Urheberrechtlicher Schutz für Textzeilen eines Musikwerkes

Wie in dem Beitrag am 14.04.2021 mitgeteilt, musste das Landgericht Düsseldorf in einem Verfahren in dem der Beklagte von uns vertreten wurde, prüfen, ob Textzeilen eines Musikwerkes Werke i.S.d. Urheberrechts sind.

Streitgegenstand des Rechtstreits war die Schutzfähigkeit einer einzelnen Textzeile, die Bestandteil eines Gesamtwerkes aus Text und Musik war. Bei dieser Zeile handelte es sich letztlich um den Refrain eines gesungenen Liedes.

Dabei gilt, dass  zwar auch davon auszugehen ist, dass ein Textteil – unabhängig von dem Gesamtwerk, in dem er eingebettet ist – urheberrechtliche Schutzfähigkeit als Sprachwerk erlangen kann, Voraussetzung hierfür wäre, dass sich dieser selbst als persönliche geistige Schöpfung darstellt. Dabei ist zu berücksichtigen, dass bei sehr kleinen Teilen wie einzelnen Wörtern, Sätzen oder Satzteilen der Urheberschutz daran scheitert, dass sie nicht ausreichend Raum für die Entwicklung von Individualität bieten. Es ist nicht ausreichend, um urheberechtlichen Schutz zu erlangen, dass ggf. eine gewisse Originalität vorliegt.

 Voraussetzung, dass ein mit dem Mittel der Sprache ausgedrückter Gedanken– und/oder Gefühlsinhalt vermittelt wird. Dieser geistige Inhalt findet seinen Niederschlag und Ausdruck in der Gedankenführung und Führung des dargestellten Inhalts und oder der geistvollen Form und Art der Sammlung, Einteilung und Anordnung des dargebotenen Stoffes. Gerade bei Texten, die nur aus wenigen Worten bestehen, wird es häufig wegen der Kürze an einer ausreichenden Möglichkeit fehlen, einer persönlichen geistigen Schöpfung Ausdruck zu verleihen. (vgl. OLG Hamburg, Beschluss vom 26.04.2010, Az. 5 U 160/08; OLG Hamburg, ZUM-RD 2010, 467)

Vor diesem Hintergrund hatte auch das LG Düsseldorf in seinem Beschluss vom 19.11.2020 (AZ.: 2a O 64/20) festgestellt,  dass es der Textzeile „Die Seele brennt“ an der erforderlichen Schöpfungshöhe fehlt. Bei dem Satzteil handelt es sich um eine allgemein sprachliche Ausdrucksweise bzw. sprachübliche Formulierung eines leidenschaftlichen Gefühls, für die die Kläger keinen Urheberrechtschutz beanspruchen können. Derartige Formulierungen sind sprachüblich und ohne besondere Originalität oder Schöpfungshöhe im vorliegenden Fall um eine mehr- oder minderalltägliche Gestaltung mit den Mittel der Sprache, die die Kläger nicht für sich monopolisieren können. So wurde z.B. auch die Schutzfähigkeit der Textzeile

„wir fahr´n, fahr´n auf der Autobahn“

verneint. (OLG Düsseldorf, GRUR 1978, 640, 641).

Der Umstand, dass es sich bei der Textzeile um den Refrain eines Musikstückes handelt, führt zu keiner anderen Beurteilung. Auch wenn dieser durch Wiederholungen und eine Gewisse Herausstellung häufig besonders eindrücklich vermittelt wird, besagt dies nichts zur erforderlichen Schöpfungshöhe. (vgl. OLG Hamburg a. a. O.) Dies umso weniger, als häufig gerade derartige Textzeilen trotz ihrer überragenden Bekanntheit banale sprachliche Aussagen enthalten.

Mit vergleichbarer Begründung hatte auch das OLG München (Beschluss vom 14.08.2019 – 6 W 927/19) festgestellt, dass der Wortfolge „Früher war mehr Lametta“ die für einen Urheberrechtsschutz erforderliche Originalität fehlt. Das LG Bielefeld (Entscheidung vom 03.01.2017, Az. 4 O 144/16) verneinte den Urheberschutz, da es dem fraglichen Tweet an der hierfür erforderlichen Schöpfungshöhe fehle. Trotz des darin enthaltenen Sprachwitzes sei die für einen Urheberschutz entscheidende Schwelle zur persönlichen geistigen Schöpfung nicht erreicht. Vielmehr sei der Tweet mit einem urheberrechtlich nicht schutzfähigen Slogan gleichzusetzen.

