Zutritt nur mit Impfung – eine rechtliche Grauzone

Kann ein Konzert – oder Eventveranstalter verlangen, dass der Eventbesucher nur dann Zutritt zum Event erhält, sofern er sich gegen Covid-19 hat impfen lassen? Vertragliche Regelungen in Verträgen bzw. AGB zwischen Veranstaltern und Besuchern führen zu schwierigen Auslegungs- und Abgrenzungsproblemen und jedenfalls solange der gesamten Bevölkerung kein Impfangebot gemacht werden kann, zu einer Art Zwei-Klassen-Gesellschaft, die so nicht gewünscht ist. Es ist die Aufgabe des Gesetzgebers, die Veranstalter von der Last zu befreien, um ihre wirtschaftliche Existenz zu sichern, angreifbare vertragliche Regelung zu treffen. Dabei muss auch die „heilige Kuh“ des Datenschutzes kritisch hinterfragt werden.

1.
Das Covid-19-Virus hat sich seit mehr als einem Jahr in unserem Leben breitgemacht. Unendlich viele Tote und Infizierte weltweit, drastische Auswirkungen auf unsere zwischenmenschlichen Beziehungen, Vereinsamung, nie gekannte Einschränkungen unserer Grundrechte und erhebliche Beeinträchtigungen auch für die Veranstaltungsbranche und Kunstbranche.
Die Veranstalterinnen und Veranstalter weltweit suchen Auswege aus dieser Krise zu finden. Eine Möglichkeit könnte die Impflicht vor Zutritt bei Veranstaltungen sein.
Kann ein Veranstalter einen Impfnachweis zur Zugangsbedingung für den Einlass in seine Veranstaltung machen? Zurzeit sondieren Veranstalter und Dienstleister die Möglichkeiten, Veranstaltungen sicher durchführen zu können – bzw. auch mit möglichst wenigen Beschränkungen. Der Besucher muss nachweisen, dass er nicht infiziert bzw. geimpft ist. Darf ein Veranstalter diesen Nachweis verlangen? Und geht dies mittels der Allgemeinen Geschäftsbedingungen oder über das Hausrecht?

2.
Die staatliche Anordnung einer Impfpflicht für bestimmte Bevölkerungsteile oder gar die gesamte Bevölkerung mag aus epidemiologischer Sicht eine sehr effektive Methode der Pandemiebekämpfung sein, aus grundrechtlicher Perspektive ist eine solche Impfpflicht umstritten. In Betracht kommt ein Eingriff in das Recht auf körperliche Unversehrtheit oder andere Grundrechte wie z.B. die Glaubens- und Gewissensfreiheit.
Ein aktuelles Beispiel zu Fragen einer Impfpflicht für bestimmte Bevölkerungsgruppen ist das Masernschutzgesetz, welches aktuell noch Gegenstand von Verfassungsbeschwerden ist. Im Mai 2020 lehnte das Bundesverfassungsgericht den Erlass einer einstweiligen Anordnung ab. In der Entscheidung lehnte das Gericht den Antrag nicht als offensichtlich unbegründet ab, kam jedoch zu der Überzeugung, dass dem Interesse an der Abwehr infektionsbedingter Risiken für Leib und Leben einer Vielzahl von Personen den Vorrang gegenüber dem Interesse, Kinder ohne Masernschutzimpfung in einer Gemeinschaftseinrichtung betreuen zu lassen, Vorrang einzuräumen ist. Ob diese Entscheidung auf eine Impflicht gegen das Covid-19-Virus übertragen werden kann, ist sicherlich fraglich. Zum jetzigen Zeitpunkt stellt sich diese Frage allerdings auch noch nicht, da eine allgemeine Pflicht, sich gegen das Covid-19 Virus impfen lassen zu müssen, vom Gesetzgeber nicht geplant ist.

