Darf ein Chefarzt wegen einer beleidigenden Email an die Geschäftsführung fristlos gekündigt werden?

Der leitende Chefarzt einer Augenklinik ist von der städtischen Klinikums GmbH wegen einer Email, in der der Chefarzt den Geschäftsführer des Klinikums „untechnisch“ der Lüge und der Korruption bezichtigt, fristlos entlassen worden (Hintergründe zum Verfahren).

 Unser Arbeitsrechtsspezialist Dr. Thomma hat für den Chefarzt Kündigungsschutzklage vor dem Arbeitsgericht Mannheim erhoben und die vorläufige Weiterbeschäftigung bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits beantragt. Dieser Klage ist am vergangenen Donnerstag in erster Instanz vom Arbeitsgericht Mannheim vollumfänglich stattgegeben worden. Die Urteilsgründe liegen zwar noch nicht vor, doch dürfte das Arbeitsgericht Mannheim im Rahmen der gebotenen Abwägung zu dem Schluss gelangt sein, dass bei Betrachtung aller zu berücksichtigenden Umstände die (hohe) Schwelle, bei der ein Arbeitgeber ohne vorherige einschlägige Abmahnung gleich eine außerordentliche, fristlose Kündigung aussprechen darf, nicht überschritten war. Sobald die Urteilsgründe vorliegen, wird dies noch näher verifiziert werden können. Aufgrund des Weiterbeschäftigungsantrags wird es dem Chefarzt jetzt möglich sein, selbst im Falle einer Berufungseinlegung durch das Klinikum, wieder als Leiter der Augenklinik Patienten zu behandeln.

Streitwert bei Online-Veröffentlichungen

Das Kammergericht Berlin musste sich mit der Frage auseinandersetzen, wie der Streitwert bei einer Gegendarstellung im Internet zu bemessen ist.

In seiner Entscheidung (Beschluss vom 08.11.2012 – 10 W 81/12) kam das Kammergericht zu der Überzeugung, dass die geringere Reichweite eines im Internet veröffentlichten Beitrags durch den Umstand kompensiert wird, dass solche Beiträge in Archiven regelmäßig dauerhaft vorgehalten und über Suchmaschinen einfach aufzufinden sind. Eine Streitwertfestlegung, die bei einer Online-Verbreitung im Verhältnis zu einem inhaltsgleichen auch im Print veröffentlichten Beitrages regelmäßig von einer Streitwertreduzierung auf ein 1/3 ausgeht, trägt daher dem geänderten Leseverhalten aufgrund der zunehmenden Bedeutung von Online-Publikationen nicht mehr ausreichend Rechnung. Nach Auffassung des Kammergerichts hat daher das Landgericht den Streitwert zutreffend auf € 15.000,00 festgesetzt (§§ 48 Abs. 2 Satz 1 GKG, 3 ZPO).

Berichterstattung über ein laufendes Strafverfahren

 Der Bundesgerichtshof hat mit Urteil vom 19.03.2013 (Aktenzeichen VI ZR 93/12) über die Zulässigkeit einer Berichterstattung über ein laufendes Verfahren entschieden. Der Kläger war bis zu seiner Verhaftung im März 2010 wegen des Verdachts der Vergewaltigung einer damaligen Freundin als Fernsehmoderator tätig. Mit seiner Unterlassungsklage wollte er eine ihn betreffende Online-Berichterstattung während eines gegen ihn geführten Strafverfahrens verbieten. Während das Landgericht die Beklagte noch antragsgemäß verurteilt hatte, es zu unterlassen, die beanstandeten Äußerungen, aus denen sich Rückschlüsse auf die sexuellen Neigungen des Klägers ergaben, zu veröffentlichen oder sonst zu verbreiten, und das Oberlandesgericht diese Entscheidung bestätigt hatte, kam der Bundesgerichtshof zu der Überzeugung, dass trotz rechtswidriger Berichterstattung ein Unterlassungsanspruch nicht mehr gegeben sei, da die Wiederholungsgefahr entfallen sei. Der Bundesgerichtshof hat daher die Unterlassungsklage abgewiesen. Der Bundesgerichtshof kam dabei zu der Überzeugung, dass wegen der aus dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) folgenden und in Art. 6 Abs. 2 der Europäischen Menschenrechtskonvention anerkannten Unschuldsvermutung und einer möglichen durch die Medienberichterstattung bewirkten Stigmatisierung zwar die Veröffentlichung im Juni 2010 wegen Verletzung des Persönlichkeitsrechts des Klägers rechtswidrig war, ein Unterlassungsanspruch jedoch gleichwohl nicht mehr besteht, da nach der Verlesung des Protokolls über seine haftrichterliche Vernehmung in der öffentlichen Hauptverhandlung eine aktuelle Prozessberichterstattung unter Einbeziehung der beanstandeten Äußerung zulässig war und mithin die für den Unterlassungsanspruch notwendige Wiederholungsgefahr entfallen sei.

