Porto oder Bordeaux – bitte sprechen Sie deutlich!

Eine Dame hatte nicht ganz dialektfrei (Sächsin) einen Flug nach Porto gebucht. Die Dame im Reisebüro verstand hingegen „Bordeaux“ und sandte der Beklagten ein Flugticket in die französische Weinregion. Vorliegend wurde der Dame obendrein noch zum Verhängnis, dass die Mitarbeiterin im Reisebüro den falschen Flug nach Bordeaux erst gebucht hatte, nachdem sie der Dame zweimal „in korrektem Hochdeutsch“ die Flugroute genannt haben will. Jetzt muss die Dame bezahlen: 294 EUR. (AG Stuttgart-Bad Cannstatt, 16.03.2012 – 12 C 3263/11).

Das Gericht führt insofern aus:

dass die Klägerin das Reiseziel falsch verstanden hat, geht zulasten der Beklagten.

Versteht der Empfänger eine undeutlich gesprochene Erklärung falsch, so geht dies grundsätzlich zulasten des Erklärenden, der das Risiko dafür trägt, dass der Empfänger seine Worte auch erfassen kann. (Wendtland in Beck-OK § 130 Rn. 28)

Die gilt hier um so mehr als von Seiten der Klägerin – unwidersprochen, mehrmals das Flugziel Bourdeaux genannt worden ist.

Zu beachten ist, dass die Beklagte vor dem Amtsgericht in Bad Cannstatt, sprich in der Nähe von Stuttgart, verklagt wurde. Dass es hier aber ab und an mit dem Hochdeutschen so ein bisschen hakt, sollte doch auch allgemein bekannt sein.

Erstes Facebook-Urteil aus Stuttgart: Betreiber von Facebook-Fanseite haftet für Inhalte Dritter nach Kenntnis

In einem von uns vertretenen Fall hatte das Landgericht Stuttgart darüber zu befinden, ob ein Betreiber einer Facebook-Fanseite (Unternehmensseite) für Rechtsverletzungen seiner „Fans“ haftet, sofern er Kenntnis von diesen hat und nichts dagegen unternimmt. Die Richter des Landgerichts Stuttgart bejahten dies und verurteilten einen Betreiber in Form eines Versäumnisurteils nun zur Unterlassung, zur Auskunft und zum Schadenersatz (LG Stuttgart, Urt. v. 20.07.2012, Az.: 17 O 303/12).

Ein Dritter (Fan) hatte auf der Facebook-Fanseite (Unternehmensseite) eines aus Funk und Fernsehen bekannten Sängers und Entertainers ein Lichtbildwerk unseres Mandanten veröffentlicht. Unser Mandant setzte den Betreiber über die Rechtswidrigkeit  der Veröffentlichung in Form einer E-Mail in positive Kenntnis. Nichts geschah, worauf hin wir den Betreiber der Facebook-Seite abmahnten. Auf die Abmahnung hin wurde weder eine entsprechende Unterlassungserklärung  abgegeben noch wurde das Bild daraufhin gelöscht.

Das Landgericht Stuttgart verurteilte den Prominenten nun zur Unterlassung, zur Auskunft und zum Bezahlen von Schadenersatz. Einer Begründung bedarf es dabei nicht, da es sich um ein Versäumnisurteil handelt. Der Beklagte legte Einspruch ein gegen das Urteil, zog diesen nun aber vor der mündlichen Verhandlung wieder zurück.

Wichtige Fragen blieben im Rahmen des Verfahrens unbeantwortet. So gingen wir davon aus, dass der Betreiber direkt für die rechtswidrige Veröffentlichung seines Fans haftet, da er das beanstandete Bild kommentierte und als „gefällt mir“ markiert hatte. Dadurch hatte er zwangsläufig Kenntnis von der Veröffentlichung des Bildes, auf welchem auch unschwer die Quelle zu erkennen war. Zudem machte er sich das Bild unserer Ansicht nach dadurch zu eigen (vgl. BGH, Urteil v. 12.11.2009, Az. I ZR 166/07).

Hilfsweise gingen wir in jedem Fall aber von einer Haftung als Störer aus, da der Betreiber per E-Mail mittels haftungsbegründender Erstabmahnung in Kenntnis gesetzt wurde und nicht adäquat bzw. gar nicht reagiert hat (vgl. BGH, Urteil vom 17.12.2010 – V ZR 44/10; BGH, Urteil vom 25. Oktober 2011, Az.: VI ZR 93/10).

Der Streitwert für die Unterlassung eines Lichtbildwerks samt Folgeansprüchen (Auskunft, Feststellung Schadenersatzpflicht) wurde auf EUR 7.500.- festgesetzt.

