Verdeckte Überwachungsmaßnahmen

Das Bundesarbeitsgericht hat in einer Entscheidung vom  29.6.2017 (Urteil vom 29.6.2017, 2 AZR 597/16)  festgehalten, dass eine vom Arbeitgeber veranlasste verdeckte Überwachungsmaßnahme zur Aufdeckung eines auf Tatsachen gegründeten konkreten Verdachts einer schwerwiegenden Pflichtverletzung des Arbeitnehmers (nicht nur bei Verdacht auf Straftaten) kann nach § 32 Abs. 1 Satz 1 BDSG zulässig sein kann. Konkret ginge es um den  Verdacht wettbewerbswidriger Konkurrenztätigkeit und des Vortäuschens einer Erkrankung.

In der Entscheidung führte das BAG hierzu wie folgt aus:

“ Der mit einer Datenerhebung verbundene Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers muss auch im Rahmen von § 32 Abs. 1 Satz 1 BDSG einer Abwägung der beiderseitigen Interessen nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit standhalten (BAG 17. November 2016 – 2 AZR 730/15 – Rn. 30; 7. September 1995 – 8 AZR 828/93 – zu II 2 c bb der Gründe, BAGE 81, 15; 22. Oktober 1986 – 5 AZR 660/85 – zu B I 2 a der Gründe, BAGE 53, 226). Dieser verlangt, dass der Eingriff geeignet, erforderlich und unter Berücksichtigung der gewährleisteten Freiheitsrechte angemessen ist, um den erstrebten Zweck zu erreichen (BAG 17. November 2016 – 2 AZR 730/15 – aaO; 15. April 2014 – 1 ABR 2/13 (B) – Rn. 41, BAGE 148, 26; 29. Juni 2004 – 1 ABR 21/03 – zu B I 2 d der Gründe, BAGE 111, 173). Es dürfen keine anderen, zur Zielerreichung gleich wirksamen und das Persönlichkeitsrecht der Arbeitnehmer weniger einschränkenden Mittel zur Verfügung stehen. Die Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne ist gewahrt, wenn die Schwere des Eingriffs bei einer Gesamtabwägung nicht außer Verhältnis zu dem Gewicht der ihn rechtfertigenden Gründe steht (BVerfG 4. April 2006 – 1 BvR 518/02 – zu B I 2 b dd der Gründe, BVerfGE 115, 320; BAG 15. April 2014 – 1 ABR 2/13 (B) – aaO). Die Datenerhebung, -verarbeitung oder -nutzung darf keine übermäßige Belastung für den Arbeitnehmer darstellen und muss der Bedeutung des Informationsinteresses des Arbeitgebers entsprechen. Danach muss im Falle einer der (verdeckten) Videoüberwachung vergleichbar eingriffsintensiven Maßnahme zur Aufklärung einer schwerwiegenden, jedoch nicht strafbaren Pflichtverletzung ebenso wie zur Aufdeckung von Straftaten im Rahmen von § 32 Abs. 1 Satz 2 BDSG ein auf konkrete Tatsachen gegründeter Verdacht für das Vorliegen einer solchen Pflichtverletzung bestehen. Eine verdeckte Ermittlung „ins Blaue hinein“, ob ein Arbeitnehmer sich pflichtwidrig verhält, ist auch nach § 32 Abs. 1 Satz 1 BDSG unzulässig.“

Welche Rechte haben Kinder von Prominenten?

Welche Rechte haben Kinder von Prominenten? Mit dieser Frage beschäftigte sich der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte am 16.3.2016. Der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR 16313/10) lag folgender Sachverhalt zugrunde:

Die Kinder eines bekannten ehemaligen deutschen Nationalspielers wurden in zwei Zeitschriften in den Jahren 2004 und 2007 bis 2009 in insgesamt 9 Fällen in Eltern-Kind-Situationen gezeigt. Dabei waren ihre Gesichter entweder nicht zu sehen oder verpixelt.

Der Verlag gab zunächst, bezogen auf die konkreten Veröffentlichungen, Unterlassungserklärungen ab. Er lehnte es aber ab, sich zu verpflichten, künftig gar keine Bilder der Kinder mehr zu veröffentlichen.

Daraufhin erwirkten die Kinder ein Urteil des Landgerichts Hamburg, das dem Verlag pauschal von verbot, Bilder von den Kindern zu veröffentlichen.