Bilder von Arbeitnehmern auf der Homepage des Arbeitgebers

Das Arbeitsgericht Frankfurt (Urteil vom 20.06.2012 – 7 Ca 1649/12 – nicht rechtskräftig) hat entschieden, dass ausgeschiedene Arbeitnehmer einen Anspruch darauf haben, dass sie auf Bilder, die von der Homepage ihres früheren Arbeitgebers abrufbar sind, unkenntlich gemacht werden, wenn sie neben anderen Personen und/oder Gegenständen abgebildet sind und die Einwilligung zur Veröffentlichung widerrufen wurde.

Für den Arbeitgeber empfiehlt sich daher jeweils zu prüfen, ob er tatsächlich eine Einwilligung für die Veröffentlichung der Bilder hat.

 

Coverversion und Bearbeitung

Regelmäßig stellt sich für Musiker die Frage, was bei sogenannten Coverversionen zu berücksichtigen ist und, ob es sich wirklich um eine einfache Coverversion oder um eine Bearbeitung des ursprünglichen Werkes handelt. Sollte eine Bearbeitung gem. § 3 UrhG vorliegen, muss eine Bearbeitungsgenehmigung eingeholt werden. Dies ist dann der Fall, wenn Veränderungen am Originalwerk vorgenommen werden. Keine Änderungen sind lediglich Interpretation, wenn ein Werk also weitgehend unverändert wiedergegeben wird. Dies setzt voraus, dass weder Text noch Melodie abgewandelt werden. Sollte eine Änderung von Melodie und Text vorliegen, ist regelmäßig davon auszugehen, dass eine Bearbeitung vorliegt und mithin eine Genehmigung der Urheber einzuholen ist (vergleiche hierzu auch § 24 Abs. 2 UrhG). Zu berücksichtigen ist auch, dass selbst dann, wenn es sich um eine einfache Coverversion und nicht um eine Bearbeitung handelt, die fremde Komposition und das fremde Werk zwar genutzt werden dürfen, hierfür aber GEMA-Lizenzgebühren zu entrichten sind.