Hier gibt es das mittlerweile rechtskräftige Urteil zum Download.

Update [10.10.2012]: Aufgrund einiger Rückfragen hier eine kleine Ergänzung. Wir haben vorliegend den Urheber des Lichtbildwerks vertreten und nicht den Prominenten, der auf dem Bild zu sehen ist. Die Facebook-Seite, auf der das Foto dargestellt wurde, gehört einem Prominenten. Deshalb machten wir vorliegend auch Urheberrechte geltend und keine Persönlichkeitsrechte.

Haftet der Admin-C auch für Spam?

Der Admin-C einer Domain haftet nach aktueller Rechtsprechung nicht für unerlaubte Werbung per E-Mail. Das jedenfalls entschieden die Richter des Kammergerichts Berlin in einem aktuellen Verfahren (Urteil vom 03.07.2012 – Az.: 5 U 15/12).

Der Fall gestaltet sich wie so oft. Das Postfach quillt über vor lauter Spam-Mails. Diese kommen oft aus dem Ausland. Die Versender sind kaum dingfest zu machen. Kommen derartige Werbesendungen über eine deutsche DE-Domain, so muss zumindest der Admin-C einen Sitz in Deutschland aufweisen. Das sind die Bestimmungen der Registrierungsstelle Denic.

So auch im vorliegenden Fall. Da ein Rechtsanwalt mehrmals die nervigen E-Mails abbestellt hatte und weiterhin unverlangte elektronische Werbesendungen bekam, nahm dieser den Admin-C in Anspruch und klagte auf Unterlassung.

zu Unrecht wie nun die obersten Berliner Richter urteilten. Der Admin-C sei weder Täter noch Teilnehmer, weil er die Mails nicht selbst verschickt hat. Auch eine Störerhaftung komme nicht in Betracht

Als Störer kann nur derjenige in Anspruch genommen werden, der in irgendeiner Art und Weise willentlich und adäquat kausal zur Rechtsverletzung beiträgt. Dabei könne als Beitrag auch die Unterstützung oder Ausnutzung der Handlung eines eigenverantwortlich handelnden Dritten genügen, sofern der in Anspruch Genommene die rechtliche Möglichkeit zur Verhinderung dieser Handlung habe, so die Richter.

Vorliegend fehle es hingegen bereits am adäquat kausalen Beitrag an der Rechtsverletzung des geschützten Rechts. Der einzige Zusammenhang zwischen dem Verhalten des Beklagten  und der Störung sei gewesen, dass er zu einem Zeitpunkt als administrativer Ansprechpartner für die Domain bereit gestanden habe, als jemand unverlangte Werbe-E-Mails versandt habe.

Das reicht den Richtern für eine Störerhaftung nicht aus.

Die Berliner Richter weichen mit dieser Entscheidung von einer älteren Entscheidung des LG Berlin ab (Beschluss vom 26. September 2005, Az. 16 O 718/05). Hier erkannten die Richter noch eine entsprechende Haftung.

Interessant wäre auch die Frage, ob der Admin-C haftet, sofern man ihn ausdrücklich über den rechtswidrigen Versand vorher in positive Kenntnis setzt. Sprich, die Werbepost nochmals ausdrücklich bei ihm abbestellt und ihn auffordert, derartige Sendungen künftig zu vermeiden bzw. selbiges zu veranlassen.

Phänomen Facebook-Party: Ein paar Klicks, die ganz schnell teuer werden können

Facebook-Partys sind nicht risikolos. Wer über ein soziales Netzwerk wie Facebook oder auch KWICK! zu einer Veranstaltungsteilnahme aufruft und dadurch eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit schafft, muss in der Regel auch den Kopf dafür hinhalten. Das kann auch bedeuten, 200.000 Euro Schadenersatz zahlen zu müssen für eine Veranstaltung, die tatsächlich niemals stattgefunden hat.

Die Erfahrung, dass eine sogenannte Facebook-Party schnell mal 200.000 EUR kosten kann, ohne jemals stattgefunden zu haben, macht derzeit ein Lehrling aus Konstanz. Im Freibad wollte er eine Party organisieren und rief dazu über Facebook auf, daran teilzunehmen. Die Behörden wollen nun ihre Unkosten ersetzt haben für den Aufwand, den sie dafür hatten – knapp eine viertel Million Euro.