Der Verlag ließ sich hiervon aber nicht beeindrucken und veröffentlichte weiterhin Bilder. Daraufhin ließen die Kinder Zwangsgelder gegen den Verlag verhängen.

Die Kinder verklagten darüber hinaus den Verlag wegen hartnäckiger Persönlichkeitsverletzung auf eine Geldentschädigung von jeweils € 40.000,00.

Der BGH lehnte den Anspruch auf Geldentschädigung ab und begründete dies damit, dass kein unabwendbares Bedürfnis für eine Geldentschädigung bestehe.

Die Kinder riefen daraufhin den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte an und beriefen sich auf Art. 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK), das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens.

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat die Beschwerde jedoch abgewiesen. Im Wesentlichen begründete der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte seine Entscheidung damit, dass sich zwar aus Art. 8 EMRK eine positive Verpflichtung der Konventionsstaaten – und damit auch Deutschlands –, das Privat- und Familienleben von Beeinträchtigungen durch die Medien und ihre Berichterstattung zu schützen, gebe. Es gebe aber verschiedene Wege, dieser Verpflichtung gerecht zu werden. Der Geldentschädigungsanspruch sei nur einer solcher Wege. So lange im Ergebnis ein ausreichendes Schutzniveau gewährleistet sei, sind die Mitgliedstaaten in ihrer Wahl ihrer Mittel frei und insbesondere nicht verpflichtet, Geldentschädigungsansprüche vorzusehen.

Die Entscheidung ist aus der Sicht der Betroffenen enttäuschend. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass die Entschädigungssummen bei schwerwiegenden und anhaltenden Persönlichkeitsverletzungen in der Vergangenheit deutlich gestiegen sind, so dass über diesen Weg durchaus die Rechte der Betroffenen durchgesetzt werden können.

Bilder von Privatpersonen in den Boulevardmedien

Muss eine Privatperson dulden, dass sie in den Boulevardmedien mit einer bekannten Person abgebildet wird?

Damit musste sich er Bundesgerichtshof in einem Urteil vom 21.04.2015 (AZ: VI ZR 245/14) auseinandersetzen. Der Entscheidung lag folgender Sachverhalt zugrunde: Eine Frau befand sich am Strand auf einer Mittelmeerinsel. Eine Zeitung fotografierte einen bekannten Fußballspieler am Strand und brachte hierzu folgenden Artikel:

„Sonne, Strand, Strauchdiebe. Gestern sahen wir … in pikanter Frauen-Begleitung am Ballermann. Jetzt wird er Opfer einer Straftat.“

Die Zeitung druckte dabei ein Foto ab, das den Fußballspieler zeigte und im Hintergrund war die Klägerin im Bikini auf einer Liege zu sehen.

Die Dame machte hiergegen Unterlassungsansprüche geltend. Der Bundesgerichtshof hat der Klage stattgegeben. Die Klägerin befinde sich in einer privaten Situation. Ein zeitgeschichtliches Ereignis liege nicht vor. Auch eine Interessenabwägung führt nach Auffassung des Bundesgerichtshofs zu dem Ergebnis, dass das Allgemeine Persönlichkeitsrecht der Klägerin stärker wiegt als der Informationswert für die Öffentlichkeit

Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist zu begrüßen. Zufällig in Bild auftauchende Personen müssen dies nicht ertragen.

Das Netz vergisst nichts – oder doch?

Bürger der Europäischen Union haben nach einer Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union (Az. C-131/12) ein Recht auf Vergessen im Internet.

Ein Spanier hatte gegen den amerikanischen Suchmaschinenbetreiber Google geklagt. Google hatte auf einen Artikel in einer spanischen Lokalzeitung über eine den spanischen Bürger betreffende Zwangsversteigerung im Jahr 1998 verlinkt. Die dieser Zwangsversteigerung zugrundeliegende Angelegenheit war jedoch längst erledigt. Der Spanier sah sich daher in seinem Recht auf Selbstbestimmung seiner persönlichen Daten verletzt. Die spanische Datenschutzagentur gab der Auffassung des Spaniers Recht. Google wandte sich gegen diese Entscheidung an die spanischen Gerichte. Diese legten dem EuGH die Frage zur Entscheidung vor.

Mit dieser Entscheidung sind Suchmaschinenanbieter in der Europäischen Union künftig verpflichtet, Anträge betroffener Personen sorgfältig zu prüfen und bei Begründetheit die Links zu löschen. Nach Ansicht der Richter können nur Personen des öffentlichen Lebens, bei denen die Öffentlichkeit ein Interesse am Zugang zu Informationen hat, sich nicht oder nur unter erschwerten Bedingungen auf dieses Recht auf Vergessen berufen.

