Erstes Facebook-Urteil aus Stuttgart: Betreiber von Facebook-Fanseite haftet für Inhalte Dritter nach Kenntnis

In einem von uns vertretenen Fall hatte das Landgericht Stuttgart darüber zu befinden, ob ein Betreiber einer Facebook-Fanseite (Unternehmensseite) für Rechtsverletzungen seiner „Fans“ haftet, sofern er Kenntnis von diesen hat und nichts dagegen unternimmt. Die Richter des Landgerichts Stuttgart bejahten dies und verurteilten einen Betreiber in Form eines Versäumnisurteils nun zur Unterlassung, zur Auskunft und zum Schadenersatz (LG Stuttgart, Urt. v. 20.07.2012, Az.: 17 O 303/12).

Ein Dritter (Fan) hatte auf der Facebook-Fanseite (Unternehmensseite) eines aus Funk und Fernsehen bekannten Sängers und Entertainers ein Lichtbildwerk unseres Mandanten veröffentlicht. Unser Mandant setzte den Betreiber über die Rechtswidrigkeit  der Veröffentlichung in Form einer E-Mail in positive Kenntnis. Nichts geschah, worauf hin wir den Betreiber der Facebook-Seite abmahnten. Auf die Abmahnung hin wurde weder eine entsprechende Unterlassungserklärung  abgegeben noch wurde das Bild daraufhin gelöscht.

Das Landgericht Stuttgart verurteilte den Prominenten nun zur Unterlassung, zur Auskunft und zum Bezahlen von Schadenersatz. Einer Begründung bedarf es dabei nicht, da es sich um ein Versäumnisurteil handelt. Der Beklagte legte Einspruch ein gegen das Urteil, zog diesen nun aber vor der mündlichen Verhandlung wieder zurück.

Wichtige Fragen blieben im Rahmen des Verfahrens unbeantwortet. So gingen wir davon aus, dass der Betreiber direkt für die rechtswidrige Veröffentlichung seines Fans haftet, da er das beanstandete Bild kommentierte und als „gefällt mir“ markiert hatte. Dadurch hatte er zwangsläufig Kenntnis von der Veröffentlichung des Bildes, auf welchem auch unschwer die Quelle zu erkennen war. Zudem machte er sich das Bild unserer Ansicht nach dadurch zu eigen (vgl. BGH, Urteil v. 12.11.2009, Az. I ZR 166/07).

Hilfsweise gingen wir in jedem Fall aber von einer Haftung als Störer aus, da der Betreiber per E-Mail mittels haftungsbegründender Erstabmahnung in Kenntnis gesetzt wurde und nicht adäquat bzw. gar nicht reagiert hat (vgl. BGH, Urteil vom 17.12.2010 – V ZR 44/10; BGH, Urteil vom 25. Oktober 2011, Az.: VI ZR 93/10).

Der Streitwert für die Unterlassung eines Lichtbildwerks samt Folgeansprüchen (Auskunft, Feststellung Schadenersatzpflicht) wurde auf EUR 7.500.- festgesetzt.

Hier gibt es das mittlerweile rechtskräftige Urteil zum Download.

Update [10.10.2012]: Aufgrund einiger Rückfragen hier eine kleine Ergänzung. Wir haben vorliegend den Urheber des Lichtbildwerks vertreten und nicht den Prominenten, der auf dem Bild zu sehen ist. Die Facebook-Seite, auf der das Foto dargestellt wurde, gehört einem Prominenten. Deshalb machten wir vorliegend auch Urheberrechte geltend und keine Persönlichkeitsrechte.

Auskunftsanspruch gegenüber Dritten bei Persönlichkeitsverletzung im Rahmen eines Blogs

Das OLG Dresden hat entschieden, dass jemand, der im Rahmen eines Internetforums bzw. Blogs in seiner Persönlichkeit verletzt wird, einen Anspruch auf Auskunft gegenüber dem Blogbetreiber hat, obwohl der Eintrag nicht von ihm, sondern von einem Dritten stammt (OLG Dresden, Beschluss vom 08.02.2012 – Az.: 4 U 1850/11).

