Welche Rechte haben Kinder von Prominenten?

Welche Rechte haben Kinder von Prominenten? Mit dieser Frage beschäftigte sich der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte am 16.3.2016. Der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR 16313/10) lag folgender Sachverhalt zugrunde:

Die Kinder eines bekannten ehemaligen deutschen Nationalspielers wurden in zwei Zeitschriften in den Jahren 2004 und 2007 bis 2009 in insgesamt 9 Fällen in Eltern-Kind-Situationen gezeigt. Dabei waren ihre Gesichter entweder nicht zu sehen oder verpixelt.

Der Verlag gab zunächst, bezogen auf die konkreten Veröffentlichungen, Unterlassungserklärungen ab. Er lehnte es aber ab, sich zu verpflichten, künftig gar keine Bilder der Kinder mehr zu veröffentlichen.

Daraufhin erwirkten die Kinder ein Urteil des Landgerichts Hamburg, das dem Verlag pauschal von verbot, Bilder von den Kindern zu veröffentlichen.

Der Verlag ließ sich hiervon aber nicht beeindrucken und veröffentlichte weiterhin Bilder. Daraufhin ließen die Kinder Zwangsgelder gegen den Verlag verhängen.

Die Kinder verklagten darüber hinaus den Verlag wegen hartnäckiger Persönlichkeitsverletzung auf eine Geldentschädigung von jeweils € 40.000,00.

Der BGH lehnte den Anspruch auf Geldentschädigung ab und begründete dies damit, dass kein unabwendbares Bedürfnis für eine Geldentschädigung bestehe.

Die Kinder riefen daraufhin den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte an und beriefen sich auf Art. 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK), das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens.

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat die Beschwerde jedoch abgewiesen. Im Wesentlichen begründete der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte seine Entscheidung damit, dass sich zwar aus Art. 8 EMRK eine positive Verpflichtung der Konventionsstaaten – und damit auch Deutschlands –, das Privat- und Familienleben von Beeinträchtigungen durch die Medien und ihre Berichterstattung zu schützen, gebe. Es gebe aber verschiedene Wege, dieser Verpflichtung gerecht zu werden. Der Geldentschädigungsanspruch sei nur einer solcher Wege. So lange im Ergebnis ein ausreichendes Schutzniveau gewährleistet sei, sind die Mitgliedstaaten in ihrer Wahl ihrer Mittel frei und insbesondere nicht verpflichtet, Geldentschädigungsansprüche vorzusehen.

Die Entscheidung ist aus der Sicht der Betroffenen enttäuschend. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass die Entschädigungssummen bei schwerwiegenden und anhaltenden Persönlichkeitsverletzungen in der Vergangenheit deutlich gestiegen sind, so dass über diesen Weg durchaus die Rechte der Betroffenen durchgesetzt werden können.

Bundesgerichtshof zur Zulässigkeit von an Kinder gerichtete Werbung

Der für das Wettbewerbsrecht zuständige erste Zivilsenat des BGH (Az.: I ZR 96/13)  hat am 03.04.2014 über die Zulässigkeit einer sogenannten „Zeugnisaktion“ eines Elektronik-Fachmarktes entschieden. Der Fachmarkt warb in einer Zeitungsanzeige mit einer Werbeaktion, bei der Schüler eine Kaufpreisermäßigung von 2,00 € für jede Eins im Zeugnis erhielten.

In der Anzeige wurde darauf hingewiesen, dass die Ermäßigung für alle von dem Fachmarkt angebotenen Warenbereiche gelten solle. Der Bundesverband der Verbraucherzentrale hielt diese Werbung für unlauter, da sie die angesprochenen Schüler in unzulässiger Weise zum Kauf auffordere und deren geschäftliche Unerfahrenheit ausnutze. Er hat daher einen Unterlassungsantrag eingereicht.

Der Bundesgerichtshof kommt in seiner Entscheidung zu dem Ergebnis, dass ein unlauteres Verhalten nicht vorliegt. In der Pressemitteilung des Bundesgerichtshofs heißt es hierzu, dass es an einem hinreichenden Produktbezug im Sinne von Nr. 28 des Anhangs zu § 3 Abs. 3 UWG fehlt. Die Bestimmung setzt nach Auffassung des BGH voraus, dass ein auf bestimmte Produkte gerichteter Kaufappell vorliegt. Ein allgemein auf das gesamte Warensortiment bezogene Kaufaufforderung ist nicht ausreichend. Verneint hat der Bundesgerichtshof auch, dass die Werbung einen unangemessenen unsachlichen Einfluss auf die Entscheidungsfreiheit der Schulkinder ausübe und deren geschäftliche Unerfahrenheit ausnutzen würde.

Haftet der Inhaber eines Internetanschlusses für unerlaubtes Filesharing oder doch nicht?

Die Frage, ob und inwiefern der Inhaber eines Internetanschlusses verpflichtet ist, weitere Nutzer des Anschlusses auf die Rechtswidrigkeit von Filesharing im Internet hinzuweisen und das rechtmäßige Verhalten dieser Nutzer zu überwachen, ist umstritten und wird von den Oberlandesgerichten unterschiedlich beantwortet. Deshalb verletzt es den Beklagten in einem entsprechenden Verfahren in seinem Recht auf den gesetzlichen Richter aus Art. 101 I 2 GG, wenn diese Frage zu seinen Lasten entschieden und die Revision dagegen nicht zugelassen wird.