In die gleiche Richtung geht eine Entscheidung des Landgerichts Bielefeld zu dem Tweet: „Wann genau ist aus“ Sex Drugs & Rock n Roll“ eigentlich „Laktoseintoleranz, Veganismus & Helene Fischer“ geworden.

Das LG Bielefeld (Entscheidung vom 03.01.2017, Az. 4 O 144/16) verneinte den Urheberschutz, da es dem fraglichen Tweet an der hierfür erforderlichen Schöpfungshöhe fehle. Trotz des darin enthaltenen Sprachwitzes sei die für einen Urheberschutz entscheidende Schwelle zur persönlichen geistigen Schöpfung nicht erreicht. Vielmehr sei der Tweet mit einem urheberrechtlich nicht schutzfähigen Slogan gleichzusetzen.

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„Die Seele brennt“ – Rechtsstreit vor dem Landgericht Düsseldorf durch Klagerücknahme beendet

Die Kläger haben einen Tag vor der Durchführung der mündlichen Verhandlung ihre Klage vor dem Landgericht Düsseldorf zurückgenommen.

Mit Klage vom 24.03.2020 hatten die Kläger beantragt, dass die vom Beklagten beim Deutschen Patent- und Markenamt eingetragene Wortmarke „Die Seele brennt“ für nichtig erklärt wird.

In der Klagebegründung gaben die Kläger an, im Jahr 2003 Text und Musik für den Song „Die Seele brennt“ geschrieben zu haben.

In dem Verfahren vor dem Landgericht in Düsseldorf wurde der Beklagte von uns anwaltlich vertreten.  Der Beklagte ist Vorstandsmitglied des FPMG Supporters Club e.V.

In einem Beschluss vom 19.11.2020 hat das Landgericht Düsseldorf (AZ.: 2a O 64/20) die Kläger auf folgendes hingewiesen:

Zwar ist die urheberrechtliche Schutzfähigkeit der streitgegenständlichen Textzeile als Sprachwerk gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 UrhG nicht von vornherein ausgeschlossen, insbesondere steht ihrer grundsätzlichen Schutzfähigkeit nicht entgegen, dass es sich bei ihr nur um einen – lediglich aus drei Wörtern bestehenden – Teil eines gesamten Textes handelt.

Allerdings handelt es sich bei in der Textzeile „Die Seele brennt“ nach Auffassung des Landgerichts Düsseldorf nicht um eine für das Erreichen der Schöpfungshöhe erforderliche, individuell – schöpferische Leistung im Sinne von § 2 UrhG.

Bei Sprachwerken muss ihr geistiger Gehalt – ein Gedanken– und/oder Gefühlsinhalt – durch das Mittel der Sprache zum Ausdruck kommen. Für die Schutzfähigkeit eines Sprachwerks kommt es sowohl auf seine Art als auch auf seinen Umfang an. Auch die Länge des Textes spielt eine Rolle. So wird bei sehr kleinen Teilen eines Sprachwerkes – wie einzelnen Wörtern oder knappen Wortfolgen – der Urheberrechtschutz meist daran scheitern, dass diese für sich genommen nicht hinreichend individuell sind.

Je kürzer die jeweilige Formulierung ist, desto mehr muss sie sich durch eine fantasievolle Wortwahl oder Gedankenführung von üblichen Formulierungen abheben. Vorbekannte oder allgemein sprachübliche Elemente können bei der Beurteilung der Schutzfähigkeit keine Rolle spielen.

In dem genannten Beschluss stellte daher das Landgericht fest, dass nach den dargelegten Maßstäben es der streitgegenständlichen, aus drei Wörtern bestehenden Text Passage „Die Seele brennt“ an der erforderlichen Schöpfungshöhe fehlt. Es handelt sich nach Auffassung des Landgerichts um keine persönliche in geistige Erschöpfung im Sinne von § 2 UrhG

Das Landgericht ist daher unserer Rechtsauffassung gefolgt. In dem Verfahren hatten wir auch auf die Entscheidung des OLG München (Beschluss vom 14.08.2019 – 6 W 927/19) hingewiesen in der das OLG München festgestellt hatte, das der Wortfolge „Früher war mehr Lametta“ die für einen Urheberrechtsschutz erforderliche Originalität fehlt.

Unter welchen Voraussetzungen dürfen Coverversionen veröffentlicht werden?

