BGH verbietet Werbung in Autoreply-Mails an Verbraucher

In einem von uns in erster und zweiter Instanz vertretenen Fall, hat der BGH in einem heute veröffentlichten Urteil ein Machtwort gesprochen (VI ZR 134/15): Unerwünschte Werbung – auch in sogenannten Autoreply-Mails – an Verbraucher, muss nicht hingenommen werden und löst Unterlassungs- sowie Schadenersatzansprüche aus. Auch dann, wenn es sich dabei im Kern um Eingangsbestätigungen handelt. Der BGH hat damit das Berufungsurteil des LG Stuttgart aufgehoben und die Meinung des Amtsgerichts Bad Cannstatt vertreten. Interessant dabei: Geklagt hat unser Mandant als Verbraucher, weshalb der BGH nach den Normen des BGB zu prüfen und entscheiden hatte.

Bisher liegt nur der Tenor der Entscheidung vor, dieser lautet:

VI ZR 134/15 – Antwortwerbemails:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Stuttgart vom 4. Februar 2015 aufgehoben.
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts Stuttgart-Bad Cannstatt vom 25. April 2014 wird mit der klarstellenden Maßgabe zurückgewiesen, dass Ziffer 1. des Tenors wie folgt lautet:
"1. Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes von bis zu 250.000 €, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu vollziehen an einem der Vorstandsmitglieder der Beklagten, zu unterlassen, zum Zwecke der Werbung mit dem Kläger ohne dessen Einverständnis per E-Mail unter der Adresse XXX.de Kontakt aufzunehmen oder aufnehmen zu lassen, wenn dies geschieht wie im Falle der E-Mail Sendungen vom 10., 11. und 19. Dezember 2013."
Die Beklagte trägt die Kosten der Rechtsmittelverfahren.

In der mündlichen Verhandlung am 15. Dezember stellte der Senat nach Einführung in den Sachstand klar, dass E-Mail-Werbung an Verbraucher einen Eingriff in das Persönlichkeitsrecht begründen kann. Jedenfalls dann, wenn ein Verbraucher klar oder indirekt zu verstehen gibt, dass er derartige E-Mails nicht empfangen wolle, hat er Werbung – auch nur als Bestandteil von E-Mails – nicht zu dulden.

Die Beklagte hat demnach auch die vollen Kosten des Verfahrens zu tragen, ebenso auch die außergerichtlichen Kosten für die Abmahnung.

Mit Spannung darf der Volltext der Entscheidung erwartet werden.

Der Streitwert für das Revisionsverfahren wurde im Übrigen per Beschluss, wie seinerzeit auch von uns angeregt auf EUR 1.000 festgesetzt. Das Amstgericht hatte noch 5.000 EUR angenommen.

LG Stuttgart: Werbung in automatischer Antwortmail ist erlaubt – Revision zugelassen

Das LG Stuttgart hat in einem von uns vertretenen Fall (wir vertreten den Kläger/Berufungsbeklagten) entschieden, dass Werbung innerhalb einer automatischen Antwort per E-Mail (Eingangsbestätigung) an einen Verbraucher zulässig ist, weil sie den Empfänger nicht erheblich belästigt (LG Stuttgart, Urteil v. 4. Februar 2015, Az.: 4 S 165/14).

Dies auch, wenn:

  • diesbezüglich keine Einwilligung vorliegt in den Erhalt von Werbung per E-Mail
  • die Werbung vom Umfang her den Hauptteil (der Zeichen nach beurteilt) der E-Mail ausmacht
  • der Empfänger/Verbraucher ausdrücklich der Werbung via E-Mail widersprochen hat
  • die Ausnahmeregelung nach § 7 Abs. 3 UWG nicht greift
  • es sich um ein zusätzliches, nicht angefordertes und nicht notwendiges Schreiben handelt
  • die E-Mails nicht auf die Anfrage des Empfängers eingehen und die Beklagte nicht verpflichtet ist, solche E-Mails zu versenden (wie z.B. bei manchen Transaktionsmails, bei denen man eine E-Mail also ohnehin erhalten müsste)
  • es sich nicht um eine Antwort auf die Anfrage handelt, und eine tatsächliche Antwort zu keiner Zeit jemals erfolgt ist

Das LG Stuttgart hat damit das Urteil der ersten Instanz (AG Bad Cannstatt, Az.: 10 C 225/14) aufgehoben und anders entschieden. Allerdings hat die Berufungskammer die Revision zum BGH zugelassen, weil die streitgegenständliche Frage nicht höchstrichterlich geklärt sei.

