WADA zieht Berufung vor dem CAS wegen Doping-Vorwürfen im mexikanischen Fußball zurück

Während der Vorbereitung auf den Gold Cup im Juni 2011 war es im Trainingslager der Mexikanischen Nationalmannschaft zu einer Dopingprobe gekommen, die bei mehreren Spielern zu positiven Clenbuterol-Befunden führte. Bei fünf Spielern wurden positive A- und B-Proben festgestellt, bei vier weiteren zumindest Spuren von Clenbuterol.

Im Verfahren innerhalb des mexikanischen Fußballverbandes wurden die Spieler dann nach ausführlicher Anhörung von Zeugen und Gutachtern in einer sehr ausführlich und überzeugend begründeten Entscheidung von einem Doping-Vorwurf freigesprochen, da sich aus mehreren Umstände zweifelsfrei ergab, dass die Clenbuterol-Aufnahme unbemerkt durch den Verzehr kontaminierten Fleisches geschehen sein muss. Eine systematische, therapeutische Anwendung konnte aufgrund der Geringfügigkeit der festgestellten Werte und der Unergiebigkeit von H-Proben, die Aufschluss über einen längeren Missbrauch geben, ausgeschlossen werden. Da die betroffenen Spieler aus völlig unterschiedlichen Gegenden, zum Teil Erdteilen, zum Trainingslager reisten, war auch die einzige plausible Möglichkeit, weshalb gleichwohl eine Vielzahl von Spielern betroffen war, die Aufnahme kontaminierter Nahrung beim ersten gemeinsamen Abendessen. Dies wurde noch dadurch erhärtet, dass die wenigen günstig negativ getesteten Spieler an diesem Abend kein Fleisch gegessen haben.

Obwohl diese Entscheidung sehr ausführlich und überzeugend begründet war und sorgfältige, fundierte wissenschaftliche Ermittlungen angestellt wurden, hat die WADA zunächst einmal zur Fristwahrung Berufung zum CAS eingelegt, diese zwischenzeitlich aber wieder zurückgenommen, womit der – in der Sache vollkommen berechtigte – Freispruch für die betroffenen Spieler rechtskräftig ist und diese vom jeglichen Schuldvorwurf befreit sind.

Obwohl es hier wirklich offensichtlich war, dass die Spieler schuldlos und unvermeidbar mit Clenbuterol in Kontakt kamen, ist unter Anlegung der strengen Maßstäbe bei positiven Dopingproben der Freispruch gleichwohl keine Selbstverständlichkeit. Nach dem Prinzip der sog. „strict liability“ muss der Sportler nach positivem Test nachweisen, wie die verbotene Substanz in seinen Körper gelangte und dass ihn hieran kein Verschulden trifft, was in der Praxis nur sehr schwer zu erfüllende Voraussetzungen sind, weshalb die Rechtsprechung des CAS es auch ausreichend lässt, dass der vom Sportler behauptete Hergang überwiegend wahrscheinlich ist. Dies war im vorliegenden Fall zweifelsohne erfüllt.

Dennoch war auch sportpolitisch die Rücknahme der Berufung durch die WADA keine Selbstverständlichkeit, insbesondere mit Blick auf den nach wie vor beim CAS anhängigen Fall Alberto Contador, in dem es um eine ähnliche Problematik geht. Umso begrüßenswerter ist es letztlich, dass die WADA nach entsprechenden Erörterungen mit der FIFA die einzig richtige Konsequenz gezogen hat und die beim CAS bereits eingelegte Berufung wieder zurückgezogen hat. 

