Veranstaltungen und die Gutscheinlösung – die wichtigsten Fragen und Antworten

Die COVID19-Pandemie hat auch weiterhin großen Einfluss auf die Musik- und Veranstaltungsbranche. Dessen ist sich auch die Bundesregierung bewusst und hat heute einen Gesetzesvorschlag im Bundestag debattiert, der die Folgen der Pandemie für Veranstalter von Musik-, Sport, Kultur- und sonstigen Freizeitveranstaltungen abmildern soll.

Primäres Ziel des Formulierungsvorschlags für die Anpassung des § 240 EGBGB durch einen neuen § 5 ist hierbei, den Liquiditätsabfluss, der durch die die Rückgabe von Tickets bei den Veranstaltern erfolgt, zu verhindern und die Folgen für die Veranstaltungsindustrie abzumildern.

Wir haben uns den Formulierungsvorschlag angesehen und wollen mit einem kleinen „FAQ“ dazu beitragen, dass Veranstalter von Freizeitveranstaltungen eine erste Orientierung im Paragraphendschungel erhalten.

  • Was ist Inhalt der debattierten Gesetzesänderung?

Fällt eine Veranstaltung auf Grund der Pandemie aus, dann ist es aktuell so, dass ein Fall der beiderseitigen Unmöglichkeit vorliegt. Dies hat zur Folge, dass der Veranstalter den Teilnehmern der Veranstaltung den Eintrittspreis, den sie im Regelfall bereits bezahlt haben, zurückerstatten muss.

Hier setzt der Gesetzesvorschlag an und erlaubt es den Veranstaltern nunmehr, anstatt der Erstattung des Eintrittspreises dem Teilnehmer einen Gutschein in Höhe des Eintrittspreises zu übergeben (sog. „Gutscheinlösung“).

Selbiges gilt auch für Betreiber von Freizeiteinrichtungen im Rahmen der bereits verkauften Monats- und Jahreskarten (bspw. Museen, Tierparks, Schwimmbäder, Freizeitparks).

  • Gilt die Gutscheinlösung für alle geschlossenen Verträge?

Nein, hier gibt es eine Einschränkung! Die Gutscheinlösung gilt nur für Verträge, die vor dem 8. März 2020 – also vor dem Bekanntwerden des Ausmaßes der Pandemie – geschlossen wurden.

  • Gibt es Ausnahmen von der Gutscheinlösung oder müssen alle Teilnehmer der Freizeitveranstaltung diesen annehmen?

Grundsätzlich ist es so, dass wenn der Veranstalter sich für die Gutscheinlösung entscheidet, die Teilnehmer keine andere Wahl mehr haben, als diesen zu akzeptieren. Von diesem Grundsatz gibt es jedoch zwei Ausnahmen, damit durch die Lösung keine unbilligen Härten entstehen:

  • Eine Auszahlung hat dann zu erfolgen, wenn der Verweis auf einen Gutschein für den Teilnehmer der Veranstaltung auf Grund seiner persönlichen Lebensumstände unzumutbar ist;
  • Daneben hat eine Auszahlung zu erfolgen, wenn der Gutschein nicht bis zum 31. Dezember 2021 eingelöst wurde.

Der erste Fall ist insbesondere für die Fälle, in denen der Besuch eines Nachholtermins oder einer anderen Veranstaltung für den Teilnehmer mit hohen Extrakosten verbunden wäre (man denkt z.B. an Veranstaltungen im Rahmen einer geplanten Urlaubsreise etc.) oder diese ihre wichtigen Lebenshaltungskosten ohne die Auszahlung nicht bestreiten kann.

  • Wann kann der Teilnehmer sein Geld nach diesen Ausnahmen zurückfordern?

Im Falle der ersten Ausnahme – also der besonderen Umstände – kann der Teilnehmer seine Ansprüche sofort geltend machen, sobald/sofern die Umstände vorliegen.

In letzterem Fall, dass der Gutschein nicht eingelöst wurde, ist dies nach dem 31. Dezember 2020 möglich.

  • Muss ich als Veranstalter den Gutschein von mir aus anbieten?

Nein, verpflichtet sind Sie als Veranstalter nicht, sondern es liegt in Ihrem freien Ermessen. Tun sie es jedoch nicht, dann sind Sie gesetzlich verpflichtet, den Eintrittspreis zurückzuerstatten. In vielen Fällen wird sich also der Gutschein anbieten.

  • Wenn ich mich für den Gutschein entscheide, muss ich ihn dann sofort ausstellen?

Nein, das müssen Sie grundsätzlich nicht. Einen Gutschein müssen Sie nur auf Anforderung des Teilnehmers ausstellen. Oftmals bietet es sich jedoch an, um eine gute Beziehung zum Kunden zu erhalten.