Unser Mandant hat bereits Revision beim Bundesgerichtshof in Karlsruhe einlegen lassen. Das Verfahren wird dort unter dem Az.: BGH VI ZR 134/15 geführt.

Das Urteil im Volltext:
LG Stuttgart, Urteil vom 04.02.2015, Az.: 4 S 165/14
(original Urteil, hier Urteil in Reintext)

Zum Bericht der Vorinstanz:
AG Stuttgart-Bad Cannstatt: Auch Werbung in einer Autoreply-Mail an Privatpersonen ist verboten

UPDATE (16.12.2015): Der BGH hat in der Sache das Urteil des LG Stuttgart mittlerweile vollständig aufgehoben und anderslautend entschieden!

Wann sind Kosten eines Rechtsanwaltes für eine Abmahnung erstattungsfähig?

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (Urteil vom 06.05.2004, I ZR 2/03 – Selbstauftrag) sind die Aufwendungen für eine Abmahnung von dem Verletzer nur zu erstatten, wenn sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig sind. Dies gilt auch hinsichtlich der Kosten für die Beauftragung eines Rechtsanwaltes.

In diesem Zusammenhang musste sich das Landgericht Stuttgart (Urteil vom 16.10.2014, 11 O 93/14) damit auseinandersetzen, ob ein Rechtsanwalt im Falle der eigenen Betroffenheit die ihm entstandenen Anwaltskosten für eine von ihm beauftragte Abmahnung erstattet bekommen kann. Der Kläger, ein Rechtsanwalt, wehrte sich gegen die Veröffentlichung eines Werbevideos über die Kanzlei, bei der nach seiner Ansicht ein falscher Eindruck über die Zusammensetzung der Partner der Kanzlei entstanden sei. Durch einen Rechtsanwalt lies er dann die Verbreiter des Videos abmahnen.

Das Landgericht Stuttgart kam in der Entscheidung zu der Überzeugung, dass die Kosten nicht erstattungsfähig sind. Das Landgericht führte dabei aus, dass die Beauftragung eines Rechtsanwalts zur Abmahnung eines Verstoßes gegen das Wettbewerbsrecht dann nicht notwendig ist, wenn der Abmahnende selbst über eine hinreichende eigene Sachkunde zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung eines unschwer zu erkennenden Wettbewerbsverstoßes verfügt (BGH Urteil vom 06.05.2004, I ZR 2//03, Juris Rz. 10). Schon bei Verbänden zur Förderung gewerblicher Interessen, die in der Lage sind, typische und durchschnittliche zu verfolgende Wettbewerbsverstöße ohne anwaltlichen Rat zu erkennen, sieht die Rechtsprechung die Beauftragung eines Rechtsanwalts mit der Abmahnung eines solchen Verstoßes als nicht erforderlich an, so dass die Erstattung der für eine Abmahnung ggf. aufgewendeten Anwaltsgebühren nicht verlangt werden (BGH, aaO, Juris Rz. 11). Erst recht muss ein Rechtsanwalt im Falle der eigenen Betroffenheit seine Sachkunde bei der Abmahnung eines Wettbewerbsverstoßes einsetzen (BGH, aaO, Juris, Rz. 12). Die Hinzuziehung eines weiteren Rechtsanwalts zum Ausspruch der Abmahnung ist in diesen Fällen bei typischen, unschwer zu verfolgenden Wettbewerbsverstößen nicht notwendig. Es besteht daher sofern gleichwohl ein weiterer Rechtsanwalt mit der außergerichtlichen Durchsetzung der Ansprüche beauftragt wird, kein Anspruch auf Erstattung der hierfür anfallenden Kosten (BGH, aaO, Juris Rz. 12). Allein die Inanspruchnahme des Betroffenen durch die Verfolgung des Wettbewerbsverstoßes reicht nicht aus, um die Erstattungsfähigkeit der Kosten aus der Beauftragung des weiteren Rechtsanwalts zu begründen (BGH, aaO, Juris, Rz. 9).