Immer wieder fragen Musiker, unter welchen Voraussetzungen sog. Coverversionen öffentlich aufgeführt oder auf Tonträger vervielfältigt werden dürfen. Erst neulich habe ich diesbezüglich im Rahmen eines Interviews in der Sendung Netzparade bei das Ding eine Stellungnahme abgegeben. Im Folgenden möchte ich noch einmal die wichtigsten Grundsätze zusammenfassen.

Grundsätzlich gilt, dass nach der Veröffentlichung eines Werkes es auch von anderen Musikern öffentlich aufgeführt und auf Tonträger vervielfältigt werden kann. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass die Musiker von dem Berechtigten eine Lizenz zur Aufführung oder zur Vervielfältigung erwerben und dass das Werk im Wesentlichen originalgetreu nachgespielt wird. Ist der Urheber des ursprünglichen Werkes Mitglied der GEMA oder einer ähnlichen Verwertungsgesellschaft, hat er die Aufführungsrechte und die Vervielfältigungsrechte an seinem Werk bereits im Voraus der GEMA zur treuhänderischen Wahrnehmung übertragen. Die GEMA muss nun jeden, der das Werk aufführen möchte oder vervielfältigten möchte, diese Aufführung oder Vervielfältigung gegen die Zahlung der festgesetzten GEMA-Gebühren gestatten.

Dabei ist jedoch regelmäßig zu prüfen, ob es sich tatsächlich um eine einfache Coverversion oder um eine Bearbeitung des Titels handelt. Sollte es sich um eine Bearbeitung im Sinne des § 3 UrhG handeln, muss eine Bearbeitungsgenehmigung eingeholt werden. Diese ist vom Urheber einzuholen.

Eine Bearbeitung liegt vor, wenn deutliche Veränderungen am Originalwerk vorgenommen werden. Hiervon zu unterscheiden ist die sog. Interpretation. Eine Interpretation liegt in der Regel dann vor, wenn ein Werk weitgehend unverändert wiedergegeben wird. Dies bedeutet, dass weder Text noch Melodie abgewandelt werden. Änderungen der Tonart, der Instrumentierung, des Sounds sind in der Regel zulässig.

Im Zweifel sollte mit den Verwertungsgesellschaften und den Urhebern Kontakt aufgenommen werden.

Urheberrechtsverletzung durch einen Werbejingle?

Das Landgericht München musste sich mit einer Klage des Komponisten der Melodie des McDonald`s Werbejingles „Ich liebe es“ auseinandersetzen. Der Komponist begehrte von McDonald’s Auskunft und Schadensersatzanspruch mit der Begründung, dass er seine Komposition nicht zur Veröffentlichung frei gegeben habe. Das Landgericht München wies die Klage ab.

In seiner Entscheidung (Urteil vom 18.08.2010; Az. 21 O 177/09) kam das Gericht zu der Überzeugung, dass die Tonfolge, auf die in der Produktion des Komponisten der Text „McDonald’s – Ich liebe es“ gerappt wird, keine persönliche geistige Schöpfung im Sinne des Urheberrechts darstellt. Nach Auffassung des Gerichts besteht die streitgegenständliche Tonfolge lediglich aus einer Terz und einer Sekunde und sei daher zu einfach, um die erforderliche urheberrechtliche Gestaltungshöhe zu erreichen.

Für Komponisten von Werbejingles stellt sich in diesem Zusammenhang immer wieder die Frage, ob diese urheberrechtlich geschützt sind. Im Zweifel empfiehlt es sich hier, den Jingle auch als so genannte Hörmarke beim Patent- und Markenamt registrieren zu lassen.

 Bildnachweis: Gerd Altmann/dezignus.com/pixelio.de

Sind computergenerierte Bilder urheberschutzfähig?

Bei der Frage, ob computergenerierte Bilder urheberschutzfähig sind kommt es immer wieder zu unterschiedlichen Auffassungen. In einer Entscheidung aus dem Jahr 2011 musste sich das Landgericht Hamburg damit befassen, ob die Visualisierung von Stuttgart 21 urheberschutzfähig ist.

