Kein Recht auf Vergessen bei online archivierten Pressetexten

Bereits im Jahr 2015 hat der BGH die Unterlassungsklagen der Mörder des Schauspielers Walter Sedlmayr gegen den Spiegel, das Deutschlandradio und den Mannheimer Morgen abgewiesen, über deren Webseiten archivierte Meldungen, in denen die Mörder namentlich genannt wurden, abrufbar waren. Der BGH kam damals zu dem Ergebnis, dass die Abwägung zwischen dem Recht auf Schutz der Persönlichkeit und dem Recht auf Meinungs- und Medienfreiheit, das Recht auf freie Meinungsäußerung Vorrang genießt (BGH Urteil vom 15.12.2009, Az. VI ZR 227/08 und VI ZR 228/08).

Die hiergegen gerichtete Beschwerde der Mörder wurde nunmehr vom europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) am 28.06.2018 abgewiesen (Az.: 60798/10). Der EGMR folgte dabei im Wesentlichen der Argumentation des BGHs nämlich, dass Medien die Aufgabe haben, sich an der Meinungsbildung zu beteiligen, indem sie der Öffentlichkeit die in ihren Archiven verwahrten Informationen zur Verfügung stellen und hinter diesem Recht das Recht auf Achtung des Privatlebens zurückzustehen hat.

Recht auf Vergessen – Lösch-Formular von Google

Der Suchmaschinenbetreiber Google hat auf das Urteil des EuGH vom 13.05.2014 (Aktenzeichen: C-131/12) reagiert und einen Löschantrag online gestellt. Die Antragsteller müssen ihren Anspruch begründen und eine Kopie des Ausweises hochladen, um sich zu identifizieren. Dadurch soll ein Missbrauch der Funktion vermieden werden.

In diesem Zusammenhang hat, wie das Handelsblatt berichtete, auch der zuständige Staatssekretär im Bundesinnenministerium, Ole Schröder, mitgeteilt, dass ein verpflichtendes Streitschlichtungsverfahren und eine Mediationsstelle notwendig seien, um die Vorgaben des EuGH umzusetzen. Eine Abwägung zwischen Informationsfreiheit und Recht auf Privatsphäre soll nicht Google allein überlassen werden.

Es bleibt abzuwarten, wie schnell diese Pläne umgesetzt werden. In jedem Fall wird eine umfassende Abwägung zwischen dem Persönlichkeitsschutz von Menschen einerseits und dem Interesse der Öffentlichkeit zum Zugang zu Informationen notwendig sein.

Das Netz vergisst nichts – oder doch?

Bürger der Europäischen Union haben nach einer Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union (Az. C-131/12) ein Recht auf Vergessen im Internet.

Ein Spanier hatte gegen den amerikanischen Suchmaschinenbetreiber Google geklagt. Google hatte auf einen Artikel in einer spanischen Lokalzeitung über eine den spanischen Bürger betreffende Zwangsversteigerung im Jahr 1998 verlinkt. Die dieser Zwangsversteigerung zugrundeliegende Angelegenheit war jedoch längst erledigt. Der Spanier sah sich daher in seinem Recht auf Selbstbestimmung seiner persönlichen Daten verletzt. Die spanische Datenschutzagentur gab der Auffassung des Spaniers Recht. Google wandte sich gegen diese Entscheidung an die spanischen Gerichte. Diese legten dem EuGH die Frage zur Entscheidung vor.

Mit dieser Entscheidung sind Suchmaschinenanbieter in der Europäischen Union künftig verpflichtet, Anträge betroffener Personen sorgfältig zu prüfen und bei Begründetheit die Links zu löschen. Nach Ansicht der Richter können nur Personen des öffentlichen Lebens, bei denen die Öffentlichkeit ein Interesse am Zugang zu Informationen hat, sich nicht oder nur unter erschwerten Bedingungen auf dieses Recht auf Vergessen berufen.

Die Entscheidung stärkt die Persönlichkeitsrechte und das Recht auf Datenschutz