Ausgehend von diesen Grundsätzen führte das Landgericht Stuttgart aus, dass bei dem Verstoß, den die Beklagte durch die vermeintliche irreführende Werbung mit dem Werbevideo begangen hat, sich um einen einfach gelagerten Verstoß, den der Kläger als Rechtsanwalt aufgrund seiner Sachkunde ohne Weiteres erkennen und ohne die Hinzuziehung eines weiteren Rechtsanwalts persönlich außergerichtlich abmahnen konnte. Vorliegend kam nach Auffassung des Landgerichts Stuttgart hinzu, dass der von ihm beauftragte Rechtsanwalt ebenfalls über keine Spezialkenntnisse im Wettbewerbsrecht verfügte, sondern ausweislich der Angaben auf dem Briefkopf der Kanzlei, der er angehörte, in einem anderen Fachanwaltsbereich tätig ist. Er war also nicht besser qualifiziert als der Kläger selbst. Im Ergebnis waren daher die angefallenen Anwaltskosten nicht erstattungsfähig gem. § 12 UWG.

 

Rechtswahlklauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen

Onlinehändler die im Rahmen des Fernabsatzes auch mit Kunden im Ausland Verträge abschließen verwenden in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen häufig folgende Rechtswahlklausel:

„Diese Vertragsbedingungen unterliegen deutschem Recht.“

Das Oberlandesgericht Oldenburg hat (Beschluss vom 23.09.2014, Az. 6 U 113/14) nunmehr entschieden, dass diese Rechtswahlklausel unwirksam sei, da sie den Eindruck erwecke, dass deutsches Recht ausschließlich anwendbar sei und aus der Klausel nicht eindeutig hervorgeht, dass die Rechtswahl nicht dazu führt bzw. führen soll, dass dem Verbraucher der von zwingenden Vorschriften oder von Richterrecht gewährte Schutz seines Aufenthaltslandes entzogen werde.

Es ist nicht auszuschließen, dass es aufgrund dieser Entscheidung zu neuen Abmahnungen kommen wird. Es empfiehlt sich daher in jedem Fall entsprechende Klauseln prüfen zu lassen.

Unterlassungserklärung: Wer unterschreibt, hat sich daran zu halten

Das OLG Brandenburg hat entschieden (OLG Brandenburg, 29.04.2014 – 6 U 10/13), dass ein Anspruch aus einem Unterlassungsvertrag grundsätzlich unabhängig davon besteht, ob die ursprüngliche Verpflichtung, zu deren Unterlassung sich der Schuldner bereit erklärt hat, rechtswidrig war. Heißt übersetzt: Wer eine Unterlassungserklärung unterschreibt, hat sich an diese zu halten. Ganz gleich, ob das Verhalten, das man der Erklärung nach unterlassen soll, ursprünglich überhaupt rechtswidrig war.

Jeder hat grundsätzlich die Chance, bevor eine Unterlassungserklärung unterschrieben werden soll, prüfen zu lassen, ob und in welchem Umfang eine solche überhaupt notwendig ist. Das kann nach einem Urteil des OLG Brandenburg auch nur dringend empfohlen werden. Denn wer einmal unterschreibt, hat sich an den Inhalt der Erklärung zu halten – egal, ob das, was man damit unterlassen will überhaupt rechtswidrig war oder nicht.

Im vorliegenden Fall gab ein Unternehmen eine strafbewehrte Unterlassungserklärung ab. Darin verpflichtete es sich, eine bestimmte AGB-Klausel nicht mehr zu verwenden. Tut es das Unternehmen trotzdem, sollte eine Vertragsstrafe verwirkt sein. Es kam, wie es kommen musste. Das Unternehmen verwendete die Klausel noch einmal nach Abgabe der Erklärung. Die spätere Klägerin machte daraufhin die Vertragsstrafe geltend. Die Beklagte wandte ein, dass die ursprüngliche Beanstandung, die AGB-Klausel sei wettbewerbswidrig, nicht zutreffend gewesen sei.