Fotoveröffentlichung der Ehefrau eines Prominenten anlässlich deren Hochzeit

Das Kammergericht Berlin (Urteil vom 20.09.2012 – 10 U 2/12) musste sich mit der Klage der Ehefrau eines Prominenten anlässlich deren Hochzeit befassen. Die Ehefrau des bekannten Fernsehmoderators verlangte als Klägerin von der Beklagten die Unterlassung der erneuten Veröffentlichung eines Fotos, das sie nach ihrer Trauung am 02.07.2011 beim Verlassen der Kirche, abgeschirmt von Personenschützern und verhüllt mit einem schwarzen Tuch, zeigte mit der Bildinnenschrift „Nach Trauung verlässt A.G. abgeschirmt von Bodyguards die Kirche“. Das Landgericht hatte der Klage in vollem Umfang stattgegeben. Das Kammergericht Berlin hat der Berufung stattgegeben und festgestellt, dass der Klägerin ein auf §§ 823 Abs. 1, 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB analog i.V.m. § 22 f. KUG i.V.m. Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG gestützter Anspruch auf Unterlassung der beanstandeten Fotoveröffentlichungen nicht zusteht. Das Kammergericht ging dabei davon aus, dass der Begriff der Zeitgeschichte in § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG zugunsten der Pressefreiheit in einem weiten Sinne zu verstehen ist und nicht nur Vorgänge von historisch-politischer Bedeutung, sondern alle Fragen von allgemeinem gesellschaftlichen Interesse einschließlich unterhaltender Beiträge wie etwa solche über das Privat- und Alltagsleben prominenter Personen umfasst. Auch im Rahmen des sogenannten abgestuften Schutzkonzepts für die Zulässigkeit einer Bildveröffentlichung sind nach Auffassung des Kammergerichts die Persönlichkeitsrechte eines Betroffenen mit denen der Presse abzuwägen, wobei nicht lediglich eine der bloßen Neugier dienende Berichterstattung zugunsten der Presse spricht. Für eine insofern zugunsten der Presse zu fordernde ernsthafte und sachbezogene Erörterung einer Angelegenheit von öffentlichem Interesse reicht nach Auffassung des Kammergerichts bereits die Möglichkeit aus, dass ein Beitrag der Meinungsbildung zu Fragen von allgemeinem Interesse dienen kann. 

Die Entscheidung trägt dazu bei, dass der Presse erleichtert wird, auch über gegebenenfalls private Vorgänge zu berichten, wenn der Beitrag zur Meinungsbildung in der Öffentlichkeit beitragen kann. 

Zur Zulässigkeit einer Berichterstattung über die Privatsphäre

Das Landgericht Köln (Urteil vom 01.06.2012, AZ: 28 O 792/11) musste sich mit der Frage beschäftigen, inwieweit eine Berichterstattung über eine der Privatsphäre zuzuordnende außereheliche Beziehung zulässig ist. Das Gericht kam dabei zu der Überzeugung, dass wenn eine bekannte Persönlichkeit außerhalb ihrer Ehe einen ebenfalls bekannten Künstler in der Öffentlichkeit küsst und streichelt, eine solche Berichterstattung mit Blick darauf zulässig sein kann, dass sich diese Persönlichkeit in der Vergangenheit wiederholt öffentlich auch über an sich der Privat- und Intimsphäre zugehörige Sachverhalte aus ihrer Beziehung zu ihrem Ehemann geäußert hat und die Berichterstattung bis auf den generellen Umstand des Küssens und Streichelns keine tiefergehenden Details aus der Privatsphäre enthält. 

Wieder einmal hat sich gezeigt, dass es aus Sicht der bekannten Persönlichkeit betrachtet, negativ sein kann, wenn man sich „ohne Not“ bereits in der Vergangenheit über ähnliche Sachverhalte aus der Privat- und Intimsphäre selbst freiwillig geäußert hat.

Bildberichterstattung über Prominente im Alltag

Der Bundesgerichtshof hat in seinem Urteil vom 31.05.2012 – I ZR 234/10 – erneut bestätigt, dass zwar auch die reine Wirtschaftswerbung von der Pressefreiheit des Art. 5 Abs. 1 GG gedeckt ist, wenn sie neben dem Werbezweck einen aktuellen Informationsgehalt für die Allgemeinheit enthält, dass aber auch für Prominente gilt, dass sie nicht vorbehaltlos tolerieren müssen, dass ihr Bild zu Werbezwecken verwendet wird, wenn die Werbung keinerlei Nachrichtenwert enthält.

Der Bundesgerichtshof vertrat die Auffassung, dass in der Veröffentlichung eines Fotos im redaktionellen Teil einer Zeitung, das eine sich unbeobachtet wähnende prominente Person beim Lesen einer Ausgabe dieser Zeitung zeigt, ein zur Zahlung eines angemessenen Lizenzbetrages verpflichtender rechtswidriger Eingriff in den vermögensrechtlichen Bestandteil des allgemeinen Persönlichkeitsrechts darstellt, wenn auch die das Foto begleitende Wortberichterstattung ganz überwiegend werblichen Charakter hat und sich die mit der Berichterstattung insgesamt verbundene sachliche Information der Öffentlichkeit darauf beschränkt, dass die abgebildete Person in ihrer Freizeit ein Exemplar dieser Zeitung liest.