Ein Dritter stellte innerhalb eines Blogs ein Kommentar ein, welches nach Meinung des späteren Klägers persönlichkeitsverletzende Äußerungen enthält. Zudem seien unwahre Tatsachenbehauptungen beinhaltet. Er begehrte deshalb unter anderem Auskunft, wer den inkriminierenden Beitrag in das Blog eingestellt habe.

Zu Recht wie die Richter des OLG Dresden im Rahmen eines Hinweisbeschlusses nun entschieden. Ein solcher Anspruch bestehe grundsätzlich. Grundlage hierfür sei § 242 BGB. Ein solcher Auskunftsanspruch bestünde immer dann – und zwar in jedem Rechtsverhältnis – in dem der Berechtigte (hier: Kläger) in entschuldbarer Weise über Bestehen und Umfang seines Rechtes im Ungewissen sei und der Verpflichtete unschwer Auskunft leisten könne. Konkret begründeten die Richter wie folgt:

„In Betracht kommt allerdings der allgemeine bürgerlichrechtliche Auskunftsanspruch gemäß §§ 242, 259, 260 BGB, der auch auf Dritte als Nicht-Verletzer anwendbar ist (BGH GRUR 2001, 841; Hartmann, Unterlassungsansprüche im Internet, S. 146). Er besteht grundsätzlich in jedem Rechtsverhältnis, in dem der Berechtigte in entschuldbarer Weise über Bestehen und Umfang seines Rechtes im Ungewissen und der Verpflichtete unschwer zur Auskunftserteilung in der Lage ist (so bereits BGHZ 10, 385). Unter diesen Voraussetzungen ist ein Anspruch auf Auskunftserteilung auch dann gegeben, wenn nicht der in Anspruch Genommene, sondern ein Dritter Schuldner des Hauptanspruchs ist, dessen Durchsetzung der Hilfsanspruch auf Auskunftserteilung ermöglichen soll (BGH GRUR 2001, 841; GRUR 1995, 427; GRUR 1994, 635).

Eine für den Anspruch erforderliche rechtliche Sonderverbindung folgt dann aus einem gesetzlichen Schuldverhältnis. Stellt sich ein Kommentar in einem Blog als rechtswidriger Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Verletzten dar, unterliegt nämlich auch der Blogbetreiber ebenso wie ein Hostprovider unter bestimmten Voraussetzungen, namentlich bei Verletzung von Prüfpflichten der allgemeinen Störerhaftung (BGH, Urteil vom 25.10.2011, VI ZR 93/10 – zitiert nach Pressemitteilung; NJW 2011, 753; CR 2010, 458; Senat, Hinweisbeschluss vom 7.10.2011, 4 U 919/11 n.v.). Der Auskunftsanspruch ergibt sich dann als Minus zu den ansonsten bestehenden Ansprüchen auf Unterlassung und Löschung persönlichkeitsverletzender Einträge.

Ob – wie das Landgericht unter Bezug auf die o.a. Entscheidung
des OLG Hamm angenommen hat, einem solchen  Auskunftsanspruch § 13 Abs. 6 S.1 TMG entgegenstünde, erscheint zweifelhaft, ist für das vorliegende Verfahren
jedoch nicht entscheidungserheblich.

Andere Rechtsprechung

Die vorläufige Entscheidung aus Dresden ist nicht unbedingt in Einklang zu bringen mit der bisherigen Rechtsprechung. Das OLG Hamm hat in der Vergangenheit einen eben solchen Auskunftsanspruch verneint (OLG Hamm, Beschluss vom 03.08.2011 – Az.: I-3 U 196/10).

2009 hat übrigens auch schon der BGH geurteilt, dass in solchen Fällen keine Pflicht zur Auskunft bzw. Identifizierung bestehe (BGH, Urteil vom 23.06.2009 – Az.: VI ZR 196/08). Es gehöre zur Meinungsfreiheit, dass solche Plattformen auch anonym genutzt werden könnten. Anders wäre es nur zu beurteilen gewesen, sofern die Grenze zur Schmähkritik überschritten worden wäre oder unwahre Tatsachenbehauptungen zur Debatte stünden, was vorliegend aber auch nicht der Fall war.