Es scheint ein aktueller Trend zu sein, dass viele Mitglieder – vor allem Jugendliche – über soziale Netzwerke wie Facebook oder KWICK! zu nicht genehmigten, illegalen Veranstaltungen aufrufen. Vor Ort herrscht dann blankes Chaos. Nicht selten werden und können solche „Einlader“ oder Veranstalter dann im Nachhinein für die Kosten in Anspruch genommen werden, die Behörden wie der Polizei dadurch zusätzlich entstanden sind.

In der Regel dürften solche zusätzlichen Kosten, die nicht ohnehin entstanden wären (z.B. für die generelle Observierung), auch eingefordert werden. Denn wer zielgerichtet und bewusst zu solchen Partys an öffentlichen Plätzen einlädt, ohne dabei den Teilnehmerkreis einzugrenzen, muss auch den Kopf dafür hinhalten.

Der Grund, warum solche Partys verboten werden können, findet seinen Ursprung übrigens nicht wie oftmals falsch angenommen in den entsprechenden Versammlungsgesetzen. Auch greift Art. 8 des Grundgesetzes, der ein Recht auf Versammlungsfreiheit vorsieht, vorliegend nicht durch. Die Feiernden versammeln sich hier nämlich nicht um für eine gemeinsame Sache zu demonstrieren bzw. eine gemeinsame Meinung zu bilden.

Vielmehr werden solche Partys deshalb verboten, weil die Behörden darin eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit sehen. Dies oftmals auch zurecht.

Es kann daher nur davon abgeraten werden, leichtsinnig derartige Veranstaltungen in Facebook und Co. zu eröffnen und dazu einzuladen.

Übrigens: Die Betreiber der entsprechenden Plattformen können nicht ohne weiteres für solche Veranstaltungen mit in die Haftung genommen werden. In der Regel sind sie nur technischer Anbieter und haben keine konkrete Kenntnis von einer möglichen Rechtsverletzung. Eine Haftung als Störer scheidet allein daher schon aus.

Haftet der Vermieter von Veranstaltungsräumen gegenüber der GEMA?

Überlässt man als Vermieter einem Dritten eine Location bzw. Räumlichkeit, so haftet man nicht für etwaige nicht bezahlte GEMA-Vergütungen, die vom Dritten nicht ordnungsgemäß bezahlt wurden. Das entschieden nun die Richter des LG Düsseldorf in einem aktuellen Verfahren (LG Düsseldorf, Urteil vom 16.05.2012 – Az.: 23 S 296/11).

Die GEMA hatte einen Betreiber einer Diskothek in Anspruch genommen. Dieser hatte seine Location an einen Dritten vermietet. Wohl war die dann durchgeführte Veranstaltung nicht ordnungsgemäß bei der GEMA angemeldet und Gebühren wurden nicht abgeführt. Sodann reichte die GEMA Klage ein. Allerdings nicht gegen den Veranstalter, sondern gegen den Vermieter selbst.

Zu Unrecht wie nun die Düsseldorfer Richter entschieden. Bei dem Betreiber handle es sich nicht um einen Mitveranstalter. Weder sei er Täter noch Mittäter. Es sei vielmehr nur derjenige verantwortlich, der die Veranstaltung angeordnet hat und durch dessen ausschlaggebende Tätigkeit sie ins Werk gesetzt wurde.

Haftung von Bewertungsportalen im Internet

Immer wieder kommt es zu dem Problem, dass sich Dienstleister durch Bewertungen im Internet verunglimpft fühlen. Vor allem dann, wenn im Rahmen von Erfahrungsberichten falsche Tatsachen behauptet und verbreitet werden. Da die Verfasser solcher Beiträge sich oftmals anonym im Netz tummeln, stellt sich regelmäßig die Frage, inwiefern die Anbieter solcher Plattformen für diese Beiträge haften. Der Bundesgerichtshof hat hier bereits klare Grundsätze aufgestellt (Urteil vom 25. Oktober 2011, Az.: VI ZR 93/10). Das Landgericht Nürnberg-Fürth hat diese Grundsätze nun in einem aktuellen Verfügungsverfahren übernommen, noch stärker konkretisiert und einen Betreiber zur vorläufigen Unterlassung verpflichtet (LG Nürnberg-Fürth, Urteil vom 08.05.2012, Az. 11 O 2608/12).

Ein Nutzer hatte die Bewertung seiner zahnärztlichen Implantatbehandlung anonym in das Forum eingestellt und darin zum Ausdruck gebracht, dass der Kläger ein fachlich inkompetenter Zahnarzt sei, der vorrangig eigene wirtschaftliche Interessen verfolge und hierbei das Interesse seiner Patienten an einer dem medizinischen Standard entsprechenden Behandlung außer Acht lasse.