Die Entscheidung stärkt die Persönlichkeitsrechte und das Recht auf Datenschutz

Satirisch pointierte Äußerungen in einem Comedy-Programm

Das Landgericht München hat sich in einer Entscheidung vom 24.04.2013 (Aktenzeichen 9 O 27677/12) damit befasst, in welchem Umfang satirisch pointierte Äußerungen über einen älteren Schauspieler angesichts dessen Vaterschaft in einem Bühnenprogramm eines Comedians zulässig sind.

Das Gericht kam dabei zu der Überzeugung, dass, sofern der Comedian im Rahmen seines Programms den in der Öffentlichkeit bekannten älteren Schauspieler als unattraktiven älteren Mann darstellt, der beispielsweise wegen einer künstlichen Hüfte hinkt, deutlich übergewichtig und kleinwüchsig ist und ein Gebiss trägt, das er zum Küssen bisweilen herausnimmt und in die Tasche steckt, keine Tatsachenbehauptung darstellt, sofern diese erkennbar als Übertreibung und damit als Kontrastbild gegenüber der als jung und attraktiv dargestellten Freundin der satirisch-überspitzten Darstellung des Altersunterschieds und der sich hieraus ergebenden Gegensätzlichkeit der Partner dient. 

In jedem Fall ist bei solchen Konstellationen jedoch eine Güter- und Interessenabwägung notwendig. Zwar sind auch die Privatsphäre berührende künstlerische Darbietungen, wenn sie von der Kunstfreiheit gem. Art. 5 Abs. 3 GG gedeckt sind, grundsätzlich zulässig, ein Konflikt zwischen der Kunstfreiheitsgarantie einerseits und dem verfassungsrechtlich geschützten Persönlichkeitsbereich des Dargestellten andererseits ist jedoch aufgrund der Abwägung unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des Einzelfalls zu lösen.

 

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Fotoveröffentlichung der Ehefrau eines Prominenten anlässlich deren Hochzeit

Das Kammergericht Berlin (Urteil vom 20.09.2012 – 10 U 2/12) musste sich mit der Klage der Ehefrau eines Prominenten anlässlich deren Hochzeit befassen. Die Ehefrau des bekannten Fernsehmoderators verlangte als Klägerin von der Beklagten die Unterlassung der erneuten Veröffentlichung eines Fotos, das sie nach ihrer Trauung am 02.07.2011 beim Verlassen der Kirche, abgeschirmt von Personenschützern und verhüllt mit einem schwarzen Tuch, zeigte mit der Bildinnenschrift „Nach Trauung verlässt A.G. abgeschirmt von Bodyguards die Kirche“. Das Landgericht hatte der Klage in vollem Umfang stattgegeben. Das Kammergericht Berlin hat der Berufung stattgegeben und festgestellt, dass der Klägerin ein auf §§ 823 Abs. 1, 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB analog i.V.m. § 22 f. KUG i.V.m. Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG gestützter Anspruch auf Unterlassung der beanstandeten Fotoveröffentlichungen nicht zusteht. Das Kammergericht ging dabei davon aus, dass der Begriff der Zeitgeschichte in § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG zugunsten der Pressefreiheit in einem weiten Sinne zu verstehen ist und nicht nur Vorgänge von historisch-politischer Bedeutung, sondern alle Fragen von allgemeinem gesellschaftlichen Interesse einschließlich unterhaltender Beiträge wie etwa solche über das Privat- und Alltagsleben prominenter Personen umfasst. Auch im Rahmen des sogenannten abgestuften Schutzkonzepts für die Zulässigkeit einer Bildveröffentlichung sind nach Auffassung des Kammergerichts die Persönlichkeitsrechte eines Betroffenen mit denen der Presse abzuwägen, wobei nicht lediglich eine der bloßen Neugier dienende Berichterstattung zugunsten der Presse spricht. Für eine insofern zugunsten der Presse zu fordernde ernsthafte und sachbezogene Erörterung einer Angelegenheit von öffentlichem Interesse reicht nach Auffassung des Kammergerichts bereits die Möglichkeit aus, dass ein Beitrag der Meinungsbildung zu Fragen von allgemeinem Interesse dienen kann. 