Das spiele keine Rolle, so die Richter. Die spätere Klägerin stütze ihren Anspruch auf den Unterlassungsvertrag. Deshalb sei auch nicht mehr zu prüfen, ob die ursprüngliche Abmahnung und damit die Geltendmachung eines Anspruchs berechtigt gewesen sei oder nicht. Die abgegebene Unterlassungserklärung – so die Richter weiter – habe gerade den Sinn, den Streit um diese Frage zu klären und jede Einwendung hinsichtlich des Punktes auszuschließen.

AG Stuttgart-Bad Cannstatt: Auch Werbung in einer Autoreply-Mail an Privatpersonen ist verboten!

In einem aktuellen Verfahren, im Rahmen dessen wir den Kläger vertreten haben, weist das Amtsgericht in Stuttgart-Bad Cannstatt darauf hin, dass Werbung in sogenannten Autoreplys (automatischen Antwort-E-Mails) an Verbraucher verboten ist und diese wie herkömmliche Werbe-E-Mails bzw. Spam zu behandeln sind, sofern kein Einverständnis des Empfängers vorliegt (Urteil d. AG Stuttgart-Bad Cannstatt, Az.: 10 C 225/14 vom 25.04.2014). Dabei spiele es keine Rolle, ob sich werbende Elemente lediglich im Abspann der E-Mail befinden und zuvor nur der Eingang einer E-Mail bestätigt wird. Dies gelte selbst dann, wenn sich der Kläger als erstes an die Beklagte per E-Mail gewandt habe.

Der Fall ist schnell erklärt: Unser Mandant (und späterer Kläger) hat eine Versicherung bei einem großen deutschen Versicherungshaus per Brief gekündigt. Da er keine Antwort auf die Kündigung erhielt, wandte er sich per E-Mail an die spätere Beklagte und bat um eine Kündigungsbestätigung. Darauf reagierte die Beklagte mit einer automatischen Antwort-E-Mail (Autoreply). Diese sah wie folgt aus:

Sehr geehrte Damen und Herren,

vielen Dank für Ihre Nachricht. Wir bestätigen Ihnen hiermit den Eingang Ihres Mails. Sie erhalten baldmöglichst eine Antwort.

Mit freundlichen Grüßen
Ihre XXX

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Neu für iPhone Nutzer: Die App XXX, inkl. Push Benachrichtigungen für XXX und vielen weiteren nützlichen Features rund um XX und XXX: http://itunes.apple.com/de/app/xxx

***Diese E-Mail wird automatisch vom System generiert. Bitte antworten Sie nicht darauf.***

Eine Antwort auf die eigentliche Anfrage erhielt unser Mandant nicht. Zunächst mag man der Ansicht folgen, dass es sich hierbei um eine reine Eingangsbestätigung handelt, tatsächlich entpuppt sich die E-Mail allerdings als Mail mit werbendem Charakter und ist damit verboten, sofern der Empfänger einer solchen nicht zugestimmt hat.

Der Kläger wandte sich daraufhin an den Datenschutzbeauftragten des Unternehmens (der unter der gleichen Adresse erreichbar ist) und bat um Erklärung, wodurch sich die Beklagte berechtigt sieht, ihm elektronische Werbung zu übersenden. Die Folge war eine weitere streitgegenständliche Werbe-E-Mail – die gleiche wie oben aufgezeigt. Ein paar Tage später (der Kläger hatte immer noch keine tatsächliche Antwort erhalten) wandte er sich erneut an die Beklagte um bat abermals um die Erledigung der Angelegenheiten (Kündigungsbestätigung sowie Erklärung für den Erhalt von Werbung). Eine Antwort erhielt er immer noch nicht. Stattdessen folgte noch eine weitere E-Mail mit werbendem Charakter. Natürlich wieder dieselbe wie oben.