Hiermit war der Zahnarzt nicht einverstanden. Er wies den Provider darauf hin, dass er – auch nach Durchsicht aller Patientenunterlagen – eine der Bewertung zugrunde liegende Implantatbehandlung in dem angegebenen Zeitraum gar nicht durchgeführt habe, die Bewertung folglich schon aus diesem Grund falsch sei. Der Provider fragte darauf hin bei seinem Kunden lediglich nach, ob sich der Sachverhalt so zugetragen habe wie von ihm dargestellt. Dies bejahte der Verfasser, dessen Identität nach wie vor allein dem Provider bekannt ist.

Mit dieser Antwort gab sich der Provider zufrieden. Er berief sich zudem auf das gemäß Telemediengesetz schützenswerte Anonymisierungsinteresse des Beitragsverfassers und schließlich darauf, dass wegen der ärztlichen Schweigepflicht eine „Pattsituation“ hinsichtlich des Wahrheitsgehaltes der widerstreitenden Angaben bestehe. Die vom Zahnarzt gerichtlich gerügten Teile der Bewertung löschte er nicht (aus der Mitteilung  des LG Nürnberg-Fürth).

Die Richter des Landgerichts wollten diese Vorgehensweise nun allerdings nicht gelten lassen. Zwar habe der BGH die Grundsätze aufgestellt, dass ein sogenannter Host-Provider lediglich verpflichtet sei, die Beschwerde weiterzuleiten und – sollte er binnen angemessener Frist keine ausreichende Antwort erhalten – auch zur Löschung des Beitrags verpflichtet sein kann. Im vorliegenden Fall hatte der Anbieter lediglich bei seinem Nutzer nachgefragt, ob sich der Sachverhalt wirklich so zugetragen habe. Nachdem dieser dies bestätigte, unterließ der Provider eine Löschung.

Fazit: Es kann davon ausgegangen werden, dass der Anbieter Rechtsmittel einlegen wird, denn die vom Landgericht erweiterten Grundsätze zur Störerhaftung würden ein solches Geschäftsmodell nur noch zu erschwerten Bedingungen möglich machen. So hat der BGH schon des Öfteren grundsätzlich festgestellt (vgl. BGH, Urteil 12.07.2007, I ZR 18/04 – Jugendgefährdende Medien bei eBay):

„Dem Host-Provider dürfen keine Anforderungen auferlegt werden, die ihr von der Rechtsordnung gebilligtes Geschäftsmodell gefährden oder ihre Tätigkeit unverhältnismäßig erschweren. In diesem Zusammenhang ist die Regelung des § 7 Abs. 2 TMG zu beachten, der Art. 15 Abs. 1 der Richtlinie 2000/31/EG über den elektronischen Geschäftsverkehr in das deutsche Recht umsetzt.

Danach sind Diensteanbieter nicht verpflichtet, die von ihnen übermittelten oder gespeicherten Informationen zu überwachen oder nach Umständen zu forschen, die auf eine rechtswidrige Tätigkeit hindeuten.

Der Beklagten ist es als Betreiberin einer Plattform für Internetauktionen nicht zuzumuten, jedes Angebot vor Veröffentlichung im Internet auf eine mögliche Rechtsverletzung hin zu untersuchen. Dem entspricht die gesetzliche Regelung in § 7 Abs. 2 TMG, die ei-ne entsprechende Verpflichtung ausschließt. Ein Unterlassungsanspruch des Klägers setzt weiter Wiederholungs- oder Erstbegehungsgefahr voraus. Für die Annahme von Wiederholungsgefahr ist eine vollendete Verletzung nach Begründung der Prüfungspflicht erforderlich.“

VG Düsseldorf: Domaininhaber haftet für Links auf jugendgefährdende Seiten im Rahmen von Domain-Parking

Ein durchaus interessantes Urteil erging Ende März vom Verwaltungsgericht Düsseldorf. Es behandelte mitunter die spannende Frage, inwiefern ein Domaininhaber und zugleich Anbieter eines Domain-Parkings für Links (sponsored links) auf jugendgefährdende Seiten haftet. Dies, auch wenn er keine konkrete Kenntnis der einzelnen Links hat, da diese in der Regel im Rahmen des Parking-Anbieters automatisch übermittelt werden. Das Verwaltungsgericht bejahte eine Haftung und machte einige interessante Ausführungen, die im nachfolgenden aus dem Urteil (Urteil vom 20.03.2012 – Az.: 27 K 6228/10) herausgehoben sind:

Unerheblich ist es, ob die Auswahl der auf der Parkseite angezeigten Werbelinks ausschließlich auf technischem Weg erfolgte, da der Kläger durch eine Optimierung der Parkseite Einfluss auf die Auswahl der Werbelinks nehmen konnte und er auf Grund des Namens der Domain von der Generierung von Links zu Pornographieinhalten ausgehen musste.