Zum Sachverhalt

Der Beschwerdeführer – ein auf Onlinerecherche und Internetpiraterie spezialisierter Polizeibeamter – wurde von Unternehmen der Musikindustrie auf Schadensersatz auf Grund von Filesharing über seinen privaten Internetzugang in Anspruch genommen. Nachdem unstreitig geworden war, dass der volljährige Sohn der Lebensgefährtin des Beschwerdeführers über dessen Internetzugang in einer Tauschbörse Musikdateien zum Download angeboten hatte, nahmen die Klägerinnen ihren Schadensersatzanspruch zurück, forderten aber weiterhin Ersatz der durch die Abmahnung entstandenen Rechtsanwaltskosten.

Das LG Köln verurteilte den Beschwerdeführer antragsgemäß. Dieser hafte für die durch das unerlaubte Filesharing begangene Schutzrechtsverletzung, weil er seinen Internetzugang zur Verfügung gestellt und dadurch die Teilnahme an der Musiktauschbörse ermöglicht habe. Vor dem Hintergrund seiner besonderen beruflichen Kenntnisse habe für den Beschwerdeführer jedenfalls eine Prüf- und Handlungspflicht bestanden, um der Möglichkeit einer solchen Rechtsverletzung vorzubeugen. Das OLG Köln wies die dagegen eingelegte Berufung im Wesentlichen zurück und begründete seine Entscheidung unter Verweisung auf die „Sommer unseres Lebens“-Entscheidung BGHZ 185, 330 = NJW 2010, 2061 = GRUR 2010, 633 = MMR 2010, 565 damit, dass der Inhaber eines Internetanschlusses, der diesen einem Dritten zur eigenverantwortlichen Nutzung überlasse, den Dritten darüber aufklären müsse, dass die Teilnahme an Tauschbörsen verboten sei. Die Revision gegen sein Urteil ließ das OLG nicht zu.

Entscheidung des BVerfG

Die 2. Kammer des Ersten Senats des BVerfG hat das Urteil des OLG aufgehoben und die Sache zur erneuten Entscheidung zurückverwiesen. Der Entscheidung liegen im Wesentlichen die folgenden Erwägungen zu Grunde.

Verletzung des Rechts auf gesetzlichen Richter

Das Urteil des Oberlandesgerichts verletzt den Beschwerdeführer in seinem Recht auf den gesetzlichen Richter aus Art. 101 I 2 GG, weil es nicht erkennen lässt, aus welchen Gründen die Revision zum BGH nicht zugelassen wurde, obwohl deren Zulassung im vorliegenden Fall nahe gelegen hätte. Die Revision ist gem. § 543 II 1 ZPO zwingend zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder eine Entscheidung des Revisionsgerichts zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich ist.

Uneinheitliche OLG-Rechtsprechung legte Zulassung der Revision nahe

Die hier entscheidende Rechtsfrage, ob einen Internetanschlussinhaber Prüf- und Instruktionspflichten gegenüber sonstigen Nutzern des Anschlusses treffen, wird von den Oberlandesgerichten nicht einheitlich beantwortet. Während teilweise die Auffassung vertreten wird, dass eine Pflicht, die Benutzung seines Internetanschlusses zu überwachen oder gegebenenfalls zu verhindern, nur besteht, wenn der Anschlussinhaber konkrete Anhaltspunkte für eine missbräuchliche Nutzung seines Anschlusses hat, lässt das mit der Verfassungsbeschwerde angegriffene Urteil für das Entstehen einer Instruktions- und Überwachungspflicht grundsätzlich bereits die Überlassung des Anschlusses an einen Dritten, gleich welchen Alters, genügen. Der BGH hat die Frage, ob und in welchem Umfang Prüfpflichten des Anschlussinhabers bestehen, für die hier relevante Konstellation noch nicht entschieden. Die vom OLG herangezogene „Sommer unseres Lebens“-Entscheidung beantwortet die Frage nicht; sie betraf einen anderen Sachverhalt, nämlich die Frage, inwieweit ein WLAN-Anschluss gegen die Benutzung durch außenstehende Dritte gesichert werden muss.

Obwohl eine Zulassung der Revision nahe lag, hat das OLG keine nachvollziehbaren Gründe dafür angeführt, warum es die Revision nicht zugelassen hat. Sowohl im Hinblick auf die Bedeutung der Rechtssache als auch zur Herbeiführung einer einheitlichen Rechtsprechung erschien aber eine Entscheidung des BGH als Revisionsgericht erforderlich. Die hier klärungsbedürftige Rechtsfrage kann sich in einer unbestimmten Vielzahl weiterer Fälle stellen und berührt deshalb das Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts; überdies weicht das angegriffene Urteil entscheidungserheblich von der Auffassung anderer Oberlandesgerichte ab. (BVerfG, Beschl. v. 21. 3. 2012 – 1 BvR 2365/11)

Fazit: In naher Zukunft dürfte demnach die Frage durch den Bundesgerichtshof geklärt werden, wann und ob ein Anschlussinhaber für Mitbewohner oder Familienangehörige zu haften hat und/oder auch nicht.

Quelle: Eigene mit Pressemitteilung des BVerfG Nr. 22 v. 13. 4. 2012