Der Kläger entschied sich darauf hin, die Versicherung durch uns abmahnen zu lassen. Vorab versandten wir unsere Abmahnung ebenso per E-Mail. Die Folge mag man sich ausdenken: eine weitere Werbe-E-Mail, diesmal direkt an unsere Kanzlei. Kurz vor Fristablauf erklärte die Versicherung dann, dass sie ihr Verhalten als völlig rechtskonform einstufe und sie daher keine Unterlassungserklärung abgeben werde und auch die entstandenen Abmahnkosten nicht tragen werde. Begründet hat das die Beklagte damit, dass ein Eingriff in das allgemeine Persönlihkeitsrecht des Klägers mit den E-Mails nicht vorliege. Außerdem habe es der Kläger selbst in der Hand, ob er sich nochmals per E-Mail an sie wende oder nicht. Er könne damit die Werbemails jederzeit selbst stoppen, da es sich ja „nur“ um Autoreplys handle. Unser Mandant entschied sich dafür, die Sache gerichtlich klären zu lassen.

Das Amtsgericht Stuttgart-Bad Cannstatt hat nun das Urteil in der Sache gefällt (AG Stuttgart-Bad Cannstatt, Az.: 10 C 225/14 v. 25.04.2014). Wir stellen die wichtigsten Punkte dazu zusammen:

  1. Eine Privatperson hat regelmäßig Anspruch auf Unterlassung des Zusendens von Werbe-E-Mails aus §§ 1004 Abs. 1 Satz 2, 823 Abs. 1 BGB, da § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB neben dem Eigentum auch alle anderen absoluten Rechte des § 823 Abs. 1 BGB schützt. In den Schutzbereich fällt damit auch das auf Art. 2 Abs. 1 GG beruhende allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers. Die ohne vorherige Aufforderung seitens des E-Mail-Adressaten getätigte Zusendung von E-Mails zu geschäftlichen Zwecken, stellt regelmäßig einen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des von diesen E-Mails Betroffenen dar. Derartige Kontaktaufnahmen beeinträchtigen nämlich regelmäßig die Lebensführung des Betroffenen. Der Betroffene muss sich mit den Mitteilungen auseinandersetzen. Er muss sie sichten und aussortieren. Für ihn entsteht damit ein zusätzlicher Arbeitsaufwand.
  2. Auch elektronische Werbung in Form einer automatisierten Eingangsbestätigung (Autoreply) fällt unter dieses Verbot. Auch dann, wenn sich Werbung lediglich im Abspann der Mail befindet und zuvor der Eingang einer E-Mail bestätigt wird. Ausreichend für einen Verstoß ist bereits der Versuch, ein Produkt oder Leistungen zu bewerben. Auch dann, wenn sich der Kläger damit schlussendlich als erstes an die Beklagte gewandt hat.
  3. Die Zusendung einer Werbemail rechtfertigt regelmäßig die erforderliche Wiederholungsgefahr. Diese ergibt sich aus der Erstbegehung und aus der Ablehnung, eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abzugeben.
  4. Allein das Ändern der automatisierten Antwort und das Entfernen der Werbung aus jener reichen nicht aus, um die Wiederholungsgefahr zu beseitigen.

Der Streitwert für das Verfahren (Zusendung von Werbemails an eine Privatperson) wurde mit 5.000 EUR bemessen. Wir selbst hatten nur 1.000 EUR zugrunde gelegt und auch nur daraus die zu erstattenden Kosten berechnet. Unserer Klage wurde voll stattgegeben.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Die beklagte Versicherung hat bereits angekündigt, in Berufung zu gehen und dafür das Landgericht Stuttgart anzurufen.

Den Volltext der Entscheidung gibt es hier zum Download.
Urteil d. AG Stuttgart-Bad Cannstatt, Az.: 10 C 225/14 vom 25.04.2014

UPDATE (18.02.2015): Das Verfahren wurde mittlerweile in zweiter Instanz entschieden. Es läuft derzeit die Revision.

Ist Streaming eine Urheberrechtsverletzung?

Das Landgericht Köln hat mit Beschluss vom 24.01.2014 (AZ: 209 O 188/13) festgestellt, dass Streaming keine Urheberrechtsverletzung sei.