(…)

Die Vorschriften der §§ 7 bis 10 TMG – welche im Rahmen der Aufsicht nach § 20 Abs. 4 JMStV zu beachten sind – enthalten keine Regelung der Haftung desjenigen, der mittels eines Links den Zugang zu rechtswidrigen Inhalten eröffnet. Gleiches gilt in Hinsicht auf die Vorgängerregelungen im Teledienstgesetz (TDG). Die Richtlinie 2000/31/EG, deren Umsetzung die beiden Gesetze dienen, hat die Frage der Haftung der Hyperlinks ausgespart (Art. 21 Abs. 2 der Richtlinie 2000/31/EG). Aus der Gesetzgebungsgeschichte ergibt sich eindeutig, dass die Haftung der Hyperlinks – auch wenn die Richtlinie insoweit keine Sperrwirkung entfaltet – im Teledienstegesetz und damit auch im Telemediengesetz, das die Bestimmungen unverändert übernommen hat, nicht geregelt worden ist. Die Haftung für Hyperlinks richtet sich daher nach den allgemeinen Vorschriften (vgl. BT-Drucks. 14/6098, S. 37. 47).

Danach ist eine differenzierte Beurteilung geboten. Zumindest derjenige, der sich die fremden Informationen, auf die er mit Hilfe des Hyperlinks verweist, zu Eigen macht, haftet dafür wie für eigene Informationen, also wie ein Content-Provider im Sinne des § 7 Abs. 1 TMG. (vgl. BGH, Urteil vom 18. Oktober 2007 – I ZR 102/05 -, Juris (Rdnr. 20), m. w. N.; Bayerischer VGH, Beschluss vom 2. Februar 2009 – 7 CS 08.2310 -, Juris Rdnr. 30; VG Augsburg, Urteil vom 28. August 2009 – Au 7 K 08.658 -, Juris (36); VG Gelsenkirchen, Urteil vom 16. Dezember 2009 – 14 K 4086/07 -, Juris (Rdnr. 56).

Ziel des Domaininhabers, der seine Domain mit der Absicht der Gewinnerzielung auf eine Parkseite weiterleitet, ist es, dass die Besucher seiner Domain die von der Parkseite aus verlinkten Domains aufsuchen. Der Inhaber der Parkseite macht sich so die Inhalte der verlinkten Domains zu Eigen.

(…)

Ob es dem Kläger bewusst war, welche Inhalte von seiner Domain aus im Einzelnen erreichbar waren, ist ohne Relevanz. Zum Störer wird jemand dadurch, dass durch sein eignes bzw. ihm zurechenbares fremdes Verhalten eine Gefahr verursacht wird oder eine solche Gefahr aus dem Zustand einer von ihm rechtlich oder tatsächlich beherrschten Sache entsteht. Unerheblich ist, ob den Ordnungspflichtigen ein Verschulden (Vorsatz oder Fahrlässigkeit) trifft. (vgl. Drews / Wacke / Vogel / Martens, Gefahrenabwehr, 9. Auflage (1986), S. 293)

Ausgehend von den vorstehenden Ausführungen zu den Funktionsweisen des Domainparking hat der Kläger durch die Weiterleitung seiner Domain auf die Parkseite wissentlich die Gefahr gesetzt, dass auf der Parkseite Werbelinks in Bezug auf Pornographieinhalte platziert werden. Soweit sich diese Gefahr realisiert, trifft den Domaininhaber, wenn er nicht sicherstellt, dass die verlinkten Angebote den Anforderungen des Jugendmedienschutzes entsprechen, auch eine Verantwortlichkeit.

Fazit: Wir hatten unlängst schon einmal über die Haftung und damit Problematik des Domaininhabers für sponsored Links in Markenstreitigkeiten berichtet. Zunächst scheinen diese beiden Bereiche nichts miteinander zu tun zu haben. Dennoch ist die Entscheidung des VG Düsseldorf übertragbar, denn nach Ansicht der Düsseldorfer Richter macht sich der Domaininhaber als Content-Provider die Links und Inhalte zu Eigen und haftet daher auch für Verstöße, von denen er möglicherweise nichts weiß. Es gilt also äußerste Vorsicht, wer einfach mal so eine Domain parkt und von Unternehmen wie „Sedo“ oder „name drive“ „passende“ Links einblenden lässt.

