspruch auf Ersatz immaterieller Schäden
Voraussetzung:
– Vorliegen einer schweren Persönlichkeitsrechtsverletzung,
– Verschulden des handelnden Mediums,
– Bestehen eines unabwendbaren Bedürfnisses,
– keine Möglichkeit, anderweitig Ersatz zu verlangen.
Bildnachweis: Kunstart.net/pixelio.de