Das sich neben Mexico auch verstärkt in China stellende Problem der Clenbuterol-Kontamination von Fleisch ist damit sicherlich nicht abschließend geregelt. Abgesehen davon, dass die Ursächlichkeit an einer Nahrungsmittelkontamination in jedem einzelnen positiven Fall vom Sportler zu beweisen ist, könnte es mit zunehmender Verbreitung derartiger Fälle (der Fall der Fußballnationalspieler ist nicht der erste!) auch sein, dass man allein aus dem somit immer verbreiteteren Bewusstsein um die Problematik einen Fahrlässigkeitsvorwurf allein daran knüpft, in den „Problemländern“ Fleisch konsumiert zu haben. Eine dahingehende Ausweitung der Vorwerfbarkeit würde aber meines Erachtens zu weitreichen und die durch diverse Doping-Regularien wie Meldepflichten „vhereabouts“ ohnehin schon stark reglementierte und beeinträchtigte Lebensführung des Sportlers nicht mehr in sachgerechter Weise weiter einschränken. 

Unter Umständen wird sich das Problem aber auch dadurch lösen, dass im WADA-Code für Clenbuterol bislang nicht existente Grenzwerte eingeführt werden, ab deren Überschreitung erst ein positiver Befund anzunehmen ist und die Grenze dabei so definiert wird, dass Fälle von Nahrungsmittelkontaminationen ihrer üblichen Konzentration nach regelmäßig unter der Schwelle bleiben. Dies wäre sicherlich eine wünschenswerte und sinnvolle Neuregelung.

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Sparkassenverband beansprucht Farbe „Rot“ allein für sich

Banken, die die Farbe „Rot“ verwenden, könnten bald auch schon rot sehen. Bereits im Jahr 2007 hat sich der Deutsche Sparkassen- und Giroverband nämlich jene Farbe im HKS-Ton 13 (rot) sichern lassen. Anderen Banken ist es demnach verboten, im geschäftlichen Verkehr denselben Farbton zu verwenden. Das bekam nun auch die Santanderbank zu spüren. Der Sparkasse ist deren Verwendung von rot nämlich etwas zu rot.

Rot, rot, rot sind alle meine Kleider und solange es nur die sind besteht auch keine Gefahr. Betreibt man allerdings ein Geschäft im Bereich:

Finanzwesen, nämlich Retail – Banking (Bankdienstleistungen für Privatkunden), insbesondere Kontoführung, Durchführung des Zahlungsverkehrs (Girogeschäft), Ausgabe von Debit – und Kreditkarten, Abwicklung von Geldgeschäften mit Debit – und Kreditkarten, Anlage – und Vermögensberatung, Beratung zu und Vermittlung von Geldanlagen, Wertpapiergeschäft, Depotgeschäft, allgemeine Geldberatung, Vermittlung von Versicherungen , Beratung zu und Vermittlung von Bausparverträgen, Kreditberatung, Kreditgeschäft, Kreditvermittlung

könnte einem die Farbe „Rot“ zum Verhängnis werden. Denn für diese genießt der Sparkassen- und Giroverband die absoluten Schutzrechte. Bereits 2007 hat sich jener die Farbe als Marke sichern lassen. Bereits ein Widerspruchsverfahren und drei Löschungsanträge hat die Marke überstanden.

Das Landgericht Hamburg hat demnächst zu entscheiden, ob die Santanderbank es fortan zu unterlassen hat, selbiges rot zu verwenden und anschließend vielleicht rote Zahlen zu schreiben hat.

 

Fiktive Lizenzgebühr für unberechtigte Werbung

Das Landgericht Köln hat in einer Entscheidung vom 10.08.2001, AZ: 28 O 117/11 festgestellt, dass in der Bewerbung und dem Verkauf von nicht lizensierten Kostümen mit dem Bildnis von Pippi Langstrumpf durch einen Discounter eine Urheberrechtsverletzung zu sehen ist.

Das Landgericht verurteilte den Discounter daher zur Zahlung einer fiktiven Lizenzgebühr i.H.v.50.000 Euro.

Der Discounter hat gegen das Urteil Berufung eingelegt. Das Urteil ist mithin noch nicht rechtskräftig.

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Schutzrechte für Musikaufnahmen

Die Geltungsdauer bestimmter Schutzrechte an Tonaufnahmen für Musiker und Musikproduzenten sollen verlängert werden.