Nachdem es eine Abmahnwelle wegen „Streaming“ von Filmen auf einer Internetplattform gab, musste sich das Landgericht Köln in mehreren Beschwerdeverfahren damit befassen, ob das Streaming von Beiträgen im Internet eine Urheberrechtsverletzung darstellt. Zunächst hatte das Landgericht Köln dies in den Auskunftsverfahren bejaht. Nunmehr hat das Landgericht die Abweichung von seiner ursprünglichen Entscheidung damit begründet, dass im ursprünglichen Antrag von Downloads die Rede gewesen sei. Tatsächlich hätte es sich aber nur um das Anschauen von Filmbeiträgen im Internet gehandelt. Dieses bloße „Streamen“ einer Videodatei stellt im Gegensatz zum Download nach Auffassung des Gerichts aber grundsätzlich noch keinen relevanten rechtswidrigen Verstoß im Sinne des Urheberrechts dar.

Die Behauptung, Facebook-Fans seien nur gekauft, kann untersagt werden

Wer behauptet, ein anderer habe seine Facebook-Fans nur gekauft, kann nach einem aktuellen Beschluss des OLG Frankfurt abgemahnt werden (OLG Frankfurt, Beschluss v. 25.04.2013, Az.: 16 W 21/13). Deshalb ist bei solch einer Aussage – vor allem auch gegenüber Konkurrenten – Vorsicht geboten.

Spätestens seit die Facebook-Freunde im Internet mittlerweile im Paket angeboten werden und sich so manche Seite von heute auf morgen über Hunderte von virtuellen, neuen Anhängern freut, wird hier und da gerne mal der Verdacht laut, dass sich Unternehmen und Promis ihre neuen Fans doch sicher nur gekauft haben. Möglich ist das tatsächlich. Doch auch wenn sich der Verdacht aufdrängt, sollte man einen solchen besser für sich behalten.

So ging es vor Gericht nun um genau dieses Thema und folgenden Facebook-Beitrag dazu:

„Ich stelle grad zufällig fest, dass z.B. B1 ca. 450 FB-Fans hat….A3 ca. 1.150…beide immerhin schon amtierende Meisterteams im A1. Und dann sehe ich ein 2012 erstmals im A2 angetretenes Amateurteam (Namen nenne ich nicht….) das über ca. 22.000 FB-Fans verfügt!!!??? Tja spätestens seit dem Dschungelcamp weiß man ja, wie man zu vielen FB Freunden kommt!;-)))

Die meisten Fans kommen aus Stadt1 und sind 13 – 17 Jahre alt….ich hau mich grad weg hier….;)))))

Ist ja fast ein Schnäppchen… 20.000 internationale Fans für EUR 359,90…da kann der eine oder andere ja schon mal in Versuchung geraten….;-))))“

Im Moment lache ich gerad darüber, wie Du C in einer PN beschimpft hast, weil er es gewagt hat, die gekauften Fans auch peinlich zu finden….;-)) Oh man, wenn du wüsstest… dir müssen eigentlich den ganzen Tag die Ohren geklungen haben… einfach zu geil!!;-)))

EINEN Gleichgesinnten? Wenn Du nur wüsstest…J )))) Aber wenn, dann besser einer, als 19 gekaufte von den Fidschi Inseln! J ) Ach, der A4… genau den wirst du schneller wieder sehen als dir lieb ist…wenn auch nur ganz kurz. J Wie sagte Rudi Carrell immer so schön: Lass Dich überraschen…;-) Schönen Abend noch! J“.

Das wollte sich der/die Betroffene nicht gefallen lassen und beantragte nach erfolgloser Abmahnung den Erlass einer einstweiligen Verfügung. Und bekam diese auch. Der Facebook-Kommentator musste sich geschlagen geben. Denn wer behauptet, ein anderer habe Facebook-Fans doch sicher nur gekauft, verletzt nach Ansicht der zuständigen Richter durch solch eine Äußerungen den Betroffenen in seinem geschützten Persönlichkeitsrecht und kann daher auf Unterlassung gem. §§ 1004 Abs. 1 Satz 2, 823 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 1, 2 Abs. 1 GG in Anspruch genommen werden.