  • Ich habe bereits Erstattungen vorgenommen, würde aber die Ausstellung von Gutscheinen bevorzugen. Geht das noch?

Nein, wenn bereits Geld geflossen ist, dann ist eine Rückforderung durch den Veranstalter nicht mehr möglich. Ob darüber hinaus eine einvernehmliche Lösung mit dem Kunden gefunden werden kann, ist aber nicht ausgeschlossen.

  • Wie bemisst sich die Höhe des auszustellenden Gutscheins? Was muss ich alles erstatten und wer trägt die Kosten für die Übergabe?

Der Wert des Gutscheins muss den gesamten Eintrittspreis oder sonstige Entgelt einschließlich etwaiger Vorverkaufsgebühren umfassen. Für Ausstellung und Übersendung des Gutscheins dürfen keine Kosten in Rechnung gestellt werden.

  • Muss der Gutschein einen gewissen Mindestinhalt haben?

Ja, aus dem Gutschein muss deutlich werden, dass er auf Grund der COVID19-Pandemie erteilt wurde und dass in den Ausnahmefällen, die oben genannt sind, eine Auszahlung des Wertes des Gutscheins verlangt werden kann.

Hierbei ist noch zu beachten, dass sich diese FAQ auf den Formulierungsvorschlag der Bundesregierung stützt. Das Gesetz ist so noch nicht verabschiedet und wird im Rahmen des parlamentarischen Gesetzgebungsverfahrens sicherlich noch Änderungen und Ergänzungen erfahren. 

Nichtsdestotrotz sind die Fragestellungen in diesem Bereich vielfältig und auch viele Probleme vorprogrammiert, die die gesetzliche Regelung so zurzeit noch nicht abdeckt. Um hier möglichst frühzeitig eine rechtlich gesicherte, durchdachte und am Ende vom Kunden akzeptierte Strategie zu entwickeln, empfiehlt es sich frühzeitig rechtlichen Rat zu suchen, und diese Probleme von Anfang an im Blick zu haben und proaktiv anzugehen.

Zeitliche Befristung eines Gutscheins kann erlaubt sein

Das Kammergericht in Berlin hat im Rahmen eines Hinweisbeschlusses festgestellt (Beschluss v. 04.07.2013 – Az.: 23 U 206/11), dass eine zeitliche Befristung von Gutscheinen – hier Groupon-Gutscheine – erlaubt sein kann.

Schon das Landgericht in Berlin hatte geurteilt (Urteil v. 25.10.2011 – Az.: 15 O 663/10), dass eine zeitliche Befristung der Gutscheine von Groupon rechtlich in Ordnung ist. Die höchsten Berliner Richter teilten diese Aufassung nun.

Eine zeitliche Beschränkung eines Gutscheines sei nicht automatisch eine rechtswidrige Handlung bzw. stelle nicht automatisch eine unangemessene Benachteiligung eines Kunden dar, so die Richter. Vielmehr seien solche Begrenzungen üblich und würden die Interessen beider Parteien berücksichtigen.

Obwohl die Auffassung der Berliner Richter nachvollziehbar scheint, wird diese nicht einhellig vertreten. Sowohl das Amtsgericht in Köln (Urteil v. 04.05.2012 – 118 C 48/12) – wir berichteten – wie auch das Landgericht in Braunschweig (Urteil v. 08.11.2012 – Az.: 22 O 211/12) sehen die Sache etwas anders.

Gutschein darf nicht auf ein Jahr befristet werden

Wer einen Gutschein ausstellt, der hat sich grundsätzlich auch an die versprochenen Leistungen darin zu halten auch wenn der Gutscheinempfänger diesen noch nach über einem Jahr einlösen will. Gerne begrenzen Firmen immer wieder ohne sachlichen Grund Gutscheine auf wenige Monate oder 1 bzw. 2 Jahre. Dies ist meistens nicht rechtens, wie nun auch wieder ein Richter des Amtsgerichts Köln in einem aktuellen Urteil festgestellt hat (Urteil vom 04.05.2012, Az. 118 C 48/12).

Mindestens drei Jahre nicht nur ein Jahr soll ein Gutschein einlösbar sein. Steht etwas anderes in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen, so ist das unwirksam. Konkret führt das Amtsgericht Köln in einem aktuellen Urteil aus:

„Die Befristung des Gutscheins auf ein Jahr verstößt gegen den Grundgedanken grundsätzlich dreijähriger Verjährungsfrist und ist als allgemeine Geschäftsbedingung daher unwirksam, § 307 BGB.“

Ein verbraucherfreundliches Urteil. Demnach kann man sich ordentlich Zeit lassen, wenn’s ums Einlösen eines Gutscheins geht.

Achtung: Diese Grundsätze gelten nicht bei allen Gutscheinen. Es kann durchaus Fälle geben, wo eine sachliche Befristung eines Gutscheins absolut in Ordnung ist.