Der Rat der Europäischen Union hat in einer Direktive die Geltungsdauer für bestimmte Schutzrechte an Tonaufnahmen von 50 auf 70 Jahre verlängert. Die Mitgliedstaaten der Europäischen Union haben nunmehr zwei Jahre Zeit die Verlängerung der Schutzdauer umzusetzen.

Insbesondere im Hinblick auf die erheblichen Rechtsverletzungen die im Internet begangen werden, erscheint es begrüßenswert die Stellung der Musiker und Musikproduzenten zu stärken.

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Sportrecht in der Praxis

Im September 2011 erscheint im Kohlhammer Verlag das Handbuch „Sportrecht in der Praxis“, herausgegeben von Adolphsen/Nolte/Lehner/Gerlinger, in dem Dr. Joachim Rain, Partner der Kanzlei Grub Frank Bahmann Schickhardt Englert, das Kapitel „Sportlermanagement“ mit kommentiert hat. Das in 1. Auflage neu erschienene Werk befasst sich mit zentralen und praxisrelevanten Themen des Sportrechts wie z.B. Doping, Haftungsrecht, Arbeitsrecht u.v.m. und ist mit zahlreichen Praxistipps und Gestaltungshinweisen versehen. Es bietet daher neben der Darstellung der Rechtslage zu vielen im Sportrecht regelmäßig auftauchenden Fragestellungen auch für den Nichtjuristen Hilfestellungen für die tägliche Praxis.

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OLG Stuttgart: Zur negativen Feststellungsklage und der Kostenfolge bei sofortigem Anerkenntnis

In einem von uns vertretenen Fall hat das OLG Stuttgart (Beschluss vom 17.08.2011 – AZ 4 W 40/11) noch einmal klar gestellt, dass nach einer unberechtigten Abmahnung direkt negative Feststellungsklage erhoben werden kann. Eine Gegenabmahnung sei nicht erforderlich. Dies gelte auch im Urheberrecht. Die Abmahnerin und Beklagte hat demnach die Prozesskosten in voller Höhe zu tragen. Das OLG bestätigte damit die Entscheidung des LG Stuttgart.

Der Fall zeigt sich wie so oft: Unsere Mandantin betreibt eines der größten sozialen Netzwerke in Deutschland. Täglich wird die Seite millionenfach abgerufen und Mitglieder hinterlassen oftmals allein mehr als 100.000 Bilder pro Tag. Eines dieser Bilder hat scheinbar die Urheberrechte einer Fotoagentur verletzt, weshalb diese unsere Mandantin abmahnen ließ. Selbstverständlich haftet jene aber nicht unmittelbar für die Inhalte ihrer Mitglieder (§ 10 TMG). Die Rechtsprechung hierzu ist einhellig.

Die Abmahnerin forderte nicht nur eine entsprechende Unterlassungserklärung, sondern drohte auch mit Strafanzeige. Konkret ließ sie wie folgt ausrichten:

„Ich weise höchst vorsorglich darauf hin, dass die von Ihnen begangenen Urheber- und Nutzungsrechtsverstöße grundsätzlich auch strafbewehrt sind. Meine Mandantin behält sich daher für den Fall, dass Sie die vorgenannten Fristen nicht einhalten sollten, vor, Strafanzeige gegen Sie zu erstatten.“

Unsere Mandantin wollte sich von dem über ihr schwebenden Damoklesschwert und der dadurch herbeigeführten Rechtsunsicherheit befreien, indem sie negative Feststellungsklage erhob. Auf eine Gegenabmahnung wurde verzichtet, da diese grundsätzlich nicht erforderlich und auch nicht erstattungsfähig ist.