OLG Stuttgart: SEDO haftet für Markenverletzung nach den Grundsätzen der Störerhaftung

In einem mit Spannung erwarteten Urteil bestätigte nun das OLG Stuttgart wie angekündigt, dass die Domain Parking- und Domain-Handelfirma SEDO nach den Grundsätzen der Störerhaftung für eine Markenverletzung einer ihrer Kunden einzustehen hat, sofern die Betreiber von SEDO Kenntnis haben von dem Rechtsverstoß. Diese Kenntnis kann sich ergeben, durch eine E-Mail an die im Impressum benannte E-Mail-Adresse „kontakt@sedo.de“. Die Revision wurde nicht zugelassen (OLG Stuttgart, Urteil v. 19.04.2012 – Az. 2 U 91/11).

Intensiv beschäftigen sich die Richter des OLG Stuttgart mit der aktuellen obergerichtlichen Rechtsprechung zur Störerhaftung.

Was war passiert? Eine Markeninhaberin beschwerte sich bei SEDO in Form einer E-Mail über eine Markenrechtsverletzung innerhalb der Domain-Parking-Plattform SEDO. Diese E-Mail schickte die Klägerin an die im Impressum benannte E-Mail-Adresse „kontakt@sedo.de“. SEDO hingegen stellte die Rechtsverletzung nicht ab, sondern verlangte die Vorlage entsprechender Markenurkunden, die man einzig und allein an die dafür vorgesehene E-Mail-Adresse legal@sedo.de senden solle. Die Markeninhaberin kam dem nicht nach und war der Auffassung, bereits alles in der E-Mail gesagt zu haben. Zudem könne SEDO jederzeit selbst in die öffentlichen Markenregister schauen, um zu prüfen, ob tatsächlich Rechte verletzt werden oder nicht.

Die Klägerin hat zu Recht so gehandelt, wie nun die Richter des OLG Stuttgart ausführlich in einem 16-seitigen Urteil bestätigt haben. Sofern SEDO über eine Markenverletzung Bescheid weiß und diese nicht innerhalb einer angemessenen Frist (hier 2 Wochen) abstellt, haften die Betreiber im Sinne der Störerhaftung.

2009 hatte der BGH noch entschieden, dass SEDO nicht für Rechtsverletzungen seiner Kunden haftet (BGH, Urteil v. 18.11.2010, Az. I ZR 155/09). Allerdings betonten die Richter schon damals, dass dies nur dann gilt, sofern die Betreiber keine Kenntnis von der Rechtsverletzung haben. Insofern hat sich die Markeninhaberin richtig verhalten und auch die Richter aus Stuttgart bestätigen mit dem Urteil offensichtlich konsequent, was der Bundesgerichtshof an Marschrichtung vorgegeben hat.

Besonders interessant im vorliegenden Fall: Nach Auffassung der Richter konnte SEDO nicht die Vorlage von entsprechenden Markenurkunden verlangen. Vielmehr hätte SEDO selbst in öffentlichen Datenbanken recherchieren können, ob die Marke tatsächlich verletzt wird oder nicht. Im Übrigen sei dies im vorliegenden Fall offensichtlich gewesen. Hätte SEDO Zweifel an dem Vortrag der Klägerin in der E-Mail gehabt, so hätte SEDO diese Zweifel ausdrücklich vortragen müssen. Das OLG Stuttgart bezieht sich hierbei auf die Stiftparfüm-Entscheidung des BGH (Urteil v. 17.08.2011, I ZR 57/09). Im Übrigen dürfe SEDO auch nicht verlangen, dass Verletzte an einem speziellen hierfür eingerichteten Verfahren teilnehmen. Eine E-Mail an die im Impressum benannte E-Mail-Adresse reiche aus. Zu mehr war die Klägerin nicht gehalten.

Die Revision wurde nicht zugelassen. SEDO bleibt nun nur noch die Möglichkeit, Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundesgerichtshof einzureichen, wovon ausgegangen werden kann, denn das Urteil bringt Konsequenzen mit sich. Betreiber derartiger Plattformen müssen nun jede einzelne E-Mail genau durchsehen, um bewerten zu können, ob darin rechtsverletzende Hinweise zu finden sind. Möglicherweise den Informationen darin auch nachrecherchieren.