3.
Mangels staatlicher verordneter Impfpflicht stellt sich die Frage, ob der Veranstalter den Nachweis der Impfung als Voraussetzung für den Zugang zu seiner Veranstaltung vertraglich einfordern kann. Zunächst ist festzuhalten, dass aufgrund der bestehenden Privatautonomie es den Vertragsparteien überlassen ist, was diese in einem Vertrag regeln wollen. Dazu gehört es zur Freiheit jeder Person, nach eigenen Präferenzen darüber zu bestimmen, mit wem sie unter welchen Bedingungen Verträge abschließen will. Dokumentiert wird dieses Recht auch durch das dem Veranstalter zustehende Hausrecht. Das Hausrecht ergibt sich aus §§ 903, 1004 BGB, Im Grundsatz darf der Eigentümer einer Immobilie andere von jeder Einwirkung ausschließen und frei darüber entscheiden, wem er zu welchen Bedingungen den Zutritt zu der Örtlichkeit gestattet und wem er ihn verwehrt. Ein Hausverbot im ausschließlich privaten Bereich ist daher in aller Regel zulässig.
Eine Einschränkung des Hausrechts hat die Rechtsprechung für Massengeschäfte des täglichen Lebens entwickelt. Grund hierfür ist, dass bei einer Öffnung für den allgemeinen Publikumsverkehr die Annahme besonders naheliegt, es sei unter Verzicht auf eine Prüfung im Einzelfall jedem der Zutritt gestattet, der sich im Rahmen des üblichen Verhaltens bewegt.

Abweichungen bedürfen eines sachlichen Grundes. Ein Kunde darf z.B. nicht ohne weiteres am Einkauf im Supermarkt gehindert werden, sondern nur dann, wenn er die Hausordnung nicht einhält oder eines Diebstahls überführt wird.

Entsprechendes gilt für Veranstaltungen. Wenn einzelne Personen mittels des privatrechtlichen Hausrechts von Veranstaltungen ausgeschlossen werden, die von Privaten aufgrund eigener Entscheidung einem großen Publikum ohne Ansehen der Person geöffnet werden und wenn der Ausschluss für die Betroffenen in erheblichem Umfang über die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben entscheidet, dürfen private Veranstalter ihre Entscheidungsmacht nicht dazu nutzen, bestimmte Personen ohne sachlichen Grund von derartigen Ereignissen auszuschließen. Der Nachweis der Impfung kann grundsätzlich ein sachlicher Anknüpfungspunkt sein, sodass der Ausschluss nicht geimpfter Besucher jedenfalls nicht willkürlich ist. Die Frage, ob der Ausschluss von Nicht-Geimpften von der Teilnahme an der Veranstaltung, diese erheblich in der Teilhabe am gesellschaftlichen Leben beeinträchtigt, muss dann für jede Veranstaltung gesondert entschieden werden.
Auf einfachgesetzlicher Ebene setzt das AGG weitere Grenzen, an die sich auch private Veranstalter halten müssen. Die Immunität gegen eine bestimmte Krankheit und der Nachweis durch eine Impfung, wird an sich vom AGG nicht erfasst. Was gilt aber, wenn sich Besucher einer Veranstaltung z.B. wegen einer Gegenindikation aufgrund einer Behinderung nicht impfen lassen können und somit vom Besuch der Veranstaltung ausgeschlossen werden?