Die Beklagte (die abmahnende Partei) erkannte den Anspruch sofort an. Bezüglich der Kostenlast verwies sie auf § 93 ZPO. Sie habe die Prozesskosten deshalb nicht zu tragen, weil sie sofort anerkannt habe. Bereits das Landgericht Stuttgart wollte das nicht gelten lassen und verurteilte die Beklagte, sämtliche Kosten zu übernehmen, da die Beklagte schließlich durch die Abmahnung Anlass gegeben habe, die hiesige Feststellungsklage zu erheben. Hiergegen wandte sich die Beklagte mit der sofortigen Beschwerde an das OLG Stuttgart. Doch auch die höchsten Stuttgarter Richter erteilten der Beklagten nun eine Abfuhr mit klaren Worten:

„Eine ‚Gegenabmahnung‘ ist zur Vermeidung der Kostenfolge des § 93 ZPO grundsätzlich nicht erforderlich, vielmehr kann der Abgemahnte sogleich – wie vorliegend geschehen – negative Feststellungsklage erheben (BGH GRUR 2006, 198 Tz. 11 – Unberechtigte Abmahnung – und GRUR 2004, 790, 793 – Gegenabmahnung; OLG Hamm, Urteil vom 03.12.2009, 4 U 149/09 Rdnr. 10 in Juris; OLG Stuttgart – 2. Zivilsenat -, WRP 1985, 449 und WRP 1988, 766; Köhler/Bornkamm, UWG, 29. Auflage § 4 Rdnr. 10.166 und § 12 Rdnr. 1.74 mit zahlreichen weiteren Nachweisen). Dies gilt nicht nur im Wettbewerbsprozess, sondern jedenfalls im gesamten Bereich des gewerblichen Rechtsschutzes. So betraf die Entscheidung ‚Gegenabmahnung‘ des BGH nicht das UWG, sondern betraf einen Sachverhalt aus dem Kennzeichenrecht (siehe ferner Ingerl/Rohnke, MarkenG, 3. Auflage, vor §§ 14-19d Rdnr. 398). Dieser Grundsatz gilt demgemäß auch im Urheberrecht (Wandtke/Bullinger-Kefferpütz, Urheberrecht, 3. Aufl., vor §§ 97 ff. UrhG Rdnr. 72). Es ist auch nicht ersichtlich, wieso gerade für das Urheberrecht Abweichendes gelten sollte, zumal durch das Gesetz zur Vervesserung der Durchsetzung von Rechten des geistigen Eigentums vom 07.07.2008 (BGBI. I S. 1191) mit § 97a Abs. 1 UrhG eine § 12 Abs. 1 UWG eine entsprechende Regelung in das UrhG eingefügt wurde.“

Die Rechtsbeschwerde wurde nicht zugelassen.

Ständiges Schiedsgericht entscheidet über 50+1-Regelung

Mit großer Spannung erwartet wurde die Entscheidung des Ständigen Schiedsgerichtes für Vereine und Kapitalgesellschaften der Lizenzligen zur sog. „50+1-Regel“, die jetzt am 25.08.2011 erging.

 Die „50+1-Regel“ besagt, dass bei einer Kapitalgesellschaft, die am Spielbetrieb der 1. oder 2. Bundesliga teilnimmt, der „Mutterverein“ mehr als 50% der Stimmanteile halten muss, um somit auch bei Beteiligung externer Gesellschafter, wie z.B. jüngst des Investors bei 1860 München stets die Entscheidungsgewalt zu behalten.

 In anderen großen europäischen Ligen wie England, Spanien und Italien gelten vergleichbare Beschränkungen nicht, weshalb dort die Verbreitung ausländischer Investoren wesentlich höher ist, was nachvollziehbar darauf beruht, dass sie als Gegenleistung für ihr finanzielles Engagement natürlich auch eine Kontroll- und Entscheidungskompetenz besitzen möchten.