Hier gibt es das Urteil im Volltext zum Download:
OLG Stuttgart, Urteil v. 19.04.2012, Az.: 2 U 91/11

OLG Stuttgart: SEDO haftet für Markenverletzung

Vergangenen Juli sorgte ein Urteil des Landgerichts Stuttgart für Aufsehen. Die Richter machten die Betreiber der Plattform Sedo (Domain-Handel und Domain-Parking) erstmals für eine Markenverletzung einer ihrer Kunden – spätestens ab Kenntnis – verantwortlich (wir berichteten). Diese Entscheidung wurde nun offensichtlich vom OLG Stuttgart in einem am vergangenen Donnerstag verkündeten Urteil bestätigt (Urteil d. OLG Stuttgart, Az. 2 U 91/11).

Der Volltext der Entscheidung liegt noch nicht vor, dennoch ist bereits bekannt, dass die obersten Richter aus Stuttgart SEDO offensichtlich für eine Markenverletzung einer ihrer Kunden innerhalb ihrer Domain-Parking-Plattform verantwortlich gemacht haben und die Betreiber zur Zahlung von Schadenersatz in Form von Kosten einer außergerichtlichen Abmahnung verpflichtet haben.

Was war passiert? Eine Markeninhaberin beschwerte sich bei SEDO in Form einer E-Mail über eine Markenrechtsverletzung innerhalb der Domain-Parking-Plattform SEDO. SEDO hingegen stellte die Rechtsverletzung nicht ab, sondern verlangte die Vorlage entsprechender Markenurkunden, die man einzig und allein an die dafür vorgesehene E-Mail-Adresse legal@sedo.de senden solle. Die Markeninhaberin kam dem nicht nach und war der Auffassung, bereits alles in der E-Mail gesagt zu haben. Zudem könne SEDO jederzeit selbst in die öffentlichen Markenregister schauen, um zu prüfen, ob tatsächlich Rechte verletzt werden.

Zu Recht, wie nun die Richter des OLG Stuttgart offensichtlich bestätigt haben. Sofern SEDO über eine Markenverletzung Bescheid weiß und diese nicht innerhalb einer angemessenen Frist abstellt, haften die Betreiber im Sinne der Störerhaftung. Dieses Urteil wird wohl für ähnliches Aufsehen sorgen wie das erstinstanzliche. Für SEDO und weitere Betreiber bedeutet das immerhin, dass sie jede einzelne eingehende E-Mail an die Zentrale zu prüfen haben, ob darin möglicherweise rechteverletzende Hinweise zu finden sind.

2009 hatte der BGH noch entschieden, dass SEDO nicht für Rechtsverletzungen seiner Kunden haftet (BGH, Urteil v. 18.11.2010, Az. I ZR 155/09). Allerdings betonten die Richter schon damals, dass dies nur gilt, sofern die Betreiber keine Kenntnis von der Rechtsverletzung haben. Insofern hat sich die Markeninhaberin richtig verhalten und auch die Richter aus Stuttgart bestätigen mit dem Urteil offensichtlich konsequent, was der Bundesgerichtshof an Marschrichtung vorgegeben hat.

Es ist noch nicht bekannt, ob die Revision zugelassen wurde. Auch darf man auf die Urteilsbegründung gespannt sein. Sobald der Volltext vorliegt, werden wir das Urteil an dieser Stelle ausführlich besprechen.

UPDATE: Mittlerweile liegt der Volltext vor, den wir hier besprochen haben

Haftet der Inhaber eines Internetanschlusses für unerlaubtes Filesharing oder doch nicht?

Die Frage, ob und inwiefern der Inhaber eines Internetanschlusses verpflichtet ist, weitere Nutzer des Anschlusses auf die Rechtswidrigkeit von Filesharing im Internet hinzuweisen und das rechtmäßige Verhalten dieser Nutzer zu überwachen, ist umstritten und wird von den Oberlandesgerichten unterschiedlich beantwortet. Deshalb verletzt es den Beklagten in einem entsprechenden Verfahren in seinem Recht auf den gesetzlichen Richter aus Art. 101 I 2 GG, wenn diese Frage zu seinen Lasten entschieden und die Revision dagegen nicht zugelassen wird.

Zum Sachverhalt

Der Beschwerdeführer – ein auf Onlinerecherche und Internetpiraterie spezialisierter Polizeibeamter – wurde von Unternehmen der Musikindustrie auf Schadensersatz auf Grund von Filesharing über seinen privaten Internetzugang in Anspruch genommen. Nachdem unstreitig geworden war, dass der volljährige Sohn der Lebensgefährtin des Beschwerdeführers über dessen Internetzugang in einer Tauschbörse Musikdateien zum Download angeboten hatte, nahmen die Klägerinnen ihren Schadensersatzanspruch zurück, forderten aber weiterhin Ersatz der durch die Abmahnung entstandenen Rechtsanwaltskosten.