Diese Auslegungs- und Abgrenzungsschwierigkeiten, führen jedenfalls solange der gesamten Bevölkerung kein Impfangebot gemacht werden kann, zu einer Art Zwei- Klassen-Gesellschaft, die so nicht gewünscht ist. Es ist die Aufgabe des Gesetzgebers die Veranstalter von der Last zu befreien, um ihre wirtschaftliche Existenz zu sichern, angreifbare vertragliche Regelung zu treffen. Es muss hier auch angemerkt werden, dass es bei der Frage, ob Veranstaltungen durchgeführt werden können, nicht um das Überleben einiger weniger „Veranstaltungskonzerne“ oder finanziell abgesicherter Künstler geht. Es geht vielmehr auch um alle anderen die auf und hinter der Bühne stehen. Vom Tänzer, Beleuchter, Caterer, bis hin zum Würstchenverkäufer in und vor der Halle. Ein wichtiger Beitrag könnte sein, dass der Gesetzgeber von der „heiligen Kuh“ des Datenschutzes Abstand nimmt und sein Versprechen z.B. die Corona App effektiver zu machen, umsetzt. Es gibt keine Rechtfertigung den Datenschutz über die körperliche Unversehrtheit oder das Eigentumsrecht zu stellen. Wenn es zeitlich befristet möglich war, z.B. in Baden-Württemberg, die eigenen Wohnung nach 20.00 Uhr nur aus wichtigem Grund zu veranlassen, warum ist es dann nicht zumindest für die Dauer der Pandemie, zulässig, dass Daten der Konzertbesucher nach Einwilligung via Corona-App an die Gesundheitsämter übermittelt werden, mit dem einzigen Zwecke „Kontaktnachverfolgung“ im Falle der Infizierung? Die Veranstaltungsbranche hat gezeigt, dass Sie in der Lage ist, Hygienekonzepte umzusetzen und kreative Lösungen zu finden, um den Spielbetrieb aufrecht zu erhalten und Arbeitsplätze zu sichern. Es ist an der Zeit, dass die Politik und die Verwaltung sich an diesen kreativen, unternehmerischen Lösungen ein Beispiel nehmen um berechtige Fragen der Bevölkerung zu beantworten. Wieso es z.B. 20.000 Mitarbeitern in den Gesundheitsämtern nicht möglich ist – bei 10.000 neuen Infizierten täglich – eine effektive Kontaktverfolgung durchzuführen.

Mehr auch unter: Zutritt nur mit Impfung? Veranstaltungsbranche braucht klare gesetzliche Regelungen zu Infektions- und Datenschutz – Backstage PRO

Schadenersatz wegen Abweisung an der Disko-Tür?

Darf man an der Diskotheken-Tür eigentlich einfach so abgewiesen werden und wenn ja, bedarf es hierfür sachlicher Gründe? Fest steht jedenfalls – nicht erst jetzt nach einem Urteil des Amtsgerichts Hannover – dass man aufgrund seiner ethnischen Herkunft nicht einfach so abgewiesen werden darf. Denn das kann, wie nun geschehen, zu einem Unterlassungs- und Schadenersatzanspruch führen. 1000 EUR müssen die Betreiber dem abgewiesenen Gast nun überweisen.

Das Amtsgericht Hannover hat die Betreibergesellschaft einer hannoverschen Diskothek zur Zahlung von 1000 Euro an einen abgewiesenen Gast verurteilt. Darüber hinaus wurden die Diskothekenbetreiber verurteilt, es fortan zu unterlassen, dem Kläger den Zutritt zu ihrer Diskothek zu versagen, sofern nicht im Einzelfall zwingende Gründe vorliegen, die in keinem Zusammenhang mit der ethischen Herkunft des Klägers stehen. Halten sich die Betreiber nicht daran, so werden für den Fall der Zuwiderhandlung bis zu 250.000 EUR fällig.

Das Gericht geht von einem Verstoß gegen § 21 des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes aus. Dem Kläger, einem Deutschen, der als Kind einer kurdischen Familie aus der Türkei nach Deutschland einwanderte, wurde am 14.1.2012 gegen 23.30 Uhr der Einlass in die Diskothek der Beklagten verweigert. Die Beweisaufnahme ergab zur Überzeugung des Gerichts, dass die Zurückweisung erfolgte, da männliche Ausländer nicht in der Diskothek erwünscht seien. Während dem Kläger der Zutritt zur Diskothek verwehrt wurde, konnten zeitgleich Gäste ohne erkennbaren Migrationshintergrund die Diskothek betreten. Dieses Verhalten stellt nach den Feststellungen des Gerichts eine Diskriminierung dar, die einen Schadensersatzanspruch auslöst. Das Gericht hält einen Betrag von 1000 EUR für angemessen, um dem Kläger Genugtuung zu verschaffen. Daneben besteht ein Unterlassungsanspruch des Klägers für die Zukunft.