 Die von Hannover 96 zum Ständigen Schiedsgericht eingereichte Klage war ursprünglich darauf gerichtet feststellen zu lassen, dass die entsprechenden Regelungen in den Verbandsstatuten insgesamt nichtig seien. Dies wurde insbesondere auf kartellrechtliche sowie europarechtliche Erwägungen gestützt. Der Ligaverband, der die Regelungen als wirksam verteidigte, hielt dem vor allem entgegen, dass er nicht nur im Rahmen seiner Verbandsautonomie ein gewisses Rechtsetzungsermessen habe, sondern die entsprechenden Beschränkungen auch zum Schutze der Stabilität des sportlichen Wettbewerbes erforderlich seien.

 Im Zuge des Verfahrens wurde die Klage dann darauf beschränkt feststellen zu lassen, dass eine bislang in den Statuten vorgesehene Ausnahmemöglichkeit vom Verbot der mehrheitlichen Beteiligung in Fällen, in denen der Investor bereits seit mehr als 20 Jahren vor dem 01.01.1999 ununterbrochen und erheblich den Verein gefördert habe, unwirksam sei. Über diese Ausnahmemöglichkeit haben Bayer Leverkusen und der VfL Wolfsburg, die schon entsprechend langfristig vom Bayerwerk bzw. der Volkswagen AG gefördert worden waren, Ausnahmegenehmigungen erhalten. 

Diesem Klageantrag gab das ständige Schiedsgericht statt, dies im Wesentlichen mit der Begründung, unter Gleichheitsgesichtspunkten sei eine Beschränkung auf den Stichtag 01.01.1999 nicht gerechtfertigt, führt sie doch dazu, dass einem Unternehmen, das zu diesem Stichtag erst 19 Jahre wesentlicher Förderer des Vereins war, eine entsprechende Stellung versagt wird, wofür das Ständige Schiedsgericht keinen sachlichen Grund erkennen konnte. Es wird daher nunmehr Aufgabe des Satzungsgebers (Ligaverband) sein, die Vorgaben des ständigen Schiedsgerichtes in einer entsprechenden Neuregelung der 50+1-Regel umzusetzen. Dies dürfte dann voraussichtlich darauf hinauslaufen, dass unabhängig von einem konkreten Stichtag bei einer gewissen nachhaltigen und dauerhaften Förderung ein Wirtschaftsunternehmen dann Mehrheitsgesellschafter werden kann, wenn ein entsprechender Zeitraum (bisher 20 Jahre) verstrichen ist.

 Diese Nachhaltigkeit des Engagements trägt auch den Bedenken Rechnung, dass „Heuschrecken“ im Fußball ihr Unwesen treiben könnten. 

Auch wenn über den ursprünglichen Antrag, die gesamte 50+1-Regelung für unwirksam zu erklären, aufgrund der späteren Klageänderung nicht mehr entschieden werden musste, hat das Schiedsgericht im Rahmen der Kostenentscheidung – allerdings dort zutreffender Weise nur im Wege der summarischen Prüfung – festgestellt, dass gewichtige Gründe dafür sprechen, dass das 50+1-Modell als solches grundsätzlich zulässig und von der Verbandsautonomie gedeckt sei. 

Man darf gespannt sein, ob diese Entscheidung das bisher eher zurückhaltende Interesse von Investoren im deutschen Profifußball verstärkt, wobei die bislang 20jährige Wartefrist, die das Ständige Schiedsgericht als solche nicht beanstandet hat, sicherlich noch eine hohe Hemmschwelle verglichen mit den wesentlichen großzügigeren rechtlichen Rahmenbedingungen in anderen Ländern darstellt.