Das LG Köln verurteilte den Beschwerdeführer antragsgemäß. Dieser hafte für die durch das unerlaubte Filesharing begangene Schutzrechtsverletzung, weil er seinen Internetzugang zur Verfügung gestellt und dadurch die Teilnahme an der Musiktauschbörse ermöglicht habe. Vor dem Hintergrund seiner besonderen beruflichen Kenntnisse habe für den Beschwerdeführer jedenfalls eine Prüf- und Handlungspflicht bestanden, um der Möglichkeit einer solchen Rechtsverletzung vorzubeugen. Das OLG Köln wies die dagegen eingelegte Berufung im Wesentlichen zurück und begründete seine Entscheidung unter Verweisung auf die „Sommer unseres Lebens“-Entscheidung BGHZ 185, 330 = NJW 2010, 2061 = GRUR 2010, 633 = MMR 2010, 565 damit, dass der Inhaber eines Internetanschlusses, der diesen einem Dritten zur eigenverantwortlichen Nutzung überlasse, den Dritten darüber aufklären müsse, dass die Teilnahme an Tauschbörsen verboten sei. Die Revision gegen sein Urteil ließ das OLG nicht zu.

Entscheidung des BVerfG

Die 2. Kammer des Ersten Senats des BVerfG hat das Urteil des OLG aufgehoben und die Sache zur erneuten Entscheidung zurückverwiesen. Der Entscheidung liegen im Wesentlichen die folgenden Erwägungen zu Grunde.

Verletzung des Rechts auf gesetzlichen Richter

Das Urteil des Oberlandesgerichts verletzt den Beschwerdeführer in seinem Recht auf den gesetzlichen Richter aus Art. 101 I 2 GG, weil es nicht erkennen lässt, aus welchen Gründen die Revision zum BGH nicht zugelassen wurde, obwohl deren Zulassung im vorliegenden Fall nahe gelegen hätte. Die Revision ist gem. § 543 II 1 ZPO zwingend zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder eine Entscheidung des Revisionsgerichts zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich ist.

Uneinheitliche OLG-Rechtsprechung legte Zulassung der Revision nahe

Die hier entscheidende Rechtsfrage, ob einen Internetanschlussinhaber Prüf- und Instruktionspflichten gegenüber sonstigen Nutzern des Anschlusses treffen, wird von den Oberlandesgerichten nicht einheitlich beantwortet. Während teilweise die Auffassung vertreten wird, dass eine Pflicht, die Benutzung seines Internetanschlusses zu überwachen oder gegebenenfalls zu verhindern, nur besteht, wenn der Anschlussinhaber konkrete Anhaltspunkte für eine missbräuchliche Nutzung seines Anschlusses hat, lässt das mit der Verfassungsbeschwerde angegriffene Urteil für das Entstehen einer Instruktions- und Überwachungspflicht grundsätzlich bereits die Überlassung des Anschlusses an einen Dritten, gleich welchen Alters, genügen. Der BGH hat die Frage, ob und in welchem Umfang Prüfpflichten des Anschlussinhabers bestehen, für die hier relevante Konstellation noch nicht entschieden. Die vom OLG herangezogene „Sommer unseres Lebens“-Entscheidung beantwortet die Frage nicht; sie betraf einen anderen Sachverhalt, nämlich die Frage, inwieweit ein WLAN-Anschluss gegen die Benutzung durch außenstehende Dritte gesichert werden muss.

Obwohl eine Zulassung der Revision nahe lag, hat das OLG keine nachvollziehbaren Gründe dafür angeführt, warum es die Revision nicht zugelassen hat. Sowohl im Hinblick auf die Bedeutung der Rechtssache als auch zur Herbeiführung einer einheitlichen Rechtsprechung erschien aber eine Entscheidung des BGH als Revisionsgericht erforderlich. Die hier klärungsbedürftige Rechtsfrage kann sich in einer unbestimmten Vielzahl weiterer Fälle stellen und berührt deshalb das Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts; überdies weicht das angegriffene Urteil entscheidungserheblich von der Auffassung anderer Oberlandesgerichte ab. (BVerfG, Beschl. v. 21. 3. 2012 – 1 BvR 2365/11)

Fazit: In naher Zukunft dürfte demnach die Frage durch den Bundesgerichtshof geklärt werden, wann und ob ein Anschlussinhaber für Mitbewohner oder Familienangehörige zu haften hat und/oder auch nicht.

Quelle: Eigene mit Pressemitteilung des BVerfG Nr. 22 v. 13. 4. 2012