Tatsachenbehauptung oder Werturteil? Immer wieder müssen Gerichte und Anwälte im Rahmen äußerungsrechtlicher Streitigkeiten unterscheiden, ob eine Meinung oder eine Tatsachenbehauptung vorliegt. Zu den zahlreichen Entscheidungen, die sich mit dieser Abgrenzung befassen kommt nunmehr noch eine Entscheidung des Landgerichts Hamburg hinzu.
In dem vom Landgericht Hamburg zu entscheidenden Fall (Az. 324 O 384/10) gab der Antragsgegner einer Tageszeitung ein Interview, welches sowohl in der Printausgabe als auch im Internetangebot veröffentlicht wurde. In dem Interview setzte sich der Antragsgegner unter anderen mit „Skandalen“ in Wien und in Köln auseinander. Unter anderem äußerte er sich wie folgt:
„Vieles, was da in Köln gelaufen ist, ist gar nicht mehr denkbar. Nehmen Sie den früheren Kölner Oberstadtdirektor R. Der hat einen Vertrag für die langjährige Miete der Köln-Arena bzw. des technischen Rathauses unterschrieben, den Stift zur Seite gelegt und ist am nächsten Tag als Geschäftsführer bei E. eingetreten. Also bei der Holding, die mit ihren Immobilienfonds von dieser üppigen Miete lebt.“
Der Antragsteller mahnte den Antragsgegner ab und verlangte die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungsverpflichtungserklärung. Dieses Begehren wurde vom Antragsgegner abgelehnt. Daraufhin erwirkte der Antragsgegner eine einstweilige Verfügung der Kammer, gegen die sich der Widerspruch des Antragsgegners richtete.
Nach nochmaliger Überprüfung des Begehrens des Antragstellers unter Berücksichtigung des Vorbringens des Antragsgegners kam das Landgericht zu dem Ergebnis, dass der geltend gemachte Unterlassungsanspruch nicht besteht. Maßgeblich ist dabei letztendlich, dass der Antragsteller nicht eine innere Tatsachenbehauptung, sondern eine Bewertung seines Verhaltens angreift, die dem Schutz des Art. 5 Grundgesetz Abs. 1 GG unterfällt.
Nach Auffassung des Landgerichts Hamburg handelt es sich bei der angegriffenen Äußerung im Kontext des Interviews um eine zulässige Meinungsäußerung. Eine Meinungsäußerung liegt vor, wenn eine Äußerung nicht dem Beweis zugänglich ist, sich insbesondere nicht dem Kriterium „wahr oder unwahr“ messen lässt, sondern vom Element der Stellungnahme und des Dafürhaltens gekennzeichnet ist, also ein Vorgang oder Zustand an einem vom Kritiker gewählten Maßstab misst (vergleiche BVerfG, NJW 1983 Seite 1415).
Das Landgericht Hamburg kam mithin zu dem Schluss, dass wenn sich jemand unter dem Aspekt „skandalöser“ Ereignisse mit bestimmten Vorgängen befasst, dass dann der Begriff „skandalös“ bereits darauf hindeutet, dass die Darstellung eine Bewertung der geäußerten Vorgänge darstellt, nicht aber einen Eindruck im Sinne eines tatsächlichen Geschehens ausdrücken will.
Letztendlich wird es bei Abgrenzungsfragen in diesem Bereich immer wieder auf den Einzelfall ankommen.
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