Bildnachweis: Thorsten Bogdenand/pixelio.de

 

Verfügungsverbot zur Sicherung eines Löschungsanspruches

Im Rahmen eines von uns für einen Mandanten geführten einstweiligen Verfügungsverfahren hat das Landgericht Stuttgart festgestellt, dass auch Künstlernamen nach § 12 BGB geschützt sind und ein Verfügungsverbot zur Sicherung eines etwaigen Löschungsanspruchs mit nachfolgender Registrierung begründet sein kann. Mit Beschluss vom 26.04.2011 Az. 17 O 230/11 hat das Landgericht Stuttgart ausgeführt, dass nach § 12 S. 1 BGB auch der Künstlername geschützt ist, wenn der Verwender unter diesem Namen im Verkehr bekannt ist (BGH, MMR 2003, 726, 727 – maxem.de). Das Namensrecht steht der Registrierung einer auf den Namen lautenden Domain entgegen, da der Namensträger nicht dulden muss, dass er seinen Namen nicht als Internetadresse nutzen kann, weil ein Nichtberechtigter ihm bei der Registrierung zuvorgekommen ist.

Nach Auffassung des Landgerichts war auch das geltend gemachte Verfügungsverbot zur Sicherung eines etwaigen Löschungsanspruchs mit nachfolgender Registrierung auf den Antragsteller begründet. Eine so genannter Disput-Eintragung zur Sicherung der Priorität ist nur nach den Regeln der DINIC  bei der „.de“ Top-Level-Domain möglich. Bei internationalen Domains findet nach den Regeln der EURid und ICANN ein Schiedsverfahren statt. Zur Sicherung der Domains ist daher nach Auffassung des Landgerichts Stuttgart im Interesse des Antragstellers ein Verfügungsverbot zu verhängen, um ihm zu ermöglichen, im Wege des Schiedsverfahrens die Überleitung der Domains auf sich zu erreichen.

 Bildnachweis: A. Dengs/Pixelio.de

Hotelbewertungen im Internet: Wer stört hier eigentlich?

Ganz aktuell hat das KG Berlin entschieden (Beschluss vom 15. Juli 2011 · 5 U 193/10), dass es eine Hotelbewertungsplattform nicht zu unterlassen hat, bestimmte Äußerungen weiterhin über ihr Portal zu verbreiten. Die Rechtsfragen sind im Gegensatz zu den derzeitigen Medienberichten aber gänzlich andere. Es geht nicht darum, ob die Tatsachen, die verbreitet werden, richtig oder falsch sind und ob das erlaubt ist, sondern es geht um die juristische Beurteilung, ob der Diensteanbieter (hier die Internetseite) für die Äußerungen haftet. Und das tut er nach einhelliger und ständiger Rechtsprechung weder als Täter, Teilnehmer noch als Störer. Deshalb ist es zunächst uninteressant, ob es sich um falsche Tatsachenbehauptungen handelt. Das Kammergericht schloss sich insofern nur der einhelligen und obergerichtlichen Rechtsprechung an. Ein unspektakulärer Beschluss mit viel Medienrummel.

Eigentlich ist der Inhalt des Beschlusses des Kammergerichts (Beschluss vom 15. Juli 2011 · 5 U 193/10) unspektakulär. Denn er bestätigt nur ein weiteres Mal die einhellige Rechtsprechung zur Störerhaftung. Entgegen der aktuellen Mediendiskussionen und Berichterstattungen geht es nämlich nicht darum, ob eine Bewertungsplattform für Hotels oder andere Dienstleistungen falsche Tatsachenbehauptungen verbreiten darf. Denn das darf sicherlich niemand so einfach. Zumindest nicht mutwillig oder wenn er davon Kenntnis hat. Im vorliegenden Fall geht es darum, ob die Plattform für Bewertungen ihrer Kunden haftet und zwar ohne Kenntnis von solchen Einträgen zu haben. Und das tut sie freilich nicht. Das Kammergericht schließt sich insofern nur der einheitlichen Rechtsprechung zur Störerhaftung an (vgl. BGH zuletzt in 1 ZR 304/01, I ZR 35/04, 1 ZR 121/08 oder I ZR 155/09).