Die Entscheidung trägt dazu bei, dass der Presse erleichtert wird, auch über gegebenenfalls private Vorgänge zu berichten, wenn der Beitrag zur Meinungsbildung in der Öffentlichkeit beitragen kann. 

Prominente beim Besuch einer Vernissage

Der Bundegerichtshof musste sich mit der Frage beschäftigen, unter welchen Voraussetzungen es zulässig ist, so genannte kontextbezogene Fotos in einem Presseartikel über Prominente bei einem Besuch einer Vernissage zu veröffentlichen.

In dem Rechtsstreit hatte eine bekannte Adlige von der Verlegerin einer Illustrierten die Unterlassung einer Bildberichterstattung verlangt. In einer der Ausgaben der Illustrierten wurde unter der Überschrift „Die lange Nacht der Goldkinder“ ein Artikel veröffentlicht, der unter anderem mit einem die Klägerin zeigenden Foto bebildert war und in das folgender Text eingeblendet war:

„Im Gedränge der Vernissage: Gallerist und Millionenerbe Alex D. und eine Besucherin diskutieren mit der jungen Kunstkolumnistin … die Werke eines Warhol-Schülers in der Scream-Gallery, die Rolling Stone Ron Wood gehört.“

Der Artikel befasst sich mit dem Londoner Nachleben, der in der Berichterstattung so genannten „Young Society“, unter anderem mit dem Besuch der Klägerin in einer Vernissage anlässlich der Eröffnung einer Ausstellung des Warhol-Schülers René Ricard in der Scream-Gallery. Der Bundesgerichtshof hat in seinem Urteil (Az. VI ZR 5/10) festgestellt, dass ein Unterlassungsanspruch analog § 1004 Abs.1 S. 2 BGB i.V.m. §§ 823 Abs. 1, 2 BGB § 22 f. KUG Artikel 2 Abs. 1, Artikel 1 Abs. 1 GG der Klägerin nicht zusteht. Dabei hat das Gericht zunächst festgestellt, dass eine Einwilligung der Klägerin in die streitgegenständliche Bildveröffentlichung nicht vorgelegen habe. Nur aus ihrer Teilnahme an der Ausstellungseröffnung und einer von der Beklagten behaupteten Kenntnis davon, dass Fotos angefertigt worden, ist nicht auf eine konkludente Einwilligung zu schließen.

Von dem Grundsatz, dass Bildnisse nur mit Einwilligung verbreitet werden dürfen, besteht allerdings gem. § 23 Abs. 1 KUG eine Ausnahme, wenn es sich um Bildnisse aus dem Bereich der Zeitgeschichte handelt. Diese Ausnahme gilt aber nicht für eine Verbreitung, durch die berechtigte Interessen der Abgebildeten verletzt werden (§ 23 Abs. 2 KUG).

Nach Auffassung des Bundesgerichtshofs handelt es sich bei der streitgegenständlichen Berichterstattung und dem Bildnis um eine Berichterstattung aus dem Bereich der Zeitgeschichte. Es handelt sich um einen unterhaltenen Beitrag über das Privat- oder Alltagsleben prominenter Personen, der Anlass zu sozialkritischen Überlegungen sein kann. Nach Auffassung des Bundesgerichtshofs liegt ein Eingriff in den privaten Bereich oder ein Bericht, der auf das Privatleben der Klägerin beschränkt ist, nicht vor, da die Klägerin sich durch die Teilnahme an der Veranstaltung in den Bereich des gesellschaftlichen Lebens begeben hat.

Der Bundesgerichtshof stellt auch fest, dass keine überwiegenden berechtigten Interessen der Klägerin erkennbar seien, die bei der gebotenen Würdigung der Berichterstattung in ihrer Gesamtheit der Verbreitung des sie zeigenden Fotos entgegenstünden.

Der Bundesgerichtshof verfolgt damit im Ergebnis weiterhin seine, nach meiner Auffassung eher pressefreundliche Haltung. Die großzügige Auslegung von „unterhaltenden Beiträgen über das Privat- oder Alltagsleben prominenter Personen, die Anlass zur sozialkritischen Überlegung sein können“ führt letztendlich dazu, dass aus nahezu jeglicher Aktivität von prominenten Persönlichkeiten ein Ereignis der Zeitgeschichte wird. Dies wird dem Schutz des Rechts am eigenen Bild und insbesondere auch des allgemeinen Persönlichkeitsrecht nach meiner Auffassung nicht gerecht.

Bildnachweis: Kunstart.net/pixelio.de