Während das Landgericht in der Vorinstanz noch von einer zulässigen Meinungsäußerung ausging, stuften die obersten Frankfurter Richter die Aussage als Tatsachenbehauptung ein. Vor allem aus dem Bezug zum Dschungelcamp lasse sich ein entsprechender Tatsachenkern ermitteln, so die Richter.

LG Stuttgart: Social-Network-Betreiberin haftet nicht für Urheberrechtsverletzungen Dritter

In einem von uns vertretenen Fall haben die Richter des Landgerichts Stuttgart mittels Beschluss festgestellt (LG Stuttgart, Beschluss v. 05.09.2013, Az.: 17 O 294/13) , dass unsere Mandantin – Betreiberin eines der größten Social Networks in Deutschland – nicht für Urheberrechtsverletzungen Dritter haftet, sofern sie auf eine Abmahnung hin unverzüglich tätig wird und das streitgegenständliche Bild löscht. Wir haben für unsere Mandantin vorliegend unmittelbar nach Eingang der unberechtigten Abmahnung negative Feststellungsklage eingereicht.

Abmahnungen sind ein zweischneidiges Schwert. Richtig eingesetzt, können sie teure Prozesse verhindern und eine schnelle Erledigung einer Sache mit sich bringen. Falsch eingesetzt, kann sich der Abmahner daran ganz schön die Finger verbrennen. Teure Prozess- und Gerichtskosten sind dann die Folge.

Das hatte nun auch ein Fotograf zu spüren bekommen, der unsere Mandantin – Betreiberin eines großen deutschen Social Networks – abgemahnt hatte für die Verwendung eines seiner Bilder durch ein Mitglied des Netzwerkes. Wir haben unserer Mandantin dazu geraten, direkt negative Feststellungsklage einzureichen, um jegliche Kostenlast auf ihrer Seite zu vermeiden. Denn bekanntlich muss am Ende derjenige die Kosten tragen bei einer negativen Feststellungsklage, der zu unrecht abgemahnt hat. Und Gegenabmahnungen bzw. sonstige Vorabschreiben sind in aller Regel auch nicht erstattungsfähig. Wir haben darüber bereits mehrfach berichtet.

Nach übereinstimmender Erledigungserklärung hatten die Richter vorliegend nur noch über die Kosten zu entscheiden. Diese wurden vollumfänglich – wie von uns beantragt – dem Beklagten (also sprich dem Fotografen, der abmahnen hat lassen) auferlegt. Der Streitwert wurde dabei für ein veröffentlichtes Bild sowie Auskunftsansprüche auf 6.000 EUR festgesetzt.

Die Richter betonen in dem Beschluss, der noch nicht rechtskräftig ist, dass regelmäßig ein Feststellungsinteresse besteht, wenn sich jemand mittels einer Abmahnung Ansprüchen berühmt, die tatsächlich nicht bestehen. Dafür reiche bereits ein außerprozessuales Bestreiten oder Berühmen (vgl. Zöller-Greger, ZPO, 28. Aufl. 2010, § 256, Rn. 7 m.w.N.).

Des Weiteren folgen die Richter noch einmal der gängigen Rechtsprechung zur Störerhaftung. Unsere Mandantin haftet demnach weder als Täterin noch als Teilnehmerin noch als Gehilfin für eine Urheberrechtsverletzung Dritter, sofern sie keine Kenntnis davon hat. Auch eine Haftung als Störerin scheidet vorliegend aus, da keine Prüfpflichten verletzt wurden. Im Gegenteil: unsere Mandantin hat sofort nach Eingang der Abmahnung reagiert und das beanstandete Bild gelöscht. Der abmahnende Fotograf unterlag demnach vor dem Landgericht in Stuttgart in allen Punkten. Rechtsmittel sind noch möglich, wobei das OLG Stuttgart die Sache ähnlich sehen dürfte.

Übrigens stellen die Richter noch begrüßenswerterweise fest, dass, wer sein Bild im Internet entdeckt und abmahnen lassen kann, nachher auch ohne Weiteres überprüfen kann, ob das Bild gelöscht wurde oder nicht. Einer weiteren, überprüfbaren Bestätigung darüber bedarf es demnach nicht.