Die Betreiber haften nicht als Täter oder Teilnehmer

Die Plattformbetreiber einer derartigen Hotelbewertungsseite haften weder als Täter noch als Teilnehmer, weil sie keine Kenntnis von der Rechtsverletzung hatten. Sie verletzen nicht selbst dadurch, dass sie die Plattform bereitstellen irgendwelche Rechte des klagenden Hotels bzw. deren Betreiber. Denn die Plattform hat die inkriminierenden Äußerungen nicht selbst getätigt und auch nicht aufgestellt.

Zudem haften die Betreiber auch nicht als Gehilfen. Denn das würde bedingten Vorsatz in Bezug auf die Haupttat voraussetzen, der das Bewusstsein der Rechtswidrigkeit einschließen muss (BGH GRUR 2004, 860 – Internet-Versteigerung I, m.w.N.; BGH GRUR 2007, 708 – Internetversteigerung II). Die Einträge in dem hiesigen Verfahren wurden automatisiert verarbeitet. Demnach scheidet eine Haftung als Gehilfe ebenso aus.

Die Betreiber haften auch nicht als Störer, denn sie hatten keine Prüfpflichten verletzt

Der BGH bestätigt laufend die Grundsätze der Störerhaftung (vgl. BGH zuletzt in 1 ZR 304/01, I ZR 35/04, 1 ZR 121/08 oder I ZR 155/09):

„Als Störer haftet grundsätzlich derjenige auf Unterlassung, der – ohne Täter oder Teilnehmer zu sein – in irgendeiner Weise willentlich und adäquat kausal zur Verletzung eines geschützten Gutes beiträgt.“

Selbige Haftung ist im vorliegenden Fall jedoch zu verneinen. Die Störerhaftung darf nicht über Gebühr hinaus auf Dritte erstreckt werden, die nicht selbst die rechtswidrige Beeinträchtigung vorgenommen haben. Deshalb setzt die Störerhaftung voraus, dass Prüfpflichten verletzt wurden. Der Umfang der Prüfpflicht bestimmt sich danach, ob und inwieweit dem als Störer in Anspruch Genommenen nach den Umständen eine Prüfung zuzumuten ist (BGH GRUR 1997, 313; GRUR 1999, 418; BGH GRUR 2001, 1038; BGH GRUR 2004, 860; BGH GRUR 2007,708).

Aufgrund der Vielzahl der Beiträge, die jeden Tag in dem Bewertungsportal auflaufen, war es den Betreibern eben gerade nicht möglich, alle Beiträge vorab zu überprüfen und auch nicht zumutbar, denn das Auferlegen solcher Pflichten würden das unstreitig legale Geschäftsmodell gefährden oder die Tätigkeit unverhältnismäßig erschweren (BGH, Urteil 12.07.2007, I ZR 18/04).

Die Betreiber haben die streitgegenständliche Bewertung nach Kenntnis sofort gesperrt. Insofern sind sie allen Pflichten vollumfänglich nachgekommen. Jegliche Haftung scheidet demnach aus. Weitere Ansprüche gegenüber dem Dienstanbieter gibt es nicht.

Anders hätte der Fall ausgesehen, wenn die Betreiber nach positiver Kenntnis nicht entsprechend reagiert hätten. Dann wäre tatsächlich zu klären gewesen, ob es sich um falsche Tatsachenbehauptungen handelt. Die Plattformbetreiber hätten dann unter Umständen auch gehaftet dafür. Jüngst hatte das LG Stuttgart genau deshalb die Domain-Parking-Plattform SEDO in die Haftung genommen (LG Stuttgart, Urteil v. 28.07.2011, 17 O 73/11).

Bildnachweis: Rainer Sturm  / pixelio.de

LG Stuttgart: Haftet Sedo nach Hinweis-Email?