Doppelgänger in der Werbung

Regelmäßig kommt es vor, dass Werbetreibende anstatt den bekannten Protagonisten, wie zum Beispiel einen bekannte Profisportler, Schauspieler etc. sogenannte Doubles in der Werbung verwenden. Regelmäßig ist dabei zu prüfen, ob Ansprüche wegen der Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts und/oder des Rechts am eigenen Bild insbesondere gem. § 823 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 1, 2 GG und/oder § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 22 KUG geltend gemacht werden kann. 

Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Verwendung der typischen Kleidung, Haartracht, Sprechweise und charakteristische Aussprache ein Bildnis im Sinne des § 22 KUG darstellen können. Der Begriff des Bildnis umfasst die Darstellung einer menschlichen Person in ihrem realen Leben. Solche Darstellungen sind bestimmt und geeignet, die äußere Erscheinung eines Menschen dem Betrachter bildlich vor Augen zu führen (Hamburger Kommentar, Gesamtes Medienrecht, 2. Aufl., § 22 KUG, Rz. 7). In Betracht kommen alle erdenklichen Arten der Darstellung, also Zeichnungen, Gemälde, Skulpturen, Totenmasken und insbesondere auch Abbildungen durch Foto und Film. Auf die technische Art der Darstellung kommt es nicht an. So wird die Abbildung auf einer Medaille, in Karikaturen und durch Zeichentrickfiguren, sowie als bloße Silhouette vom Bildnisschutz umfasst (Dreier/Schulze, UrhG, 3. Auf., § 22 KUG, Rz. 1 m.w.N.). Ein Bildnis liegt daher insbesondere auch bei der Verwendung von sogenannten Double und die in der Werbung aus Gründen des Imagetransfers zunehmend eingesetzten Look-Alikes vor (Dreier/Schulze, § 22 KUG, Rz. 2 m.w.N.). Entscheidend für das Vorliegen eines Bildnisses ist die Erkennbarkeit des einzelnen Abgebildeten. Erkennbar ist eine Person in der Regel durch ihre Gesichtszüge. Doch auch sonstige Merkmale, die einer Person eigen sind, können zur Erkennbarkeit führen. Es ist einhellige Meinung, dass auch Einzelheiten und Merkmale der äußeren Erscheinung, die für die betreffende Person typisch sind, wie Statur, Haarschnitt, bestimmte Körperhaltung und Posen, besondere Kleidungsstücke, kurz: Ihr ganzer Habitus, eine Person erkennbar machen und mithin für das Vorliegen eines Bildnisses erforderliche Erkennbarkeit einer abgebildeten Person begründen (Schricker/Löwenheim, Urheberrecht, 4. Aufl., § 22 KUG, Rz. 16; Götting/Schertz/Seitz, Handbuch des Persönlichkeitsrechts, § 12, Rz. 7 m.w.N.). 

Unabhängig davon, ob diese Doppelgängerwerbung als solche erkennbar ist, wird durch eine solche auf den vom Betroffenen geschaffenen Ruf- und Werbewert aufgebaut und sich dieser zunutze gemacht (vgl. LG Köln, ZUM 2001, 180, 181). Selbst wenn man davon ausgehen sollte, dass ein Bildnis nicht vorliegt, ist in jedem Fall eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts gegeben (vgl. Hamburger Kommentar, Abschnitt 34, Rz. 12).

Kein höheres Interesse der Kunst

Das Landgericht Düsseldorf hat erneut bestätigt, dass auch Profisportler nicht hinnehmen müssen, dass ihr Bildnis aus rein kommerziellen Interessen verwertet wird (LG Düsseldorf, Urteil vom 28.11.2012 – 12 O 545/11).

Das Landgericht Düsseldorf musste sich dabei mit der Frage auseinandersetzen, ob ein Profi-Golfer es hinnehmen muss, dass sein Bildnis als „Popart“-Gemälde von Dritten über Ebay angeboten wird. Eine ausführliche Besprechung des Urteils findet sich in der GRUR Prax 1/2013, S. 19.