Die Entscheidung des LG Stuttgart (LG Stuttgart, Beschluss v. 05.09.2013, Az.: 17 O 294/13) gibt es hier zum Download als Volltext.

Homepagebetreiber kann sogar als Gehilfe für Urheberrechtsverletzungen Dritter haften

Bekommt ein Diensteanbieter (Homepagebetreiber) eine Meldung über eine mögliche Urheberrechtsverletzung von Dritten auf seiner Internetseite und reagiert er über einen längeren Zeitraum nicht adäquat darauf, dann kann er nicht nur als Störer haften, sondern auch als Gehilfe in Anspruch genommen werden (OLG Hamburg, Beschluss v. 13.05.2013, Az.: 5 W 41/13). Das kann fatale Folgen mit sich bringen. Neben Schadenersatz kommen für den Betreiber dann nämlich auch strafrechtliche Konsequenzen in Betracht (§ 27 StGB).

In der Rechtsprechung um die Haftung fremder Inhalte auf der eigenen Homepage tut sich Neues auf in Hamburg. Grund genug, sich den Beschluss des OLG einmal genauer anzusehen. Es geht darin um die Haftung von Diensteanbietern für die Inhalte Dritter. Bislang lautet die einhellige Rechtsprechung dazu so, dass man grundsätzlich nicht für Inhalte Dritter haftet, solange man keine Kenntnis von diesen hat (§ 10 TMG). Das ist soweit klar und dürfte mittlerweile auch unbestritten sein (vgl. u.a. BGH – VI ZR 93/10 m.w.N.). Bekommt man als Webseitenbetreiber einen Hinweis oder eine konkrete Meldung auf einen möglichen Verstoß, so muss man diesem nachgehen, sonst riskiert man eine teure Abmahnung in der Folge. Reagiert man aber ordentlich darauf und löscht den beanstandeten Inhalt, weil er zu Recht moniert wurde, dann hat es sich für den Betreiber erledigt. Weder muss er in der Regel eine Unterlassungserklärung abgeben, noch Anwaltsgebühren oder Schadenersatz bezahlen.

Haftung als Gehilfe

Aus Hamburg weht nun allerdings frischer Wind durch die Störerhaftung. Die obersten hanseatischen Richter dehnen die Störerhaftung aus. Im wesentlich geht es darum, dass, wenn ein Betreiber nicht in akzeptabler Zeit auf eine Meldung reagiert, er nicht nur als Störer in Anspruch genommen werden kann, sondern auch als Gehilfe (§ 27 StGB). Das bedeutet in der Konsequenz, dass er nicht nur auf Unterlassung in Anspruch genommen werden kann, sondern auch auf Schadenersatz. Ähnlich, als habe er die Urheberrechtsverletzung selbst begangen.

Die Richter betonen dabei, dass sich der Webseitenbetreiber nicht (mehr) auf das Haftungsprivileg des § 10 TMG berufen kann, wenn er trotz der positiver Kenntnis einfach weiterhin untätig bleibt. Eben dann haftet er ganz normal nach den allgemeinen Grundsätzen und somit auch auf Schadensersatz. Zudem kommen strafrechtliche Konsequenzen für die Personen beim Anbieter in Betracht, die nicht auf die Meldung reagiert haben. Juristisch gesehen, gehen die Richter von einem  bedingten Vorsatz aus, nachdem der Betreiber zwar Kenntnis von der Urheberrechtsverletzung hat aber trotzdem weiterhin untätig bleibt. Er nimmt damit die Rechtsverletzung „billigend in Kauf“.

Fazit

Man darf gespannt sein, wie sich die Rechtsprechung in Sachen Gehilfenhaftung entwickelt. Es wird dadurch einmal mehr wichtig, auf Meldungen richtig und zeitnah zu reagieren. Übrigens: Wie so eine Meldung aussehen kann und wie wenig Inhalt und Nachweise dafür eigentlich notwendig sind, habe ich hier bereits besprochen.