In einem einstweiligen Verfügungsverfahren hatte das Landgericht Hamburg zu entscheiden, ob ein computergeneriertes Bild des im Rahmen des Großprojektes Stuttgart 21 geplanten neuen Stuttgarter Bahnhofs Urheberschutz genießt. Mit Beschluss vom 07.01.2011 – Az. 310 O 1/11 vertrat das Landgericht Hamburg die Auffassung, dass die Werksqualität der computergenerierten Visualisierung gegeben sei. Dabei ging das Landgericht Hamburg insbesondere davon aus, dass durch Vorlage des dem Projekt zugrunde liegenden Angebots Umstände erkennbar seien, aus der sich die für die Werkeigenschaft erforderliche geistige Schöpfungsleistung ableiten lasse.

Zu berücksichtigen ist, dass aufgrund des Beschlusses des Landgerichts Hamburg dennoch eine generalisierende Betrachtungsweise nicht in Betracht kommt. So hat beispielsweise das OLG Köln in einer Entscheidung vom 20.03.2009 Az. 6U 183/08 entschieden, dass bei Computergrafiken zweier Messestände die Urheberschutzfähigkeit der Computerbilder wegen fehlender Werksqualität nicht gegeben sei.

Bildnachweis: Gerd Altmann/pixelio.de 

Kein Formatschutz für Fußball-Castingshow

Das Landgericht München I hat die Klage eines Formatentwicklers gegen DSF (jetzt Sport 1) wegen Verletzung seines Urheberrechts durch die Ausstrahlung ein Fußball-Castingshow abgewiesen. Der Kläger war der Ansicht, dass ihm wegen der Verwendung seines Konzeptes durch die Fernsehreihe „Kicken gegen die Profis“ neben Ansprüchen auf Auskunft, Rechnungslegung ein Schadensersatzanspruch zusteht.

1. Formatentwicklung

Der Kläger machte geltend, dass er 2003 ein zehnseitiges Konzeptpapier angefertigt hat, in dem er seine Ideen zu einer Castingsendung zum Thema Fußball niederlegte. Nach seinerVorstellung sollten Fußballfans aus ganz Deutschland durch einen TV-Sender im Rahmen eines Castings ausgewählt werden, um eine Laienfußballmanschaft zu bilden, die anschließend nach Durchlaufen eines Trainings gegen eine Profifußballmanschaft aus der Bundesliga antritt. Der Formatentwickler hat sein zehnseitiges Konzeptpapier per Einwurfschreiben an DSF übermittelt. Ohne Rückmeldung beim Kläger begann DSF im Jahr 2007 ein Format namens „Kicken gegen Profis“ zu verwirklichen, welches nach Ansicht des Klägers mit dem von ihm erstellten Formatkonzept nahezu identische ist.

2. Kein schutzfähiges Konzept i.S.des § 2 UrhG

Das Landgericht München kam in seiner Entscheidung (Urteil vom 14.1.2010, AZ: 7 O 13628/09) zu der Überzeugung, dass das Konzept des Klägers kein schutzfähiges Werk ist. Nach Auffassung der Richter kann Gegenstand des Urheberrechtsschutzes nur die einzelne konkrete Formgestaltung sein. Die abstrakte Idee, das allgemeine Motiv, der Stil und die Methode begründen keinen Schutz. Dem klägerischen Konzept war angesichts dessen der Schutz nach dem Urheberrecht abzusprechen. Nach der Ansicht des Gerichts hat der Kläger seine Idee zwar in einem ausgearbeiteten Konzept niedergelegt und damit einen Rahmen zur Gestaltung eines Fußball-Castings vorgegeben. Es handelt sich dabei aber nur um eine Gestaltungsanleitung nicht aber um die konkrete Umsetzung in Form einer Fußballcastingsendung.

3. Keine Ansprüche aus dem Wettbewerbsrecht

Das Landgericht München hat auch Ansprüche aus dem UWG abgelehnt. Grundvoraussetzung für die Bejahung wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutzes ist die wettbewerbliche Eigenart (§ 4 Nr.9 UWG). Das Konzept des Formatenwicklers weist nach Auffassung der Münchener Richter infolge seiner Abstraktheit und der Übernahme allgemein bekannte Elemente die erforderliche Eigenart nicht auf.

4. Kein Ideenschutz

Das Landgericht hat zu recht den Schutz nach dem Urheberrecht versagt. Die bloße Idee und Anleitung zur Gestaltung einer Fernsehsendung kann dem Schutz nach dem Urheberrecht nicht zugänglich sein. Sie müssen im Interesse der Allgemeinheit frei bleiben, damit durch ihren Schutz nicht die Gestaltungsmöglichkeiten beschränkt werden (vgl. BGH Urteil vom 26.06.2003, AZ I ZR 176/01).

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