In einem von uns vertretenen Fall hat das OLG Stuttgart (Beschluss vom 17.08.2011 – AZ 4 W 40/11) noch einmal klar gestellt, dass nach einer unberechtigten Abmahnung direkt negative Feststellungsklage erhoben werden kann. Eine Gegenabmahnung sei nicht erforderlich. Dies gelte auch im Urheberrecht. Die Abmahnerin und Beklagte hat demnach die Prozesskosten in voller Höhe zu tragen. Das OLG bestätigte damit die Entscheidung des LG Stuttgart.
Der Fall zeigt sich wie so oft: Unsere Mandantin betreibt eines der größten sozialen Netzwerke in Deutschland. Täglich wird die Seite millionenfach abgerufen und Mitglieder hinterlassen oftmals allein mehr als 100.000 Bilder pro Tag. Eines dieser Bilder hat scheinbar die Urheberrechte einer Fotoagentur verletzt, weshalb diese unsere Mandantin abmahnen ließ. Selbstverständlich haftet jene aber nicht unmittelbar für die Inhalte ihrer Mitglieder (§ 10 TMG). Die Rechtsprechung hierzu ist einhellig.
Die Abmahnerin forderte nicht nur eine entsprechende Unterlassungserklärung, sondern drohte auch mit Strafanzeige. Konkret ließ sie wie folgt ausrichten:
„Ich weise höchst vorsorglich darauf hin, dass die von Ihnen begangenen Urheber- und Nutzungsrechtsverstöße grundsätzlich auch strafbewehrt sind. Meine Mandantin behält sich daher für den Fall, dass Sie die vorgenannten Fristen nicht einhalten sollten, vor, Strafanzeige gegen Sie zu erstatten.“
Unsere Mandantin wollte sich von dem über ihr schwebenden Damoklesschwert und der dadurch herbeigeführten Rechtsunsicherheit befreien, indem sie negative Feststellungsklage erhob. Auf eine Gegenabmahnung wurde verzichtet, da diese grundsätzlich nicht erforderlich und auch nicht erstattungsfähig ist.
Die Beklagte (die abmahnende Partei) erkannte den Anspruch sofort an. Bezüglich der Kostenlast verwies sie auf § 93 ZPO. Sie habe die Prozesskosten deshalb nicht zu tragen, weil sie sofort anerkannt habe. Bereits das Landgericht Stuttgart wollte das nicht gelten lassen und verurteilte die Beklagte, sämtliche Kosten zu übernehmen, da die Beklagte schließlich durch die Abmahnung Anlass gegeben habe, die hiesige Feststellungsklage zu erheben. Hiergegen wandte sich die Beklagte mit der sofortigen Beschwerde an das OLG Stuttgart. Doch auch die höchsten Stuttgarter Richter erteilten der Beklagten nun eine Abfuhr mit klaren Worten:
„Eine ‚Gegenabmahnung‘ ist zur Vermeidung der Kostenfolge des § 93 ZPO grundsätzlich nicht erforderlich, vielmehr kann der Abgemahnte sogleich – wie vorliegend geschehen – negative Feststellungsklage erheben (BGH GRUR 2006, 198 Tz. 11 – Unberechtigte Abmahnung – und GRUR 2004, 790, 793 – Gegenabmahnung; OLG Hamm, Urteil vom 03.12.2009, 4 U 149/09 Rdnr. 10 in Juris; OLG Stuttgart – 2. Zivilsenat -, WRP 1985, 449 und WRP 1988, 766; Köhler/Bornkamm, UWG, 29. Auflage § 4 Rdnr. 10.166 und § 12 Rdnr. 1.74 mit zahlreichen weiteren Nachweisen). Dies gilt nicht nur im Wettbewerbsprozess, sondern jedenfalls im gesamten Bereich des gewerblichen Rechtsschutzes. So betraf die Entscheidung ‚Gegenabmahnung‘ des BGH nicht das UWG, sondern betraf einen Sachverhalt aus dem Kennzeichenrecht (siehe ferner Ingerl/Rohnke, MarkenG, 3. Auflage, vor §§ 14-19d Rdnr. 398). Dieser Grundsatz gilt demgemäß auch im Urheberrecht (Wandtke/Bullinger-Kefferpütz, Urheberrecht, 3. Aufl., vor §§ 97 ff. UrhG Rdnr. 72). Es ist auch nicht ersichtlich, wieso gerade für das Urheberrecht Abweichendes gelten sollte, zumal durch das Gesetz zur Vervesserung der Durchsetzung von Rechten des geistigen Eigentums vom 07.07.2008 (BGBI. I S. 1191) mit § 97a Abs. 1 UrhG eine § 12 Abs. 1 UWG eine entsprechende Regelung in das UrhG eingefügt wurde.“
Die Rechtsbeschwerde wurde nicht zugelassen.
Und wieviel musste die Anwältin nun schlussendlich zahlen?