Jüngst hatte der Bundesgerichtshof geurteilt (BGH, Urteil v. 18.11.2010, Az. I ZR 155/09), dass Sedo nur dann für Markenverletzungen ihrer Kunden im Rahmen ihres Domain-Parking-Programms haftet, solange die Betreiber keine Kenntnis von der Rechtsverletzung haben. Das LG Stuttgart hat dies nun mit einem umgekehrten Urteil bestätigt und Sedo in die Haftung genommen. Denn im vorliegenden Fall schickte der Markeninhaber eine Hinweis-Email an die im Impressum benannte E-Mail-Adresse (LG Stuttgart, Urteil v. 28.07.2011, 17 O 73/11). Nach Ansicht der zuständigen Kammer reiche das aus, um eine Störerhaftung zu bejahen.

Nach Ansicht des Landgerichts Stuttgart verletzt Sedo zumutbare Prüfpflichten, wenn nach Erlangung positiver Kenntnis bei einer Rechtsverletzung nicht binnen zwei Wochen für Abhilfe gesorgt wird und eine Löschung der Domain erfolgt.

Die Klägerin stellte eine sogenannte Tippfehler-Domain auf der Domain-Parking-Plattform Sedo fest. Sie griff allerdings nicht sofort zur Abmahnung, sondern schickte der Beklagten eine E-Mail an die im Impressum benannte E-Mail-Adresse. Hierin machte sie Sedo auf die Markenverletzung aufmerksam.

Sedo seinerseits forderte Nachweise an bezüglich der Markeninhaberschaft und verwies auf die Rechtsabteilung sowie eine gesonderte E-Mail-Adresse. Außerdem biete Sedo ein entsprechendes Rights-Protect-Management an, mit dem solche Verstöße einfach gemeldet werden könnten.

Dieser Ansicht wollte das Landgericht Stuttgart in einem aktuellen Urteil nicht folgen. Weder müsse jemand an einem speziell eingerichteten Verfahren teilnehmen, um einen Verstoß zu melden, noch sei es erforderlich, dass die Klägerin Nachweise über ihre Marke vorlegen muss, da diese kurzweilig im Internet nachzurecherchieren seien. Obendrein reiche es aus, wenn einer Abmahnung eine Hinweis-Email, die den Verstoß konkret bezeichnet, vorausgeht wie im gegebenen Fall.

Das LG Stuttgart führte dabei insbesondere zur Störerhaftung aus:

Wie dargelegt, setzt die Haftung des Störers die Verletzung von Prüfpflichten voraus. Deren Umfang bestimmt sich danach, ob und inwieweit dem als Störer in Anspruch Genommenen nach den Umständen eine Prüfung zuzumuten ist. Da die Beklagte eine allgemeine Prüfpflicht nicht trifft, kommt es darauf an, wann die Beklagte von einer etwaigen Markenverletzung eines ihrer Kunden Kenntnis erlangte, die eine Prüfungs- und ggf. Reaktionspflicht auslöste.

Die insofern erforderliche Kenntnis wurde durch Übersendung der E-Mail vom 12.04.2010 geschaffen. Nach Auffassung der Kammer waren die Empfänger der Mail Angestellte bzw. Beauftragte im Sinne dieser Rechtsprechung (…) Die Beklagte war insofern verpflichtet, ihren Betrieb dergestalt zu strukturieren, dass unter dieser Mail-Adresse eingehende Mails ggf. selbstständig an die Rechtsabteilung weitergeleitet werden.

Die Kammer verpflichtete Sedo für die Abmahnkosten einzustehen.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig und es ist zu erwarten, dass Sedo alle Rechtsmittel ausschöpfen wird. Anderenfalls müsste die Domain-Parking-Plattform künftig sehr genau jede einzelne eingehende E-Mail auf mögliche Kenntniserlangung überprüfen und das extra dafür eingerichtete System wäre hinfällig.

Update: Sedo hat mittlerweile Berufung eingelegt gegen die Entscheidung des LG Stuttgart, weshalb sich nun das OLG Stuttgart der Sache anzunehmen hat. (08.08.2011)

Update 2 (23.04.2012): Mittlerweile hat das OLG Stuttgart entschieden und die Sache im Wesentlichen bestätigt.

Zum Urteil im Volltext…